Innsbruck Informiert

Jg.2005

/ Nr.6

- S.38

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STANDPUNKT!-

Was ist Armut?
I m Z u s a m m e n h a n g m i t d e r U m s e t z u n g des P r o j e k t e s
„ S o z i a l m a r k t Innsbruck" hat Unternehmensberater
Bernhard Ernst i m A u f t r a g der A r b e i t e r k a m m e r umfangreiche
Erhebungen z u m T h e m a A r m u t zusammengestellt.
Er kommt dabei zum Schluss, dass
rund 9000 Menschen in Innsbruck in
Haushalten mit einem geringen bzw.
sehr geringen Einkommen leben.
3 144 Haushalte bezogen im September 2004 Sozialhilfe. 50 Prozent leben
dauernd von der Sozialhilfe. 825 Kinder lebten 2004 in Haushalten, die
Sozialhilfe beziehen. Über 3920 Arbeitslosen-, Notstandshilfe- und A l tersteilzeit-Betroffene sowie ca. 2770
Ausgleichszulagen-Bezieherinnen leben in Innsbruck. Ca. 9500 Pensionistinnen verfügen über weniger als
791 € pro Monat. Ca. 1000 Jugendliche sind in Innsbruck-Stadt und -Land
ständig arbeitslos.
Caritas-Direktor Georg Schärmer
zur Frage „Was ist Armut?": „ A r m ist
der, der über so wenig soziale und
kulturelle Mittel verfügt, so dass er
von einer Lebensweise ausgeschlossen ist, die im jeweiligen Land als Lebensstandard definiert ist. A r m ist
der. der machtlos ist, der sein Leben
nicht beeinflussen kann."

A r m u t drückt sich aber nicht nur
in finanzieller N o t aus, auch extreme
Einsamkeit, Depressionen, schwere
Krankheiten machen arm, wenn das
Leben nicht mehr freudvoll gestaltet
werden kann.
Auch pflegende Angehörige sind oft
arm, wenn sie durch ihren Einsatz
(dauert im Durchschnitt sieben Jahre)
großen physischen und psychischen
Belastungen ausgesetzt sind und nicht
mehr Zeit und Freude haben, am Leben teilzunehmen.
Bürgermeisterin Hilde Zach: „ W i r
dürfen dankbar sein, in einer Stadt zu
leben, die relativ reich ist, reich vor allem an Schönheit, an Kultur und die
über ein gutes soziales Netz und eine
gute Infrastruktur verfügt. W i r haben
viel Grund, zufriedene Menschen zu
sein. Gerade deshalb sollten wir nimmer müde werden, auf jene Menschen
zu schauen, die ,unter die Räder gekommen sind" - sei es wegen finanzieller Not, wegen Krankheit oder Einsamkeit und und und ... W i r von der

Politik werden uns in Zukunft verstärkt mit der Frage ,Was und wo ist
Armut?" zu beschäftigen haben, nachdenken und Lösungen finden müssen.
W i r sollten alle dem ehrlichen Eingeständnis zum Durchbruch verhelfen:
W i r können und wollen uns nicht alles leisten. Besondere Aufmerksamkeit und Achtung verdienen jene Menschen, die uneigennützig für andere da
sind und die Mitmenschlichkeit oft
auch über eigene Interessen stellen.
Ohne Gemeinnützigkeit würde unsere Gesellschaft verarmen."
Bei der Frage „Was ist Armut?" ist
auch der Konsumterror unserer Gesellschaft nicht zu vernachlässigen. Kinder sind einem „Bombardement" der
Konsumgesellschaft ausgeliefert. Georg Schärmer nennt das „Inweltverschmutzung", die der Umweltverschmutzung um nichts nachsteht. Kinder, die nicht teilhaben können im
„Konzert" der Selbstverständlichkeiten, werden oft an den Rand gedrängt.
Das Zitat „ W i r geben Geld aus, das
w i r nicht haben, für Dinge, die wir
nicht brauchen, um Menschen zu beeindrucken, die wir nicht mögen" hat
schon irgendwie seine Berechtigung.
(WW)

Innsbruck bekommt Sozialmarkt
Die G r ü n d u n g d e r „ T i r o l e r Soz i a l m ä r k t e - G e m e i n n ü t z i g e Lebensmittelversorgungs-GmbH"
ist u n t e r D a c h u n d F a c h .
Nach der ersten Gesellschafterversammlung wurden am I 3. Mai in A n wesenheit von Notar Dr. Bernhard
Fritz,von Bürgermeisterin Hilde Zach
für die Stadt Innsbruck, Präsident
Fritz Dinkhauser für die Arbeiterkammer und Georg Schärmer für die
Caritas die Verträge unterzeichnet.
Geschäftsführerin der Gesellschaft
wird Mag. Michaela Landauer sein.
Im anschließenden Pressegespräch,
an dem u.a. auch Stadträtin Mag.

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Christine Oppitz-Plörer, Gemeinderat Helmut Kritzinger und Mag. Martin Hirner teilnahmen, betonte Bürgermeisterin Hilde Zach, dass mit
dem Sozialmarkt nunmehr eine sehr
wichtige Idee umgesetzt worden sei.
„Es ist kein Almosenmarkt, sondern
ein Geschäft, das professionell geführt werden muss und in vielerlei
Hinsicht positiv ist. Einerseits bietet
es Menschen, die über ein geringes
Einkommen verfügen, eine begünstigte Einkaufsquelle, anderseits wird verhindert, dass intakte Lebensmittel
und andere Güter des taglichen Bedarfs vernichtet werden müssen.

Zach dankte Arbeiterkammer-Präsident Dinkhauser für seineVorreiterrolle und die Übernahme der Kosten
in Höhe von 30.000 € für die vorbereitende Studie sowie Caritas-Direkt o r Schärmer für sein engagiertes
Mitwirken.
Präsident Dinkhauser drückte
ebenfalls seine Freude über die Z u sammenarbeit aus und dankte der
Bürgermeisterin für ihr spontanes
Mittun. Das System des Sozialmarktes habe sich in vielen Ländern und
in verschiedenen Formen bewährt,
(Fortsetzung auf Seite I 7)

I N N S B R U C K I N F O R M I E R T - J U N I 2005