Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1952

/ Nr.6

- S.2

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Amtsblatt dcr Landeshauptstadt Innsbruck

Landständen iinmer wieder ins Tressen geführt, um de»
heimischen Studierenden den weiten, kostspieligen lind ge
sahrdrohenden Weg zu ersparen, den sie bisher nach ßreiburg im Vreisgali, Graz und Wien oder an die benachbar
leu auswärtigen 5)ochschli!en, wie etwa Dillingen, Ingolstadt,
Salzblirg und padua, gehen mußten. Aber erst 1669 wurde
diesem Wunsche des Landes Tirol Ersüllung. Als Kaiser
Leopold I. den sogenannten 5)a»er Salzauffchlag bewilligte
und damit die materielle Grundlage schuf, als im gerbst
1669 der Jesuitenorden mit dem Anterricht einer philosophischen Kakliltät begann, war Innsbrucks hohe Schule «.!«."
lact« begründet. I n dien ßolgejahren murden die anderen
Studienabteilungen und die Einrichtungen der Gcsamtuniversitat aufge>baut, mit idem Jahre 1688 darf die Gründungsperiode als abgeschlossen gelten. Aus ihr leuchtet das Iahr
167? hervor: vom 26. April d. I . datiert die ErrichtungsUrkunde Kaiser Leopolds I., die als formelle Grundlage der
Vestätigungsbulle Papst Innozenz" X I . vom 28. Juli demselben Jahres godient hat. Diese beiden privileg Innsbrucks hohe Schule «.ic iurl.-. So feiern wir in diesen
Wochen mit ßug und Recht das 275. Stifbungsfest unseres
geistigen Hauses.
Räch einem Jahrhundert der VI,übe wird unsere Hochschule im Jahre 1782 zu einer philosophisch^theologischen
Ktudienanstalt ohne promotionsrecht mit angegüedert,en
niederen juristischen und medizinischen Studien herabgemindert. Der josefinische Staat sah in diesem Lyzeum eine reine
Veamten-, Landarzt- und hcbammenschule" die theologische
Abteilung, welche zum neu errichte ten staatlichen Generalseminar in enge Veziehung trat, war in erster Linie als Vildlingsstätte für getreue Staatskirchendliener gedacht. 1792
wiederhergestellt und in den ersten Jahren der bayrischen
Herrschaft über Tirol sogar gefördert, wurde die Universität
1810 — zur Strafe für das Treuebekenntnis, das Tirol in
der Erhebung von 1809 zu Osterreich abgelegt hatte — erneut zum Luzeum degradiert. M s Innsbruck nach d,er Heimkehr des Landes an «Österreich die Universität zurückerhielt,
geschah dies erst nach langen Verhandlungen l1826> und in
geminderter ßorm, d. h. ohne theologische ßakultät und ohne
vollwertiges medizinisches Studium. Die von Reuollitionsfurch) bestimmte Kulturpolitik des Vormärz mit ihrem
Zensur- und p o l i z e i M e m drückte mcht weniger hart auf die
Universitäten als der Nühlichkeitsgedanke und die Gleichmacherei des Josefinisinus, ßür die Förderung wissenschaftlichen Geistes hatte man daher, zumal im Rahmen einer
Provinzuniversität, wenig übrig. And doch darf Innsbrucks
hohe Schule in beiden Epochen au,f eine Reihe glänzender
Namen hinweisen, die sich u. a. auch in der Politik und im
Musischen betätigten, Erst das Jahr 1848 bringt den Universitäten ihre ßre"cheit, die Freiheit in Lehre und Korschung.
Die Thunsche Hochschulreform ermöglichte es, an die wissen
schastüchen Traditionen, zumal der uorjosefinischon Epoche,
anzuknüpfen und ein neues geistiges Haus zu bauen: 185?
wird die theologische §aku!tät wieder errichtet und dem Jesuitenorden übergeben i ab 1869 ersteht im wahren Sinne
des Wortes eine neue medizinische Fakultät, aber auch die
beiden anderen Studienabteilungen, insbesonders die philo
sophische, erfahren grundlegende Wandlungen. Lehrkanzel
reiht sich an Lehrkanzel, Institut an Institut. Die geologische
und die juristische Kakultät, beide mit je vier Professuren be
ginnend, haben ihre Lehrkanzeln schon bis zur Wende die
ses Jahrhunderts verdreifacht, bzw. verdoppelt. Das medizinische Studium, zuerst nur von einem einzigen, dann bald
von zwei Professoren betreut, 1835 mit nur sechs Lehr
kanzeln versehen, zählte schon um 1900 nicht weniger al^
mhlzehn Fächer, Die philosophische ßakultät aber, die vi"l
1848 eine Art Grundsakultät dargestellt und für die höhere,,
Fakultäten als Vorstudium gedient halte, ist nach der Eüt
Wicklung der letzten hundert Jahre kaum wiederzuerkennen,
I h r Aufstieg ist ebenso sprunghaft wie der der medizinischen
Schwester: mit vier Professuren Halle sie einst begonnen nn>

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selbst 1848 zählte sie nicht mchr als sieben, heule ist sie mit
3! Lehrkanzeln die ausgedehnteste und umlsassendsle aller
vier Studienabteilungen.
Die neue Ordnung ermöglichte es, hervorragende Lehrer
aus der ganzen weüläufigen Monarchie und aus den beut"
scheu Staaten zu berufen. Dazu kam der heimische Nach«
wuchs, der, anfangs gering, schon in der zweiten Hälfte des
vorigen Jahrhunderts et"wa ein Vi,ert,el der beamteten Lehr
kräfte umfasile lind heute etwa auf ein Drittel gestiegen ist,
wenn wir die Geburtsorte Alttirols zugrunde legen, ßremde
und heimische, Österreicher und Deutsche vor allem, haben
in einträchtigem Zusammenwirken, in lebendiger und alter
Kulturgemeinschaft, der hohen Schule Tirols unter den
österreichischen Schwesteranstalten und darüber hinaus kln«
sehen zu verschaffen verstanden. c5s sind in erster Linie jün
gere Kräfte, der Heimat wie von aufwärts, berufen, welche,
oft genug, unter den die wissenschaftliche Arbeit begünstigenden Verhältnissen eines kleineren Anlerrichlsbetriebes
glänzende Leistungen vollbrachten und so den Grund legten
Zur Berufung an größere Universitäten Österreichs, Deutschlands und darüber hinaus sowie zu hohen lind höchsten
internationalen Ehrungen. Ich darf da an unsere vier Nobelpreisträger erinnern, von denen nicht weniger als drei
allein der medizinischen ßakultät angehören — eine cihre,
welche selbst an gröfzercn Hochschulen nicht so leicht ihresgleichen finden wird. Gar mancher, den die lockende Ferne
rief, ist Tirol treu geblieben, weil,der Ruf der Heimat stärker war oder weil ihn wissenschaftliche Probleme an Innsbruck fesselten. Denn für d,ie ramnbestiminte Forschung boten lind bieten die Alpen, das interessanteste Hochgebirge der
nliszllschöpsen sein werden.
Die Universität hat hier ihre Aufgalben und (lrfolgsziele
erkannt und fich an die ihr zukommende Spitze gesetzt. Nicht
erst in den letzten hundert Jahren: schon die Mediziner des
18. lind frühen 19. Jahrhunderts schrieben über heimische
Mineralwässer, über die Menschwemmungen der Vergflüsse usw., die Juristen erfaßten das heimische Stalutarrecht
lind stellten auch »den ersten Historiker der Universität. Das
abgelaufene Säkulum aber mit seinein gewaltigen Aufbau
der Alpenkunde sieht unsere Hochschule auf allen fächern
der naturwissenschastlichen lind ant>hropographischen Richtung in Hront. Ihre führenden Vertreter sind von der Alpenforschling fortgeschritten zu Entdeckungsfahrten in den an«
deren Hochgebirgen der Erde oder haben, über die regionale
Forschung hinauswachsend, durch ihre Hand- und Lehrbücher den Namen Tirols und Österreichs zieren helfen in
aller Welt. Mancher von ihnen — Namen zu nennen verbietet grundsätzlich die Kürze der verfügbaren Zeit — ist
mit dem Alponverein eng verknüpft, diesem größten und
verdientesten Vergsteigerverein der Welt.
Dieser bescheidene Rückblick wäre, m hr als vielleicht erlaubt, unvollständig, müi,"de er der studierenden Jugend vergessen, des alt^i- (.^o am lebendigen Körper der Universität,
aus dein sie sich wie aus einem Jungborn immer wieder erneut. Die umstürzenden Wandlungen des letzten Säkulums
in Lehre und Forschung, aber auch am Volkskörper und in
der politischeil Entwicklung zeigen sich hier edenso wie an
der professorenschaft. M i t etwa 300 Hörern begann der Weg
dieser Hochschule, 1870 waren es kaum 500, lim die Jahr«
hundertmende 1000, 1912/14 1500, heute sind es fast 2700"
zwischen den beiden letztgenannten Markpunkten liegen
Jahre kriegsbedingter Einwirkungen, welche die hörerzahl
unter !000 absinken, aber zeitweise bis zur 4000"Grenze
anschwellen lassen. I n den Hakultälen liegen an hörerzahl
lange die Philosophen als Grundfakullal voran; sie werden
in der zweiten halste des 19. Jahrhunderts zunächst abgo
löst von den Juristen, diese seit den Sechzigerjahren wenig»
stens zeitweise verdrängt von den Theologen, welche durch
ihren Weltruf eine,, starken ausländischen hörerstock ge<