Innsbruck Informiert

Jg.2010

/ Nr.6

- S.45

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STADTGESCHICHTE
„Der Brenner“ und Ludwig von Ficker - ein doppeltes Jubiläum
100 Jahre „Der Brenner“ (1910-1954), 130. Geburtstag Ludwig von Ficker (1880—1967): Am 1. Juni 1910 erschien die erste Ausgabe der Zeitschrift „Der Brenner“ in Innsbruck.
Die vom Schriftsteller und Verleger Ludwig von Ficker begründete „Zeitschrift für Kunst und Kultur“ gilt als eines der bedeutendsten Dokumente österreichischer Kulturgeschichte. Der Titel bezieht sich zum einen auf
Aus dem StodtarchivStadtmuseum von Mag.o Dagmar Kreidl
den Grenzübergang Brennerpass, zum anderen auf die von Karl Kraus herausgegebene satirische Zeitschrift „Die Fackel“ (1899-1936).
Der in München geborene Ludwig von Ficker veröffentlichte bereits früh erliche Prosastücke und Gedichte. Einige seiner Stücke, beispielsweise das Drama „Sündenkinder“, kam 900 am Innsbrucker Stadttheater zur Uraufführung. Zu seinem bedeutsamsten
Werk zählen seine Briefe, die er über jahrzehnte mit zahlreichen einflussreichen Persönlichkeiten wechselte. Außerdem war er 1909 an der Gründung der Tiroler Kulturzeitschrift „Der Föhn“ beteiligt. Nach einem Zerwürfnis mit der Redaktion entschloss sich
Ficker zur Herausgabe der Zeitschrift „Der Brenner“. Sein Anliegen war es, Künstler zu fördern und zu unterstützen sowie festgefahrene Strukturen in der Tiroler Kulturlandschaft aufzubrechen. Demzufolge publizierten anfänglich in erster Linie Tiroler Autoren,
u. a. Carl Dallago, Max von Esterle. Hugo Neugebauer, Karl Röck, Ludwig Seifert und Arthur von Wallpach. In weiterer Folge erschien ein breites Spektrum an Beiträgen von Autorinnen und Autoren aus dem gesamten deutschsprachigen Raum.
Ficker förderte und publizierte besonders das Werk seines Freundes Georg Trakl, der von 1912 bis 1914 besondere „Brenner-Akzente“ setz
te. Von 1910 bis 1914 erschien „Der Brenner“ als Halbmonatszeitschrift, ab 1919 zu zehn Heften jährlich, später als jahrbuch in unregelmäßigen Abständen. Dabei änderte sich auch inhaltlich das Profil der Zeitschrift.
Die anfänglich expressionistisch orientierte Kulturzeitschrift erlebte ab 1926 unter Einfluss von Ferdinand Ebner (1882-1931) und Theodor Haecker (1879-1945) eine Umorientierung zugunsten von sprachphilosophischen und theologischen Essays und
Lyrik. Der „Brenner-Kreis“ um Ficker stellte das Christentum in das Zentrum seiner Betrachtungen mit der Prämisse, die Existenzfragen des Menschen neu zu formulieren.
Nach dem Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg verlor der Herausgeber Ludwig von Ficker die materielle Existenzgrundlage und gliederte den „Brenner“, dem Universitätsverlag Wagner an.
Mit der Eingliederung Osterreichs in das Dritte Reich zählte „Der Brenner“ zu den „schädlichen und unerwünschten“. Schriften und das Erscheinen wurde von der Reichsschrift
tumskammer untersagt. Nach zwölfjähriger Pause ging 1946 die 16. Folge mit Gedichten von Georg Trald, Karl Kraus, Gertrud von Le Fort und Paula Schlier in Druck.
1954 erschien die 18. und letzte Folge des „Brenner“: Ficker widmet sich den Erinnerungen an die Autoren und zieht eine kritische Bilanz über sein Schaffen als Herausgeber. Erst danach wurde Ficker für sein Lebenswerk auch von öffentlicher Seite mit
hohen Auszeichnungen gewürdigt. Er erhielt den Ehrenring der Stadt Innsbruck (1955), das Ehrenzeichen des Landes Tirol (1958), den Osterreichischen Staatspreis (1959) und das Osterreichische Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst (1966).
Ludwig von Ficker starb 1967 in Innsbruck und liegt am Friedhof Mühlau neben seinem Freund Georg Trakl begraben.
Für Interessierte liefert das „Forschungsinstitut Brenner-Archiv“ den gesamten Text der 104 BrennerAusgaben.
www.uibk. ac. atlbrenner-archiv
Erstausgabe „Der Brenner“. Umschlagszeichnung: Mox von Esterle.
INNSBRUCK INFORMIERT - JUN! 2010
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