Innsbruck Informiert
Jg.2010
/ Nr.2
- S.45
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STADTGESCHICHTE
Weiler-Fresken in der Theresienkirche auf der Hungerburg
Die Theresienkirche auf der Hungerburg in Innsbruck birgt neben der Baugeschichte noch weitere interessante Begebenheiten. (Zur Baugeschichte vgl. Herbert Woditschka, in: Die Landeshauptstadt Innsbruck informiert, Nr. 11, 1998, S. 22)
Für die erste künstlerische Ausgestaltung der Kirche zeichnete Ernst Nepo (1885—1971) verantwortlich.
Aus dem StadtarchivStadtmuseum Innsbruck von Daniela jänsch
Durch seine Funktion als „Landesleiter der Reichskammer der bildenden Künste in Tirol“ während des Nationalsozialismus war es notwendig, nach dem Zweiten Weltkrieg einen anderen Maler mit der Innengestaltung der Kirche zu beauftragen. Anlässlich der 150-Jahr-Feier zum Gedenken an den Tiroler Herz-Jesu-Bund (1946) sollten sich die Fresken inhaltlich mit diesem Thema
auseinandersetzen. Den Zuschlag erhielt der erst 36-jährige Maler Max Weiler (1910-200]). der aus Absam stammte und an der Akademie der bildenden Künste in Wien studiert hatte.
Sein erstes Fresko an der Westwand der Theresienkirche „Verehrung des Herzens jesu“ wurde am 7. Juli 1946 enchüllt.
Direkt danach hagelte es heftige Proteste, heute bekannt als erster großer Kunstskandal der Nachkriegszeit in Osterreich: Das Bild sei skizzenhaft, ein blaues Pferd naturfremd und die Abbildung von antiken Göttern in einer christlichen Bild untragbar. Letzteres bezog sich auf Mars, Venus und Neptun, die nicht wie „üblich“ als kugelförmige Planeten dargestellt waren, sondern als Figuren
mit ihren mychischen Attributen, die im Fresko das jesus-Kreuz umkreisten. Als Folge der öffentlichen Reaktion musste Weiler seine Arbeit an den Fresken unterbrechen. Bevor er weitermachen durfte, holte der Kirchenbauverein die Meinung prominenter Tiroler Künstler und Per
sönlichkeiten (u. a. Hilde Nöbl, Paul Flora und Walter Honeder) über den ästhetischen Wert von Weilers Fresken ein. Ihrer Einschätzung nach waren die Fresken wertvoll und einer Vollendung sollte nichts im Wege stehen.
1947 wurden die Fresken Johannesminne, Lanzenstich und Herz-jesu-Sonne auf der Ostseite der Theresienkirche der Offentlichkeit präsentiert.
Die negative Reaktion war noch größer als beim ersten Fresko.
Den hergestellten Gegenwartsbezug empfanden die Kritiker besonders herabwürdigend.
Weiler hatte schon in Verehrung des Herzens jesu zeitgenössische Elemente eingefügt, wie den Innsbrucker Dom oder die Kleidung eines Tiroler Paares. Auch beim Lanzenstich übertrug Weiler die biblische Kreuzigungsszene in die Gegenwart: Ein junger Bauer führt den Lanzenstich aus, ein berittener Schützenhauptmann beobachtet die Szene und eine Gruppe Tiroler Bürger
unterhält sich desinteressiert. Geistliche, Bauern und Schürzen fühlten sich zum Teil von Weiler als Christusmörder diffamiert.
In zahlreichen Tiroler Medien wurden Stellungnahmen zu den Fresken in der Theresienkirche abgegeben. im Jänner 1948 fand ein Informationsund Diskussionsabend statt. Im Mai
desselben jahres wurde Weiler auf Grund der Fresken unter anderem wegen „Herabwürdigung des Bauernstandes“ angeklagt. Er wurde freigesprochen. Dennoch musste Weiler die Arbeit durch eine bischöfliche Weisung vorläufig niederlegen.
Der Vatikan bat Bischof Rusch im Frühjahr 1949 um eine Stellungnahme zu den Fresken in der Theresienkirche. Im April 1950 wurde Rusch aus Rom mitgeteilt, dass von kirchlicher Seite eine Vollendung der Fresken unerwünscht sei und, falls das Kunstwerk in der bisherigen Form bestehen bliebe, ein Interdikt drohe.
Rusch und Weiler einigten sich auf den Kompromiss, die Fresken abzudecken. Am 14. Juni 1950 verhängte Weiler gemeinsam mit seinem Freund Paul Flora die Fresken in der Theresienkirche. Acht jahre später enthüllte die Kirchengemeinde die Fresken wieder, da die Verschmutzung der Stoffbahnen unansehnlich geworden war. Dies geschah mit Einwilligung der Innsbrucker
Kirchenbehörde, allerdings ohne Außerung des Vatikans und fast unbemerkt von der Offentlichkeit.
Die Fresken in der Theresienkirche machten Weiler international bekannt und boten ihm die Möglichkeit, sich als Künstler im öffentlichen Raum zu positionieren.
Bildausschnitt Max Weiler „Lonzenstich“ aus der Einladungskarte zur Ausstellung in der Galene im Taxispalois 2001 (Stadtarchiv Innsbruck, Div-1338)
INNSBRUCK INFORMIERT- FEBRUAR 20|0
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