Innsbruck Informiert

Jg.1999

/ Nr.4

- S.42

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INNSBRU

Ein gemeinsames Haus für alle
Bevölkerungsgruppen
Am 1. März wurde das ehemalige Kolpinghaus in der Dreiheiligenstraße
nach einer umfassenden Sanierung nunmehr als „Integratives Sozialhaus"
wieder eröffnet. Das besondere an diesem Projekt ist, daß Einrichtungen unterschiedlichster Art und für Menschen aus allen Bevölkerungsschichten
„unter einem gemeinsamen Dach" untergebracht sind.
Im Integrativen Sozialhaus befinden
sich das Alexihaus, eine Obdachlosenherberge für 58 Bewohner, ein Studentenheim mit 112 Heimplätzen, eine
Sozial- und Gesundheitsstation, eine
Altenstube und das Z6.
Die Kosten für die umfassende Gebäudesanierung betragen rund 99 Mio.
S. Bürgermeister Dr. Herwig van Staa
dankte dem Land Tirol „für die kurzfristige Zuteilung von Wohnbauförderungsmitteln", mit denen die Finanzie-

rung der Sanierungsmaßnahmen ermöglicht wurde.
Der Innsbrucker „Obdachlosenstadtrat" Dr. Lothar Müller äußerte die
Hoffnung, daß in diesem Haus viele
Menschen in ausweglosen Situationen
Halt finden werden. Aus Gesprächen
mit Bewohnern des Alexihauses wisse
er, daß viele von ihnen in dieser Einrichtung eine Heimat gefunden haben
und hier leben möchten.
Sozialreferent Vizebgm. DI Eugen

Sprenger erinnerte an jene Zeit, in der
obdachlose Menschen nur in den Wintermonaten in der Notschlafstelle untergebracht waren, und sieht das Integrative Sozialhaus als einen weiteren
Beweis dafür, daß in Innsbruck auch
viel Positives für soziale Randgruppen
geschieht: „Unter anderem wurde die
Städtische Herberge mit einem Kostenaufwand von 10,5 Mio. S saniert;
das Sozialbudget für betreutes Wohnen wurde aufgestockt."
Mit besten Wünschen aller Festredner für „ein gedeihliches Zusammenleben aller, die in diesem Haus Unterkunft gefunden haben", wurde das
Haus offiziell der Bevölkerung übergeben. (BS)

Eine Chance zum Wiedereinstieg
Praktisch ausgebucht ist die Männerabteilung in der Städtischen Herberge,
nur mehr für Frauen sind noch einige Plätze frei. Außergewöhnlich groß und
bemerkenswert ist dabei die Fluktuation in dem über 76 Plätze verfügenden
Haus in der Hunoldstraße 22, davon 67 Plätze für Männer. Schon in den letzton Monaten des Vorjahres kündigte sich ein starker Wechsel an.
„Im Jänner hat diese Fluktuation einen bisherigen Höhepunkt erreicht",
verweist Mag. Franz Stelzl (Leiter der
Städtischen Herberge) auf die über je
60 An- und Abmeldungen im Jänner.
Täglich sind es im Schnitt zwischen
zwei und drei Personen, die in die Herberge „ein- oder ausziehen". Das Publikum ist bunt gemischt, die Gründe,
die Hunoldstraße aufzusuchen, liegen
nicht nur im sozialen Bereich: Von der
Gendarmerie Rinn etwa wurde kurz
nach Silvester ein Pole gebracht, drei
Asylwerber (von der Bahnhofspolizei
geschickt) warteten hier auf einen Termin beim Bundesasylamt (sonst hätten
sie auf der Straße übernachten müssen), und sogar für vier „gemusterte"
Vorarlberger war die Herberge Notquartier: Sie hatten ihre Tauglichkeit zu
stark gefeiert.
Für das Acht-Mann/Frau-Team (vier
hauptamtliche, vier Zivildiener) stellt das

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starke „Kommen und Gehen" nicht nur
ein organisatorisches Problem dar (Anmelden, Reinigung ...). „Wir können
uns mit den Menschen, die schon länger die Herberge bewohnen, nicht mehr
näher befassen und nicht auf ihre Probleme eingehen", bedauert Stenzl.
Im Jahr sind es zwischen 450 und
500 Menschen, die die Städtische Herberge in Anspruch nehmen. Manche
kommen sogar drei bis vier Mal. Mit der
Städtischen Herberge, dem Alexihaus
(im Integrativen Sozialhaus) und anderen Institutionen (etwa Teestube) werden in Innsbruck jedenfalls „Anlaufstellen" angeboten, „mit denen wir zwar
nicht 100 Prozent der auf der Straße
Stehenden erreichen, aber trotzdem in
den meisten Fällen Hilfe und Unterkunft
anbieten können", so der Leiter der
Städtischen Herberge.
Die starke Fluktuation in der Städtischen Herberge hat auch einen positi-

ven Aspekt: Der rege Wechsel beweist,
daß die Herberge nicht ein stationäres
Ghetto für Obdachlose geworden ist.
Viele der Herberge-Bewohner ziehen
aus, weil sie wieder Fuß fassen konnten und den Weg zurück ins normale
(Arbeits)leben gefunden haben.
Eher „stationär" präsentiert sich die
Situation im Alexihaus in der Dreiheiligenstraße. „Wir haben es als niederschwelligere Einrichtung vorwiegend
mit Langzeitaufenthalten zu tun", so Alexihausleiter Ing. Bruno Sporschill,
„wenn wir auch mit Arbeitsprojekten im
eigenen Haus einige Leute ans Arbeitsleben wieder heranführen wollen.
„Die 58 Plätze sind derzeit praktisch voll
ausgelastet (darunter vier Frauen). Mit
den zwei Wohnungen im Abbruchhaus
am Innrain (gegenüber dem Kaysergarten) kann im Notfall die Kapazität
aufgestockt werden. „In Innsbruck
müßte eigentlich niemand auf der
Straße stehen", ist auch Sozialexperte
Sporschill überzeugt: „Einzelgänger allerdings lassen sich nicht integrieren
und nehmen unser Angebot aus physischen oder meistens psychischen
Gründen nicht an." (A. G.)

INNSBRUCK INFORMIERT-APRIL 1999