Innsbruck Informiert

Jg.2001

/ Nr.8

- S.26

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INNSBR

Vom Komödienhaus zur Dogana
Vor über 300 Jahren, im
Jahre 1628, war Innsbruck
Residenzstadt von Erzherzog Leopold V. (1619 1632) und seiner Frau Claudia dei Medici. Im selben
Jahr feierte das Fürstenpaar
die Taufe ihres Sohnes Ferdinand Karl und veranstalteAus dem Stadtarchiv
von Natalie Pedevilla
ten während der Festlichkeiten ein Ballett, das aufgrund
der hohen Gästezahl nicht
wie üblich im „Goldenen
Saal" der Hofburg stattfinden konnte, sondern in das
Ballspielhaus auf Schloss
Ambras verlegt werden
musste.
Ballspielhäuser,
zum
Zwecke von witterungsunabhängigen Ballspielen jeglicher Art, wurden unter Erzherzog Ferdinand II. ( 1 5 6 4 1595) bereits 1572 - 1582 in
Innsbruck gebaut. Ein Ballspielhaus befand sich anschließend an den Spanischen Saal auf Schloss Ambras, die weiteren zwei wurden am nördlichen Ende der
Hofburg (heutige Herren-

Rennweg von Norden mit Bühnenhaus bzw. Mauthaus im Vordergrund, dahinter die Hofburg. Aquarell von Josef Strickner,
(Sign. Ph-23348)
1815.

gasse und Rennweg), parallel zum Inn errichtet.
Da diese Ballhäuser nicht
das richtige Ambiente für
große Festlichkeiten und kulturelle Veranstaltungen bieten konnten, und vielleicht
auch aufgrund des Einflusses seiner Frau Claudia dei
Medici, deren italienische
Familie wichtige Kunstmäzene jener Zeit waren, beschloss Erzherzog Leopold
V. den Bau eines Hoftheaters bzw. „Comedihauses".
Dafür schickte er den späteren Hofbaumeister Chris t o p h

G u m P P
(1600
1672) nach
Parma, Mantua und Florenz, um die
dortigen höfischen Theaterbauten zu
studieren,
und
beauftragte Jakob
Schmälzl und
Hofbaumeister Giovanni
Speraindio
mit dem UmDas alte Komödienhaus als Ruine; das Mauthaus bau des Ballwurde bereits abgerissen, ca. 1969/70.
spielhauses
(Orig. Stadtarchiv, Sign. Ph-5715) am Rennweg

26

in ein Comödienhaus.
Nachdem 1629 sowohl
Schmälzl als auch Speraindio starben, übernahm Christoph Gumpp die alleinige
Bauführung.
Beeindruckt von den italienischen Hoftheatern, die alle in den jeweiligen Palastkomplex miteingebunden
waren, versuchte Gumpp
neue Wege zu beschreiten
und schuf das erste eigenständig
freistehende
Saaltheater nördlich der Alpen, direkt neben der Hofburg am Rennweg. Auch in
seiner Größendimension, es
maß 100x30 Meter, übertraf
das Comödienhaus von
Gumpp alle bisherigen höfischen Profanbauten (z.B.
Ballhäuser, Getreidekästen).
Allein die Bühne war
17x12 Meter groß und bot
dem pompösen Barocktheater mit seinen neuartigen
Verwandlungsbühnen, mit
frei beweglichen Kulissen,
genug Raum.
Der äußere Bau mit dem
an den Zuschauerraum angebauten und etwas höheren Bühnenhaus wurde
1630 fertiggestellt. Die Fassade war schmucklos und
einfach gegliedert, mit rundbogigen Toren im Erdge-

schoss und Rundbogenfenstern im Obergeschoss. Der
Innenausbau, gekennzeichnet durch einen Zuschauerraum mit einer umlaufenden
Galerie hinter hohen Arkaden, wurde 1631 zu Ende
gebracht.
In den nächsten Jahren
wurde das Komödienhaus
sowohl für Theaterstücke als
auch für Weihnachts- und
Fasnachtsspiele oder auch
für Ballette und vor allem italienische Ballettopern genutzt.
Doch bereits 1653/55, da
gegenüber der Hofburg ein
neues Hoftheater (heute:
Landestheater)
errichtet
wurde, verlor das Komödienhaus seine Zweckdienlichkeit und wurde in der Folge teilweise im Zuschauerraum als Reithaus und im
südlichsten Abschnitt als Bibliothek der Universität benutzt.
Während der bayrischen
Besatzung 1808 - 1815
baute man die Reithalle und
das Bühnenhaus zu einem
Zollamt (= „Dogana") um,
weshalb es seither den Namen „Dogana" trägt. Seit
1867 diente das Gebäude
zeitweise für Kongresse, bis
es 1944 schwer von Bomben getroffen wurde und nur
mehr eine Ruine zurückblieb.
Zehn Jahre später kamen
die Überreste des Baues in
den Besitz der Stadt.
1969 wurde dann das
Bühnenhaus am nördlichsten Ende abgerissen, und
bereits ein Jahr darauf, 1970,
begann man nach Plänen
von Hubert Prachensky den
Bau des Kongresshauses,
das nach über vier Jahrhunderten Baugeschichte unter
anderem auch wieder ein
Zentrum für kulturelle Veranstaltungen ist.

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