Innsbruck Informiert

Jg.2006

/ Nr.3

- S.45

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STADTGESCHICHTE

Ein Frauenverein, der schon im
19. Jhdt. Kinderbetreuung initiierte
D e n A n l a s s f ü r d i e G r ü n d u n g dieses V e r e i n s i m Jahre I 834 in
Innsbruck gaben w o h l die Verhältnisse von bereits b e s t e h e n d e n
A n s t a l t e n . Z u n e n n e n ist h i e r d i e K l e i n k i n d e r b e w a h r a n s t a l t i m
V e r s o r g u n g s h a u s z u St. N i k o l a u s s o w i e z w e i I n d u s t r i e s c h u l e n ,
e i n e i m s t ä d t i s c h e n A r b e i t s h a u s z u St. N i k o l a u s u n d e i n e i m
W i d u m zu Dreiheiligen.
Die Aufsicht über die Einrichtungen
hatten die bischöflichen Ordinariate,
finanziert und organisiert wurden die
beiden Schulen vom Stadtmagistrat
Aus dem Stadtarchiv/Stadtmuseum von Barbara Schwaighofer
bzw. von der Armendirektion,die Kleinkinderwartanstalt von der Stadtgemeinde.Für diese stellten dieAnstalten
eine finanzielle Belastung dar, daher erschien die Gründung eines Vereins als
primär beste Lösung. Der Landesgouverneur von Tirol, Friedrich Graf von
Wilzcek, appellierte am 9.Jänner 1834
an die weibliche Bevölkerung, einen
entsprechenden Verein zu gründen.
Daraufhin meldeten sich 215 Frauen,die
dem neuen Verein beitreten wollten.
A m 7. Februar fand unter dem Vorsitz
des Gouverneurs die Gründungsfeier
in der Hofburg statt, bei der bereits 80
Innsbruckerinnen teilnahmen.
Die Vorsteherin Gräfin Wilzcek als
auch ihre Stellvertreterin Gräfin Wolkenstein sowie die übrigen Mitglieder
stammten aus der „Crème de la crème" der Innsbrucker Gesellschaft. Das
Protektorat übernahm die W i t w e Kaiser Franz !.. Kaiserin Caroline Auguste,
ihre Nachfolgerin war Kaiserin Elisabeth. Die geistliche Leitung hatte wahrscheinlich der damalige Stadtpfarrer
und Dechant Duille. der mehrmals in
den Quellen erwähnt wird, inne.
Das selbsterklärte Ziel des Vereins
war u.a.den Kindern Lesen und Schreiben sowie den jungen Mädchen die
Hausfrauentätigkeiten beizubringen.
Immer wieder jedoch erwähnte man
die Wichtigkeit, die ärmlichen Kinder
und Mädchen unter Bedachtnahme religiöser Gründe zu „guten" Menschen

innerhalb der Gesellschaft zu erziehen
und sie vor allmöglichen Gefahren zu
bewahren.
Die Anstalten waren von Beginn an
durch periodische Beiträge der adeligen Frauen gesichert, hätten jedoch ohne außerordentliche Spenden nicht bestehen können. Einen Großteil des Geldes verwendete man für Geschenke.
Bei der jährlichen Weihnachtsbescherung wurden notwendige Dinge,
wie
Hemden, Schuhe
und Strümpfe an die Jugendlichen
verteilt. Die
Hauptausgaben bezogen
sich auf die
Miete
der
ei nze I n e n Porträt der Leopoldine
Q u a r t i e r e , Gräfin Wilzcek, der Gründie Löhne derin des Frauenvereins.
(Kopie aus K. Fischnalers

für das LehrInnsbrucker Chronik)
und W a r t personal und die Materialien für die
Arbeitsschulen.
In den Industrieschulen beschäftigte
man die Mädchen mit Spinnen, Nähen
und Stricken.Viele Anfertigungen waren
für den Eigenverbrauch.als Geschenke
für die Kleinkinder oder auch für wohltätige Zwecke hergestellt worden. Für
diese Tätigkeiten erhielten die jungen
Mädchen keinen Lohn, der Verein war
jedoch immer auf der Suche nach passenden Dienstplätzen für jede Einzelne. In den Kinderwartanstalten durften nur Kinder mit bis zu fünf Jahren
aufgenommen werden. In der Anger-

I N N S B R U C K I N F O R M I E R T - M Ä R Z 2006

zellgasse. wo sich der Verein eigentlich
von Anfang an die größten Kinderzahlen erwartete, blieb der Erfolg aus. Der
Grund dafür war wohl, dass die ärmeren Leute wohl eher in Dreiheiligen
und St. Nikolaus wohnten.
Nach 10-jährigem Bestehen konnte
man in den drei Wartanstalten 247 Kinder und in den Arbeitsschulen 21 I
Mädchen zählen, wovon laut Aussage
des Vereins, ohne deren Anstalten ein
sehr großer Teil auf der Straße gelebt
hätte.
Sehr bedeutende und arbeitsreiche
Jahre für den Verein waren jene von
1876 bis 1878. Die anfänglich von der
Stadt zur Verfügung gestellten Räume
waren allmählich zu klein geworden. In
St. Nikolaus und Dreiheiligen ließ der
Magistrat dem Verein in den d o r t neu
errichteten Schulgebäuden einige Räume zukommen. Das größte Sorgenkind
war die Bewahranstalt in der Stadt.
1876 erwarb derVerein hinter demTiroler Landesmuseum Ferdinandeum einen passenden Baugrund. Die hohen
Kosten wurden teils aus dem Stammvermögen des Vereins, teils aus Spenden gedeckt.
Die Erbauung dieses Heimes war
wohl der Höhepunkt der Vereinsära.
denn nach dem I Weltkrieg und der
darauffolgenden Inflation gelangte der
bisher sehr erfolgreiche Frauenverein zu einem Tiefpunkt. Er geriet in
derartige finanzielle Schwierigkeiten,
dass man sich gezwungen sah, mit
dem Stadtmagistrat einen „Ablösevertrag" zu schließen, wonach die Kinderbewahranstalt in der Stadt und die
beiden Anstalten in Dreiheiligen gänzlich von der Stadt übernommen w u r den.Von da an betreute der Frauenverein nur mehr die Kinderbewahranstalt sowie die Industrieschule in
St. Nikolaus. 1938 wurde derVerein
schließlich aufgelöst, da die neu gegründeten städtischen Kindergärten
nun vollständig die Tätigkeiten des
Frauenvereins ersetzten.

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