Innsbruck Informiert

Jg.2007

/ Nr.9

- S.44

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AKTUELL

Die Landes-Gebäranstalt
in I n n s b r u c k (1870-1924)
M i t d e r W i e d e r e i n r i c h t u n g des M e d i z i n s t u d i u m s an d e r U n i v e r s i t ä t I n n s b r u c k w u r d e i m J a h r e I 869 n i c h t n u r das w i s s e n s c h a f t l i c h e F ä c h e r a n g e b o t an d e r H o c h s c h u l e v e r v o l l s t ä n d i g t , s o n d e r n
a u c h d i e Ü b e r s i e d l u n g d e r s e i t I 833 i n A l l e L a s t e bei T r i e n t b e s t e h e n d e n G e b ä r a n s t a l t beschlossen.
Nachdem beinahe das gesamte Mobiliar und auch einige Mitglieder des
Anstaltspersonals aus dem Trentino
nach Innsbruck transferiert worden
waren, konnte die Landes-GebäranFür das Stadtarchiv/Stadtmuseum
von Mag.a Marina Hilber

Frau ihr uneheliches Kind im Findelhaus abgeben, musste sie sich entweder zur Zahlung einer einmaligen
Aufnahmegebühr oder zum mehrwöchigen Ammendienst in der Anstalt
verpflichten. Die Findelkinder wurden
schon nach wenigen Wochen in die
Außenpflege, meist zu Pflegefamilien
auf dem Land, gegeben.

stak schließlich am I. November
1870 ihren Betrieb aufnehmen. Die
„Sicherstellung eines hinlänglichen
geburtshilflichen und gynäkologischen
Lehrmaterials für ... die medicinische

Die Landes-Gebär- und Findelanstalt
wurde zunächst provisorisch im 3.
Stock des Innsbrucker Stadtspitals untergebracht. D o r t fand man allerdings
nicht die besten Voraussetzungen
vor, denn die baufälligen Räumlichkeiten
waren beengt und
die hygienischen Z u stände teilweise verheerend. So mussten
sich die Schwangeren
u. a. die wenigen Badewannen mit den
Kranken des Spitals,
die häufig an Syphilis
litten, von der Krätze befallen oder mit
W u n d b r a n d behafDie Landes-Gebäranstalt in der Michael-Gaismair-Straße im Jahr
tet waren, teilen. InI 909.
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Sign. Ph-7064)
fektiöse Krankheiten
fanden bei solch drastischen sanitären
Fakultät" wurde von so manchem
Missständen einen geeigneten NährZeitgenossen, so auch dem Landesboden,
und es kam immer wieder zu
rechnungs-Rat Dr. Franz von Z i m Ausbrüchen
des gefürchteten Kindmeter-Treuherz, als Hauptzweck der
bettfiebers.
Anstalt gesehen. Doch auch die soziale
Bedeutung des Hauses, das armen ledigen Schwangeren für die Zeit der
Niederkunft und des Wochenbettes
„ U n t e r s c h l u p f bot, darf nicht unterschätzt werden. Die Tatsache, dass die
Anstalt bis zum Jahre 1881 über ein
Findelhaus verfügte, dürfte etlichen ledigen Müttern aus ihrer verzweifelten
Lage geholfen haben. W o l l t e eine

20

Die Anstalt war in eine Gratis- und
eine Zahlabteilung unterteilt. Die
Aufnahme in die Gratisabteilung war
an einen Nachweis der Armut und der
Herkunft aus Tirol gebunden. In die
Zahlabteilung hingegen wurde jede
Schwangere aufgenommen, die für
ihren Aufenthalt eine bestimmte Verpflegstaxe bezahlte. Die drei Klassen

der Zahlabteilung boten den Frauen
Annehmlichkeiten wie bessere Kost
und Logis. Die Nachfrage nach Klassezimmern war in Innsbruck aber derart gering, dass man die Abteilung bereits 1878 wieder schloss und die freien Zimmer mit Schwangeren aus
der chronisch überfüllten Gratisabteilung belegte.
Der dringend notwendige Bau eines
eigenen Gebäudes für die Landes-Gebärklinik wurde erst 1887 in Angriff
genommen. Nachdem man die N o r z"schen Gründe in Wilten erworben
hatte, konnte der Bau unter der Leitung des Architekten von Stadi beginnen. In nur dreijähriger Bauzeit errichtete die Firma Johann Huter und
Söhne den imposanten Neubau, der
am I. Mai 1890 feierlich eröffnet
wurde. Die Attraktivität der Anstalt
war mit der Übersiedelung in den
großzügigen Neubau in der Wiltener
Schulgasse, der heutigen MichaelGaismair-Straße, sichtlich gestiegen,
denn immer mehr Frauen suchten um
Aufnahme an. 1894 fanden 636 Entbindungen in der Landes-Gebäranstalt
statt, 1913 erreichten die Zahlen mit
1700 Entbindungen ihren Höchststand. Dieser Anstieg ist in erster Linie auf eine Lockerung der Statuten
zurückzuführen, die es nun auch mittellosen verheirateten Frauen gestatteten, zur Niederkunft in die A n stalt zu kommen. Obwohl man die
Kriegsjahre, trotz massiver Versorgungsprobleme bei Nahrungsmitteln,
Medikamenten und Brennmaterial,
relativ gut überstanden hatte, wurde
in den Nachkriegsjahren schnell klar,
dass man sich eine derartige Institution nicht mehr leisten konnte und
wollte. 1922 wurde entschieden, dass
die Anstalt auf dem Gelände des
Krankenhauses mit der Gynäkologie
vereinigt werden sollte. Mit Ende
des Jahres 192-4 schloss die LandesGebärklinik als eigenständige Institution endgültig ihre Pforten.

I N N S B R U C K I N F O R M I E R T - SEPTEMBER 2007