Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1954

/ Nr.9

- S.2

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Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck

Nummer 9

Der Internationale Campingkongreß 1954
Von Obermagistratsrat Dr. Hermann Nettmeyer
Wer Anfang August d. I . Gelegenheit hatte, von
der Nordkette in das Inntal hinunterzublicken, konnte
wahrnehmen, daß im Gelände des ehemaligen Flughafens Neichenau eine große Zeltstadt buchstäblich
über Nacht entstanden war, die vielen Gästen aus
Europa und Übersee Unterkunft bot. Es waren dies
die Teilnehmer am XV. Internationalen (^mpin^l?2ll^ und -Kongreß, der bisher größten internationalen Veranstaltung, welche Innsbruck seit 1945 gesehen hat. Das ursprünglich wegen seiner besonderen
landschaftlichen Schönheit ausgewählte Kongreßgelände bei der Völser Innbrücke konnte (heute kann
man bereits sagen, glücklicherweise) aus verschiedenen
Gründen nicht herangezogen werden, und so gab die
Stadtgemeinde die Zustimmung, daß das ehemalige
Flugplatzgelände in der Reichenau für den Aufbau
der Zeltstadt verwendet wurde. Es stellte sich gleich
zu Beginn des Kongresses heraus, daß die Wahl dieses
Platzes außerordentlich zweckmäßig war! Die landschaftliche Schönheit Innsbrucks und seiner Umgebung
konnte von der Mitte des Platzes aus, der mit einem
mächtigen Fahnenwald aller teilnehmenden Nationen
geschmückt war, sehr eindrucksvoll den Gästen aufgezeigt werden. Da die I^I(^ (Internationaler Eampingoerband) während des Zeltlertreffens gleichzeitig
ihren alljährlichen Kongreß abhielt, kam es den Veranstaltern sehr gelegen, daß die Landesfeuerwehrschule
in dankenswerter Weise kostenlos zur Abhaltung des
Kongresses zur Verfügung gestellt werden konnte.
Auch die Flughalle aus der Kriegszeit, welche von der
Firma Linser dz. zur Einstellung von Kraftfahrzeugen
verwendet wird, wurde entgegenkommenderweise für
die musikalischen Vorführungen unentgeltlich bereitgestellt, so daß das gesamte Kongreßgelände ein organisatorisches Ganzes bilden konnte.
So kamen nun, obwohl die offizielle Eröffnung der
Zeltstadt erst am 30. Juli vorgesehen war, schon zwei
Tage früher die Teilnehmer in solchen Mengen in
Innsbruck an, daß die Organisatoren anfangs von
dem gewaltigen Ansturm fast überrumpelt wurden.
Autos und Wohnwagen rollten in bunter Menge fast
ununterbrochen ein und wurden von der umsichtigen
Polizei rasch an ihre Lagerplätze geleitet. Insgesamt
21 Nationen gaben sich in Innsbruck ein Stelldichein,
und zwar mit folgenden Teilnehmerzahlen:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.

Frankreich
Deutschland
Großbritannien
Niederlande
Schweiz
Spanien
Österreich
Dänemark
Belgien
Italien
Algerien
Schweden
Finnland
Portugal

1681
1506
102?
352
314
291
282
235
216
198
65
41
35
26

15.
16.
17.
18.
19.
20.
21.

Saarland
Norwegen
Luxemburg
Indien
Australien
U3/V
Indonesien

21
15
10
5
4
3
2

Insgesamt waren daher im Lager 7.179 Camper
(6.329 Erwachsene und 850 Kinder unter 10 Jahren).
Weiters wurden gezählt!
Kraftwagen (bis 7 Platze)
Motorräder und Roller
Omnibusse
Wohnwagen

1265
526
23
432

Es war eigentlich die Absicht der Veranstalter, der
Innsbrucker Bevölkerung allgemein die Besichtigung
der Kongreßstadt zugänglich zu machen, da jede Nation wetteiferte, ihre besonderen Zeltlererrungenschaften vorzuführen. Dieser Versuch mußte aber nach
einstündiaer Dauer sofort aufgegeben werden, da sich
solche Scharen von Besuchern am Sonntagnachmittag
des 1. August einstellten, daß das Eigentum und die
Sicherheit der Zeltlergäste gefährdet gewesen wären.
Welcher Geist in diesem „freiwilligen Massenlager"
herrschte, sollen einige kleine Episoden aus dem Lagerleben schildern: Unter den über tausend englischen
Besuchern befand sich auch ein hochbetagtes Ehepaar
mit über 70 Jahren aus London, allen internationalen Zeltlern als uncle cmä aunt PIuiu (Onkel und
Tante Plum) bekannt, welches bei 14 von insgesamt
15 ^I!>5 dabei war und stolz allen Besuchern die
Rallywimpel zeigte. Diesem Zeltler-Iubiläumspaar
wurde unter großem Beifall aller Anwesenden von
einer Tiroler Trachtenkapelle vor dem Zelt ein kleines
Ständchen gebracht und im Namen der Veranstalter
ein Alpenrosenstrauß überreicht. — I n der Nähe des
mit etlichen Dutzend Wohnwagen aller Größen vertretenen „car2V2n cwd of Oreat Lriwm" waren
einige junge Zeltler aus Marburg a. d. Lahn. Durch
eine Unvorsichtigkeit explodierte der Venzinkocher und
verbrannte das Zelt eines jungen Deutschen. Sofort
sammelten alle Zeltlernachbarn, und der Sekretär des
Britischen Wohnwagenklubs kaufte höchst persönlich
mit dem Verlustträger zusammen zn dessen großer
Freude um den Betrag von I)N 250.— ein neues
Zelt. — Am Abend ging es im großen Gastwirtschaftszelt immer hoch her. Da trafen sich die Nationen fröhlich und unbeschwert und sangen ihre Lieder. Da
tanzten zum Klappern der Kastagnetten junge Spanierinnen ihre schönen heimatlichen Tänze auf zusammengeschobenen Tischen, und in der Ecke schunkelten die Deutschen „Einmal am Rhein". Am anderen
Ende sangen die Franzosen, alle einheitlich neu ausgestattet mit schmucken Tirolerhüten und Lederhosen.
fröhliche Lieder ans ihrer Heimat. Dann tauchten
wieder plötzlich Männer in weißen Mänteln mit
großen Hornbrillen und langen schwarzen Barten auf