Innsbruck Informiert
Jg.2025
/ Nr.5
- S.22
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Stadtgeschichte
Zwei Freunde und Alpengeologen
Vor 150 Jahren kamen Otto Ampferer und Wilhelm Hammer zur Welt. Die
zwei Aufnahmegeologen kartierten nahezu die gesamte Tiroler Bergwelt und
lieferten mit ihren exakten Karten neue Einblicke in die Geologie der Alpen.
Geologische Karte
südlichen Theiles des Karwendel-Gebirges.
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Jahrbach der k. k. geologischen Reicheanstalt, Band XLVIH, 1898.
Die Beschreibung des geologischen Aufbaus des südlichen Karwendels samt geologischer Karte war 1899 die preisgekrönte, gemeinsame Dissertation
von Otto Ampferer und Wilhelm Hammer. Sie bildete den Startschuss für ihre Karriere als Aufnahmegeologen.
A
n der Universität Innsbruck war alles angerichtet am 7. Juli 1924. Die
Festgäste hatten sich im Hörsaal
des Geologischen Instituts versammelt,
an dessen Wänden prächtige geologische
Karten hingen. Vorne am Tisch stapelten sich Hefte und Bücher, zwei Blumensträuße sorgten für feierlichen Schmuck.
Almrosen waren es, einmal Bewimperte
(Rhododendron hirsutum), einmal Rostblättrige (Rhododendron ferrugineum).
Erstere wachsen in den Kalkalpen, zweitere in den Zentralalpen, ein botanischer
Hinweis auf die geologischen Einsatzgebiete der zwei Jubilare. Geehrt wurden
Otto Ampferer und Wilhelm Hammer, deren gemeinsame Dissertation 25 Jahre zu-
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INNSBRUCK INFORMIERT
rücklag. Nicht die einzige Gemeinsamkeit
der zwei Geologen, deren Geburtstag sich
heuer zum 150. Mal jährt.
Start im Karwendel
Ampferer erblickte am 1. Dezember 1875
in Hötting das Licht der Welt, Hammer
wurde am 13. November 1875 in Feldkirch geboren. Dessen Vater Eduard
Hammer, aus einer Tiroler Familie stammend, war 1874 zum Landesgerichtsrat in
Feldkirch ernannt worden, ehe er 1882 mit
seiner Familie nach Innsbruck zurückkehrte. Ampferer und Hammer lernten sich im
Gymnasium kennen, wo Ampferers – und
wohl auch Hammers – Liebe zur Geologie durch ihren Lehrer Johann Schuler ge-
weckt wurde. Jedenfalls begannen beide
ein Studium an der Universität Innsbruck,
konzentrierten sich auf Geologie und wurden bald mit der geologischen Neuaufnahme des Karwendels beauftragt – was
ihr zukünftiges Leben bestimmen sollte.
1896/97 stellte die Universität eine Schilderung des geologischen Aufbaus des
südlichen Karwendels inklusiver geologischer Karte im Maßstab 1:25.000 als Preisaufgabe. Den Preis von 300 Gulden (heutige Kaufkraft rund 5.200 Euro) sicherten
sich Ampferer und Hammer. 1898 wurde
ihre Arbeit im Jahrbuch der k. k. Geologischen Reichsanstalt veröffentlicht, ein
Jahr später bildete sie die Grundlage ihrer
gemeinsamen Dissertation und ebnete ih-
© SINV. NR. GA K3/BOX2, GEOLOGISCHES ARCHIV, INSTITUT FÜR GEOLOGIE, UNIV. WIEN
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© GEOSPHERE AUSTRIA (HTTPS://OPAC.GEOLOGIE.AC.AT/AIS312/DOKUMENTE/K%20III%201187.PDF)
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Tafel V m .
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Der Innsbrucker Alpinist und Geologe Otto Ampferer
(1875-1947) kartierte die Tiroler Kalkalpen, als Wissenschaftler legte er den Grundstein für das spätere Modell
der Plattentektonik.
nen den Weg nach Wien, wo sie 1901 ihren
Dienst in der Geologischen Reichsanstalt
antraten.
Ampferer begann, ausgehend vom Karwendel, die Nördlichen Kalkalpen nach
Westen und Osten zu kartieren und
schließlich den gesamten Tiroler und Vorarlberger Abschnitt neu aufzunehmen,
teilweise in Form geologischer Spezialkarten im Maßstab 1:25.000. Hammer
konzentrierte sich auf die Zentralalpen,
kartierte vor allem südlich des Brenners,
nach 1918 nördlich davon in den Ötztaler,
Stubaier und Kitzbüheler Alpen. Für diese
Arbeit verbrachten Ampferer und Hammer
unzählige Wochen, ja Monate in den Bergen – und das allein.
Begeisterte Bergsteiger
Das Rüstzeug dazu brachten sie als ausgezeichnete Bergsteiger mit. Ampferer er-
kundete schon als Zehnjähriger die Berge
rund um Innsbruck, mit zwölf kletterte er
über den Südgrat aufs Brandjoch. Schon in
der Schulzeit dürfte Hammer dazugestoßen sein, aus ihrer Studienzeit sind zahlreiche Erstbesteigungen dokumentiert,
manche gemeinsam, andere mit Innsbrucker Bergsteigern wie Otto Melzer, Karl
Berger oder Heinrich von Ficker. Die aufsehenerregendste Tour war jene auf den
Campanile Basso (auch Guglia di Brenta)
im Jahr 1899. Die steil aufragende Felsnadel in der Brentagruppe galt als unbesteigbar, ehe Ampferer, Hammer, Berger und
Melzer den Aufstieg wagten. Am ersten Tag
verletzte sich Melzer am Fuße der Wand,
Hammer blieb bei ihm zurück, Ampferer
und Berger scheiterten im Endstück der
Wand. Der zweite Versuch von Ampferer
und Berger war erfolgreich – am 18. August 1899 feierten sie die Erstbesteigung.
Es war eine der letzten rein alpinistischen
Touren von Ampferer und Hammer, die
späteren, darunter auch viele Erstbegehungen, erfolgten im Zuge ihrer Arbeit,
wenn sie mit Geologenhammer, Kompass,
Stift und Papier unwegsames Gelände kartierten. Ihre geologischen Aufnahmen lieferten nicht nur Erkenntnisse über den
Aufbau der Alpen, sondern bildeten auch
die Basis für alpine Bauten wie Kraftwerke, Stollen und Tunnel.
Ampferer und Hammer blieben der Geologischen Reichsanstalt ihr Leben lang
verbunden. Hammer war von 1924 bis
1935 ihr Direktor, Ampferer bis 1937 sein
Nachfolger. Während Hammer durchaus
die Welt bereiste – er nahm u. a. an Kongressen in Mexiko, den USA und Südafrika teil –, verließ Ampferer Österreich nur
selten. Auch publizierte er seine über 400
wissenschaftlichen Aufsätze auf Deutsch,
mit ein Grund, dass seine Arbeiten im
Ausland wenig beachtet wurden. So auch
jene „Gedanken über das Bewegungsbild des atlantischen Raumes“, erschienen 1941, mit denen er, ausgehend von
seiner Unterströmungstheorie, das Konzept der Plattentektonik vorwegnahm,
das erst in den 1960er-Jahren allgemein
anerkannt wurde. In Innsbruck, Wien und
Graz sind auch deshalb Straßen, in der
Antarktis ein Berg nach dem 1947 verstorbenen Ampferer benannt, die Österreichische Geologische Gesellschaft verleiht seit 1983 den Otto-Ampferer-Preis.
Der 1942 verstorbene Hammer hingegen
ist in Vergessenheit geraten. Bis heute
geblieben sind ihre geologischen Karten,
wurden doch viele der von ihnen im Alleingang erschlossenen Gebiete seither
nicht neu kartiert.
© PRIVAT
von Andreas Hauser
Die zentrale Arbeit von Wilhelm Hammer (1875-1942)
war die geologische Erforschung und Neuaufnahme der
Tiroler Zentralalpen, von 1924 bis 1935 war er Direktor
der Geologischen Bundesanstalt.
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