Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1952

/ Nr.12

- S.6

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Seite 6

Amtsblatt dcr Landeshauptstadt Innsbruck

der Rest Zeigt grobwulstige Auslaugungssormen" mir stehen
domit im Liniauf jenes 5)öh!enbaches, dessen Wasser die
höhle geschaffen haden. sin fast 19 Meter hoher Wasserfall
stürzte hier nieder und füllte den Kessel mit rundgeschliffenen
Kieseln aus Wettersteinkalk. Line sonst nie beobachtete Er«
scheinung ist das scharfkantige und glattplattige Ausbrechen
des sonst rissefreien und rundgeschliffenen Olsens in ßorm
einer etwas schräg gestellten und geneigten Tür, in welcher
ein kleines ßenster den Einblick in eine über 3 Meter lange
Kleinsthöhle gewährt, deren Roden mit krümeligem, rotem
Lehm bedeckt wird.
Wieder in der Eingangshalle, begrüßt uns lehmüberkrustete Lebewesen das aufgeregte Gekreisch einer Dohlenmutter, welche ihr drei Meter über dem Roden gebautes
Rest bedroht fühlt. Durch das Portal in den blanken Felsen auskelternd, erschreckt uns der pfiff eines Gemsbockes,
der schleunigst sein Rudel in schutzgewährende Kare entführt.
M i t einer höhe non zirka 2460 Meter über dem Meere ist
der nach dem Entdecker aller höhlen im pleisengebiet benannte „Anton-Gaugg-Lisschacht" wohl das höchste Höhlenvorkommen Tirols.
Vom Grunde einer vom ostseitigen Kamme "des Hinteren
pleisengrates zum Vorderkar geneigten Mulde fallen die
seitlichen Begrenzungswände säst lotrecht ab, während der
tiefste Teil des" Schachtes deutlich überhängt. Die Ostseite
des fast 9 Meter langen und über 2 Meter breiten Risses
zeigt einen nun trockengelegten Wasserfall mit flachen
Grundbecken . . . Ais zu einer Tiefe von 8 Meter liegen die
helfen frei, dann aber ist fast das ganze Profil durch einen
vereisten ßirnpfropfen verstopft. M s sollte ein solches Hindernis allein zu wenig sein, haben Wintevschnee und Sommersonne ein weiteres hinzugefügt: I n der Mitte des Raumes reckt sich uns von unten her ein messerscharfer Kirngrat
entgegen! Gelingt es, hier durchzukommen? — Viermal
haben unsere besten Kletterer versucht, sich in einem engen
Eisloch abzuseilen un,d den unteren Abschluß des Pfropfens
zu erreichen) im Dezember 1951 wurde erstmalig eine Tiefe
von 55 Meter bezwungen, aber auch dort bieten der
Eiskern und die eisbedecktsn Wände keine Gelegenheit zu
kürzester Rast. (Der Innsbrucker Leser sehe sich gezwungen,
sich von der Spitze des Stadtturms abseilen und wieder
zurück„rutschen" zu müssen!) Jeder Meter nach unten bringt
größere Schwierigkeiten. Schon 4 Meter unter dem Eis
ist jede Rufnerbindung unterbrochen- die Enge des Schlufes verhindert das Anwinkeln der Arme und Reine, der Gebrauch von Steigeisen ist der lotrechten Wände wegen nicht
möglich. Auf Gedeih und Verderb ist der am Lauffeil hängende ßorscher mit seinem am SclMhtrande uerstemmten
Kameraden verbunden, von dessen Händen das Seil nach
Redarf nachgelassen, festgehalten oder ausgeholt wird. Zur
Vermeidung gefährdender Schlingen und Knoten werden
die Seile schon vorher ausgelegt un.d verknüpft" um wenigstens im groben über die Bewegung des Forschers Kenntnis zu erhalten, hält ein weiterer Kamerad das durch Felshaken un"d Karabiner veoankerte Standseil. Rei dessen
Lockerung hat der Forscher einen Ruheplatz gefunden, sonst
ist es straff gespannt...
Aus der annähernd gleichen Größe des «Querschnittes,
der gemeinsamen Lage und dem Verlaufe «der Gesteinsschichten kann gefolgert werden, daß der Anton-GauggSchacht und die Mitterkarhöhle Teile e i n e s höhlensilstomes sind. Trifft dies zu, beträgt der lotrechte Abstand
zwischen dem Einstieg zum Eisschacht und dem höchsten
Teil des Abschlußschlotes der Mitterkarhöhle rund 260
Meter! Nur mit Einsah von Seilwinden, Foldfernsprechern mit Kehlkopfmikrophon für den Forschor, nur bei
ausschließlicher Verwendung von 5 Millimeter starken
Drahtseilen und bei gutem Netter kann ein solcher Großeinsatz gewagt werden. Da uns wenigen Tirolern aber

Nummer l ^

weder die notwendigen Geräte noch die Hilfsmittel zur Ver«
fügung stehen, haben uns Rergwacht und Rergretlungsdienst aus Rasern ihre Hilfe zugesagt, den Schlicht zu be»
zwingen.
Unser weiteres Forschen galt der näheren Umqedunq der
Hundsalm über Maria-Stein, auf jenem langgestreckten
und schwachgegliederten Höhenrücken, der sich ostwärts der
RvandenbergM Ache als Norddegrenzung des Innlales bis
zum pendling erstreckt.
Zwei der höhlen sind schon seit 1921 öfters befahren morden: Die bisher einzige Eishöhle Tirols und der „Grete»
Ruth-Schacht". Da der letztere sonst aber nicht sehenswert
ist, findet er nur zur Schulung der jungen Generation zum
Gebrauch der Drahtsoillcitern an Überhängen und dos
Schachtklettcrns Verwendung.
Der Landesnerein für Höhlenkunde in Tirol mit dem
Sitz in Innsbruck, Schubertstraße 15, ging aus der höhlenforscherrunde hervor, nachdem ein gleichnamiger Verein im
Jahre 1921 gegründet, jedoch nach wenigen Jahren wieder
aufgelassen worden war. — Der Austausch praktischer Er«
fahrungen und von Forschungsergebnissen sowie das unbedingt notwendige Zusammenarbeiten mit dem Verbände
und allen öffentlichen Dienststellen erforderten diese Gründung nach dem bewährten Muster der Landes«ere ine in
Vbcrösterreich, Riederösterreich, Salzburg und Steiermark,
deren bereits erschlossenen Großhöhien alljährlich weit mehr
als hunderttausend Besucher aufweisen.
Außer der Forschung und der Vermessung aller natürlichen und künstlichen höhlen obliegt dem Landesuereins
der Schutz der Natur vor der Zerstörung durch Menschenhand, die Verhütung von Unfällen durch sorgfältige Vorbereitung und Ausrüstung jeder Unternehmung, die Schaf«
fung und Vervollständigung eines höhlenkalasters sowie
die Ausbildung des Nachwuchses in allen Belangen. —
Entsprechend den Ausgangspunkten zu den bisherigen größeren Fundorten verteilen sich die Mitglieder aus Scharnitz,
Innsbruck und Wörgl, wobei unsere Landeshauptstadt im
Jahre 1955 T a g u n g s o r t d e s V e r b a n d e s sein
wird. Der Landesuerein legt keine eigenen Sammlungen
an, sondern übergibt jeden Kund den zuständigen Institutionen des Landes Tirol als Leihgabe.
Die Knapponlöcher, jene im Kalkgebirge und in den
Zentralalpen verstreuten Schürfstollen nach Gold-, Silber«,
Kupfer-, Vlei«, Zinn- oder Zinkerzen, bildeten und bilden»
noch heute für unsere akenteuerfreudiM Jugend eine starke
Anziehungskraft. Die meisten unserer Umgebung entstanden
zur Fuggerzeit lzirka 14Z0 bis 15601," der Fund bronzezoitlicher Gebrauchs- und Ziergegenstände und ihrer Gußstätte
nächst der Höhenstraße läßt vermuten, daß im Hotting er
Graben schon vor 3000 Jahren nach Kupfer und Zinn geschürft worden ist. So mancher Wanderer zwischen Goamartboden und höttinger Bild sah oberhalb des Vrückleins
über den höttinger Bach Gestalten in den Löchern verschwinden und mag wohl lange auf die Rückkehrer aus dem
Dunkel gewartet haben, um sie zu befragen. Die Leule
hinter den Lichtkegeln der Lampen suchte"i vergebens nach
den Resten einstigen Berg sevens, denn längst ist das letzte
Stückchen Kupfer- oder Silbererz herausgeholt. — Unsere
Hungerburg-Gramart-Stollen sind die meist besuchten,
heute sind sie nur mehr durch den Eingang an der Ostseite
des höttinger Rachels erreichbar: Der untere Gang führt
fast eben und geradlinig bis unter die Quellen des Katzendrunnens und teilt sich dort gabelförmig," nur durch einen
engen Kriechgang ist der obere, verästelte Horizont erreich«
bar, welcher bis zur Hungerburg reicht und dort in verschiedenen höhen mehrere Eingänge hatte.
I n jedem unserer aktiven Mitglieder ist ein Stück Jugendromantik verblieben, die mit dem Korscherdrang die echte
Liebe zur Natur dedingt und uns nicht ruhen läßt, bis das