Innsbruck Informiert

Jg.1996

/ Nr.8

- S.45

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INNSBR
150 Jahre Karmeliterinnenkloster
in Innsbruck (1846 - 1996)
Im Mai dieses Jahres konnte das Innsbrucker Kloster der Karmeliterinnen das
Jubiläum seines 150 -jährigen Bestandes feiern. Nach der Aufhebung der
kontemplativen bzw. beschaulichen Ordensklöster in den österreichischen
Ländern durch Kaiser Joseph II. im Jahre 1 782, welcher Maßnahme in unserer Stadt vorübergehend die Kapuziner
und die Franziskaner sowie - jedoch auf
Dauer - die Servitinnen zum Opfer gefallen sind, bedeutete die Gründung
des Innsbrucker Karmels die erste - seit
1826 grundsätzlich wieder gestattete Neuansiedlung eines kontemplativen
Ordens daselbst. Die Initiative zu dieser
von der öffentlichen Hand in keiner Weise subventionierten Klostergründung
ging vom Innsbrucker Privatmann und
Lithographen Johann Nepomuk Kravogl
und seiner Gattin Theresia aus, die zu
diesem Zwecke einerseits im Jahre
1844 um 12.000 Gulden das sogenannte „Meminger Schlößl" an der
Adamgasse in Wüten - von 1634 bis
1 794 im Besitz des Klosters Neustift
bei Brixen - angekauft und andererseits
sowohl bei der weltlichen als auch bei
der geistlichen Obrigkeit um die Genehmigung ihres frommen Stiftungsprojektes angesucht haben. Nach Kravogls Meinung war dasselbe „ein Bedürfnis der Zeit", ein Kontrapunkt zum
Liberalismus; - „es ist" - so Kravog!
wörtlich - „ein Werk, das zur höheren
Ehre Gottes gereicht."
Selbstverständlich stieß das Unternehmen durchaus nicht auf ungeteilte
Zustimmung. Prinzipiell dagegen war
eine zahlenmäßig eher kleine Gruppe
von Intellektuell-Liberalen, welche sogar „Pasquillen" (Schmähschriften) dagegen verbreitet haben. Auch bei der
noch immer spät-josephinistisch eingestellten Beamtenschaft des Landgerichtes Wüten und des Kreisamtes
Schwaz, die dafür zuständig waren, hatte man für ein kontemplatives Ordenshaus wenig Verständnis. Die neuerliche
Berufung der 1773 ausgeladenen Jesuiten für den Bildungsbereich sowie
die Heranziehung der Barmherzigen
Schwestern zur Dienstleistung im
Stadtspital wenige Jahre zuvor hinge-

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gen war durchaus im Sinne der Innsbrucker Behörden ! Die Gesellschaft
Jesu mußte allerdings im Revolutionsjahre 1848 doch noch einmal, jedoch
nur für wenige Jahre dem Druck einer
breiten öffentlichen Meinung weichen.
Von Stadtarchivdirektor SR.Univ.Doz. Dr. Franz - Heinz Hye
Für den historischen Laien eher überraschend dürfte es sein, daß auch die
Mehrheit der Chorherren des Stiftes
Wüten der Gründung des neuen Klosters in Wüten ablehnend gegenüber
stand, was jedoch weder religiöse noch
seelsorgliche sondern primär finanzielle Argumente zur Ursache hatte, da man
einen Rückgang der Spenden an das
Stift befürchtete. Dies zeigte sich deutlich im Hinweis auf ein „ urkundliches
Privileg König Heinrichs von 1328, in
dessen Folge im ganzen Bezirke von
Wüten keine Kapelle, Spital oder Oratorium und umsowenigerein neues Kloster ohne Einwilligung des Stiftes errichtet werden darf." - Der Anlaß für
diese Regelung im Jahre 1328 war die
Gründung des Innsbrucker Stadtspitals
mit hl.Geistkirche im Jahre 1307 sowie
nach jahrelangem Streit die damals getroffene Regelung,daß ein Teil der
Spenden für das Spital und die Spitalskirche dem Stifte zuzufließen haben.
- Die Oberhand im Kloster behielt aber
nicht diese Gruppe wirtschaftsbeflissener Chorherren, sondern ihr Abt Alois
Röggl, der der Ansiedlung der Karmeliterinnen von Anfang an uneingeschränkt positiv gegenüber stand und
sie nach Kräften förderte. Dies zeigte
sich bereits 1844 in seinem dem
bischöflichen Ordinariat zugefertigten
Gutachten zum Kravogl"schen Projekt,
desgleichen bei der herzlichen Begrüßung der ersten vom Karmel in Prag
nach Innsbruck angereisten Schwestern sowie bei der Weihe des Grundsteines (1847 ) und bei der Weihe von
Kirche und Kloster ein Jahr später. - Damals, am I.März 1847, haben die
Schwestern dem Stift Wüten einen Revers darüber ausgestellt, daß der von ihnen an das Neustifter- oder Meminger
Schlößchen angebaute Neubau „nebst

Kapelle .... zur Verhütung jeder Beeinträchtigung des pfarrlichen Gottesdienstes an Sonn- und Festtagen in der
Regel geschlossen bleibe und nur ausnahmsweise mit Vorwissen und Genehmigung des jeweiligen Herrn Ortspfarrers dem Publikum geöffnet werde"
( Orig. im Stiftsarchiv Wüten ). Waren somit auch für die bauliche
Realisierung der Klostergründung alle
Hürden genommen, so folgte bald nach
deren Fertigstellung eine neuerliche existenzielle Gefährdung des neuen Klosters infolge totaler Überschuldung.
Daß dieses Problem gelöst werden und
das Kloster überleben konnte, war allein der selbstlosen Hilfsbereitschaft
des Grafen Clemens von Brandis zu
verdanken, der - obgleich er selbst im
Jahre 1848 als Landeshauptmann und
Gouverneur dem politischen Druck weichen mußte - im September 1849 mittels seines Privatvermögens die gesamte Klosterliegenschaft mit allen darauf haftenden Schulden angekauft und
in der Folge begonnen hat die Schulden
abzuzahlen. Selbst im Jahre 1863 im
fernen Schleinitz in der Steiermark verstorben, trat auch noch sein Sohn Anton in diese belastenden Fußstapfen
und konnte das Kloster einige Jahre
später völlig schuldenfrei wiederum
dem Orden übergeben bzw. schenken.
Damals noch in Entsprechung zur Ordensregel abseits des geschäftigen Lebens der Stadt beinahe im Grünen gelegen, sorgten der Bau der Eisenbahnen über Brenner und Arlberg ( 1864 1884 ) sowie die rasante Siedlungsentwicklung der Stadt, der das in Wüten gelegene Kloster, seit der Eingemeindung im Jahre 1904 zugehört,
dafür, daß die Hektik der Welt unmittelbar an die Klostermauern brandet.
Während der durch einen Bombentreffer am 20.April 1945 verursachte große
Schaden durch den vollen, auch manuellen Einsatz der Schwestern relativ
bald behoben werden konnte, sind die
in den letzten Jahren in der unmittelbaren Nachbarschaft erbauten, notwendigerweise mehrstöckigen Wohnhäuser dem Kloster im wahrsten Sinne des
Wortes über den Kopf gewachsen.

INNSBRUCK INFORMIERT - JULI/AUGUST 1996