Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1950

/ Nr.8

- S.8

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Seite 8

Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck

amerikanische Studenten, die von ihrer C uropareise zurlick
kehrten, und andere, die Zu Studionzwocken nach Amerika
kamen, ein wahres Völkergemisch: zranzoson, Rorwogor,
Zinnen, Österreicher, philippinos usw. Das Schiss mar sehr
bequem und komfortabel eingerichtet, die Verpflegung ausgezeichnet. Zum frühstück gab es Z. B.: Cier, Schinken,
Milch, Kaffee, Kakao, Toast, Butter, Marmelade und u, a,
cnich Kartoffel und Kompott.
Die Zeit wurde mit Kinouorführungen und Tanztees uer
kürzt. Am 8. September landeten sie wohlbehalten in Rom
Uork. C. 6. wurde von Offizieren des kl. ß. S. empfangen.
Sie fuhr am selben Tage weiter nach Kingston, wo sie von
Mädchen des Prisma-Llubs begrüßt und in den Club eingeführt wurde. Die Prisma-Gesellschaft ist eine Vereinigung
von jungen Mittelschülerinnen aus Kingston, welche auch
750 Dollar für den Unterhalt non c5. h. beisteuerte und die
ßerienaufenthalte arrangierte. Vis zum Schulbeginn war
C. h. Gast in den ßamilien der Prisma-Mädchen. So hatte
sie auch Gelegenheit, Cinblick in das amerikanische Leben
Zu tun und sich mit ihm etwas vertraut Zu machen. 6s gab
für die junge Innsbruckerin viel Heues und Interessantes
Zu sehen wie die Wolkenkratzerstraften, die ßülle der Wägen, das ßernfehen usw. „ h i e r scheint jeder einen Wagen
zu besitzen und ich fahre mehr, als ich gehe", schrieb sie.
Doch nahm sie nicht alles kritiklos hin und meint, die Crfiudung des Fernsehens müßte verbessert werden, da es
immer so aussehe, als ob es schneie. Reu war ihr auch der
Ablauf des Radioprogrammes, bei dem es z. V. mitten
in ein Detektiuhörspie! nach einem Hilfeschrei des Opfers
aus dem Lautsprecher tönt: „And was aft der Mörder am
liebsten? Rubinsteins Nudelsuppen sind die besten" usw.
Von Kingston aus hatte 6. 6. Gelegenheit, nach hljdepark
Zu fahren und besuchte dort das Grab des Präsidenten
Roosevelt sowie dessen heim und Bibliothek.
Am 20. September 1949 zu Schulbeginn landete sie an
ihrem endgültigen Bestimmungsort, der Westouerschule in
Middleburu.. Cs handelt sich hiebei um ein Internat für
junge Mädchen, welches an das Prinzip der englischen Colleges erinnert. Die Schule hat Platz für etwa 150 Schülerinnen und ist mit allem Komfort eingerichtet. Cs gibt ein
eigenes Krankenhaus, Kapelle, Tennisplätze, Musikzimmer,
ein Postamt und eine kleine Verkaufsstelle. Auch besitzt die
Schule Zwei grofte Omnibusse, mit welchen die Mädchen Ausflüge unternehmen können. Die Mehrzahl der Schülerinnen
stammt aus zum Teil sehr reichen Häusern wie Z. V. Rockefeller, Dupont-Rljlon, Armer. I n der Schule wird eine sehr
kleidsame Uniform, bestehend aus khakifarbenen Kleidern
mit schwarzem Gürtel und Krawatte, meiftem Kragen und
braunen Schuhen getragen. Abends sind weifte Organdu,kleider vorgeschrieben. Cs gibt dann noch eine Tennis-, eine
Turn- und eine Ausgehdreft. Zum Wochenende dürfen die
privatkloider getragen werden. I n den amerikanischen
Mittelschulen können sich die Schüler die Gegenstände wählen. Die Schule hat nur vier Jahrgänge: Kreshmen, 6ophomos, Juniors, Seniors. Der Montag ist immer schulfrei,
Typisch für Amerika sind die häufigen Interviews, wobei
die junge Tirolerin selbstverständlich immer wieder photographies wurde. Groften Anklang fan,d auch die Rede, die
6. h. in ihrer heimatlichen Tracht vor den Prisma-Mädchen
in Kingston hielt. Ihre Ausführungen behandelten u. a. die
Unterschiede zwischen dem amerikanischen und österreichischen Schulwesen. Merkwürdig berührte es unsere Welt,
reisende allerdings, daft einzelne nicht wuftlon, wo Tirol
liegt und welche Sprache dort gesprochen wird. Sie ver
muteten auf Grund der guten Cnglischkonntnisse von C. h,,
daft die Umgangssprache in Österreich das Englische sei.
Sehr feierlich waren die Weihnachtsfeiern im Internat:
es wurden Theaterstücke in Deutsch, Englisch, Spanisch und
französisch aufgeführt, (kin Original alt-englisches Spiel ge
sie! C. 5). besonders gut, es gab darin keine Bühnendckora
!,on, sondern es wurde (wie zu Zeiten Shakespeares! ein

page ini! einer Tafel auf die Bühne geschickt, aus wacher
z. B. verzeichnet stand: „Dies sei der Hof des herodes."
Vor dem Rathaus gegenüber der Schule war ein Thrift
bäum aufgestellt und dort sangen die Schülerinnen mich
altem Brauch Weihnachtsliodor für die Bevölkerung,
Anfang Februar war in der Schule eine „Prüfungswoche""
es ist während dieser Zeit kein Unterricht, sondern es fin
den nur schriftliche Prüfungen in allen Gegenständen statt.
Wenn eine Schülerin in einem §ach durchfällt, wird sie hievon durch eine Rotiz verständigt. I m zweiten Semester begann C. h. mit dem zweiton Spanisch-Lehrgang l^.", Jahr),
Cs wird in Amerika sehr spät mit dem Unterricht der
Fremdsprachen begonnen, daher sind die Unterrichtsmethoden wesentlich leichter als bei uns. Ein interessantes Crlobnis schildert ci. H. in einem ihrer Berichte und zwar den
Besuch des amerikanischen Dichters Thornton W i l d e r in
der Westouerschule, dem Autor des Stückes „Die kleine
Stadt", welches auch in Innsbruck aufgeführt wurde.
Th. W. erzählte, daft er zweimal in China war, dort in eine
deutsche Schule gegangen sei un war auch in Innsbruck und Südtirol, aber bereits vor dem
Krieg.
C. h. schickte einige Ausschnitte aus der Schülerzeitung
der Westover School, in welcher unter dem Titel „Österreich
spielt, singt und schreibt" ein Interview mit C. h. erschienen
war, ein kurzer Auszug aus ihrem Leben mit einem sehr
netten Lichtbild. Durch das Cngegenkommen des AßS. bekam C. h. über ihre Vitte eine Eintrittskarte zu „Lohengrin"
in die Metropolitan-Oper in die Loge einer 8Z Jahre alten
Dame, welche den vier eingeladenen Mädchen von ihren
Reisen um die Crde erzählte- diese war auch mit 16 Jahren
in Innsbruck, lobte in Frankreich und Australien und gründete nach ihrer Rückkunft nach Row Uork dort eine Musikschule.
Zu Seinestsrschluft wurden wieder einige Theaterstücke
aufgeführt und Zwar in englischer, französischer und spanischer lNschenputtels Sprache. Auch der Gesangsclub
hatte viel zu tun. Rachdom C. h. ihre Semesterferien in
Woodstock, Kingston und Shockan bei amerikanischen, deutschen lind russischen ßamilien verbracht hatte, kehrte sie
wieder in die Westover School zurück.
Am Ostersonntag veranstalteten die Lehrkräfte und Schülerinnen gemeinsam eine Ostereie"rjagd und andere Spiele.
Bereits um fünf Uhr morgens zogen die Mitglieder des
Gesangsclubs mit Laternen singend durch die ganze Schule.
Am Rachmittag war ein gemeinsamer Gottesdienst für die
Angehörigen sämtlichor Konfessionen. I n der folgenden
Woche hielt ein Professor der Columbia-Universität im I n ternat einen Vortrag über amerikanische Auftonpolitik. Cr
hatte während des ersten Weltkrieges in der ÖsterreichischUngarischen Armee gedient. Cine der nächsten ßoiorn war
sämtlichen Schülerinnen gewidmet, welche einmal die Westover School besucht hatten^ alle, denen es möglich war,
kamen alif Besuch. I n dieser sogenannten „AlumnaekonserenZ" machte die Leiterin der Anstalt, M s . D i I l i n g h a m,
die Mitteilung, dast ab dein kommenden Jahr in der
Schule alle Schülerinnen ohne Rücksicht aus Glauben, Religion oder Rasse aufgenommen würden, das hoiftt, auch
Regerinnen und Jüdinnen.
Sehr feierlich wird in den Vereinigten Staaten der Mut«
tortag begangen. Bei dor Muttortagsfeier in der Westover
School fang C. h. das Mutterlied von Cdmund C u, s I o r.
Von einer Zusammenkunft allor Schülerinnen von penfio»
naton in Connecticut zu einem Sängerstroit schreibt C, h.:
„Mich hätte fast der Schlag getroffen, als dio orsto Schule
ihren Schu!gesang orhob, es war nämlich zu dor Melodie
dor derzeitigen österreichischen Bundeshiimne.
Cs folgten nun die schriftlichen Abschluftarbeilcn, Jode
Schülerin konnte ein Thema lüber ein sozialos Problem
llswj wählen, C. h. schrieb eine 28 grofte Seiton lange Ar<
.beit über „Rassen lind Cinwanderer in den Vereinigten