Innsbruck Informiert

Jg.2009

/ Nr.4

- S.45

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STADTGESCHICHTE

Götterversammlung im Palais
Tannenberg-Enzenberg
D a s w u c h t i g e P o r t a l des Palais T a n n e n b e r g - E n z e n b e r g in d e r
I n n s b r u c k e r U n i v e r s i t ä t s s t r a ß e lässt s c h w e r v e r m u t e n , dass sich
hinter i h m bedeutende hochbarocke Skulpturen befinden.
Sie w u r d e n i m A u f t r a g v o n Josef F r e i h e r r v o n T a n n e n b e r g
(1669-1721) v o m Innsbrucker Hofbildhauer Ingenuin Lechleitner
( 1 6 7 6 - 1 7 3 1 ) z w i s c h e n d e n J a h r e n 1719 u n d 1723/25 g e s c h a f f e n .
Vielleicht werden Sie schon öfters
am Portal des Palais Tannenberg-Enzenberg vorbei spaziert sein, ohne zu
ahnen, dass sich dahinter antik-mythologische Götterfiguren verbergen. Das
Portal lässt eher an eine Festung als
Für das Stadtarchiv/Stadtmuseum
von Dr. Helmuth Öhler
an einen Versammlungsort antiker
Götter denken. Türklopfer in Form
von Löwenköpfen laden jedoch ein,
um Einlass zu bitten. W i r d das T o r
geöffnet, steht der Besucher bereits
vor den ersten zwei Skulpturen. Insgesamt schmücken sieben aus Holz gearbeitete, weiß gefasste Götterfiguren
das Treppenhaus.
Josef Freiherr von Tannenberg erwarb in den Jahren 1714 und 1719
zwei Häuser in der Universitätsstraße
und ließ sie zu einem Palais umbauen.
Spätestens 1723 war die Umgestaltung
vollendet. Tannenberg, durch sein Philosophiestudium humanistisch gebildet,
war in der antiken Mythologie bewandert und aktuellen Kunstströmungen
gegenüber aufgeschlossen. So beauftragte er um 1719 auch jenen Innsbrucker Bildhauer, der in dieser Zeit
am fortschrittlichsten arbeitete: Ingenuin Lechleitner. Dieser, geboren 1676
in Grins bei Landeck, geschult im Umkreis des Wiener Hofes, arbeitete seit
1707 als Hofbildhauer des kaiserlichen
Statthalters Karl Philipp von der PfalzNeuburg in Innsbruck.
Für das Erdgeschoß im Palais Tannenberg-Enzenberg schuf Lechleitner
zwei monumentale Gestalten, die das
Gewölbe des Treppenhauses zu stützen scheinen: links Herkules, rechts

Atlas. Rücken und Kopf von Herkules
sind mit dem Fell des Nemeischen
Löwen bedeckt. Da Herkules nach antiker Mythologie über außergewöhnliche Kräfte verfügte, stützt er das Gewölbe mit nur einer Hand. Gegenüber
steht der Titane Atlas, die Himmelskugel auf dem Kopf balancierend. Atlas beteiligte sich an einer
missglückten Revolte gegen die
Götter und wurde deshalb dazu
verurteilt, das Himmelsgewölbe zu
tragen.

lanten in Wien gesehen haben und von
ihnen beeindruckt gewesen sein. Körperhaltung, weiche Modellierung der
massigen Muskulatur und malerische
Oberflächenbehandlung der Tannenberg"schen Figuren zeigen deutlich die
Auseinandersetzung Lechleitners mit
den Werken Giulianis.
Weitere vier Götterfiguren sind im
Treppenhaus des Palais TannenbergEnzenberg in Wandnischen aufgestellt.
Diese bereits 1706/10 von Lechleitner
für das Palais der Familie Tannenberg

Im ersten Stock trifft man auf
eine Skulptur, die wiederum Herkules darstellt- diesmal allerdings
als jugendlicher Held. Der antike
Held Herkules war im 17. und 18.
Jahrhundert die Identifikationsfigur
für Herrscher und Adel. Seine
berühmten Zwölf Taten wurden
als Beispiele tugendhaften Verhaltens interpretiert. So wollte wohl
Innsbruck, Universitätsstraße 22/24, Palais Tanauch die Familie Tannenberg mit
nenberg-Enzenberg, Treppenhaus, Treppenaufgang
beiden Herkulesstatuen dokumen- Herkules und Titan Atlas, von Ingenuin Lechleitner,
tieren, dass sie für sich die dem 1719-1 723/25.
(Foto: Dr. Helmuth Öhler)
Helden zugeschriebenen Kräfte
und Tugenden in Anspruch nahm.
in Schwaz geschaffenen Bildwerke personifizieren die vier Elemente: Juno die
D e r Tiroler Historiograph Anton
Luft, Flora die Erde, Neptun das WasRoschmann ( 1694-1760) erwähnte bereits 1742 die überlebensgroßen Statuen ser und Jupiter das Feuer. Durch die
Einbeziehung der vier Elemente sollten
von Holz" am Teppenaufgang und hob
wiederum die mächtigen Kräfte der
ihre „herrliche grandiose Anatomi und
Götter, welche die Familie des AufMusculatur" hervor, die „ohnmöglich
hätte besser gerathen khönnen". Die Fi- traggebers für sich beanspruchte, dem
zeitgenössischen Betrachter vor Augen
guren zeigen formale Parallelen zu den
geführt werden.
von Giovanni Giuliani (1664—1744) um
1697 für das Wiener Stadtpalais des
Ein Gang durch das mit barocken
Prinzen Eugen geschaffenen Atlanten.
Skulpturen geschmückte Treppenhaus
Da Lechleitner für dasselbe Palais zeitdes Palais Tannenberg-Enzenberg ist
gleich eine Herkulesstatue lieferte, wajedoch auch heute noch ein äußerst
ren ihm die Arbeiten Giulianis bekannt.
lohnendes Erlebnis - nicht nur für LiebAuch Josef Tannenberg dürfte die Athaber des Barock.

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