Innsbruck Informiert

Jg.2024

/ Nr.3

- S.22

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Stadtgeschichte

Eine Innsbrucker Künstlerin
und ihre Tagebuchsammlung

von Claudia Frick

Zwei Seiten aus Trude Löfflers Tagebuch (29. April–8. Mai 1955).

© CLAUDIA FRICK

te diese im Dezember 1991 mit 82 Jahren.
Die Einträge, die beinahe ein ganzes Jahrhundert umfassen, führte Trude Löffler
außerordentlich konsequent, erstaunlich
regelmäßig und vor allen Dingen über Jahrzehnte hindurch. Jeder einzelne Tag wird
mit Wochentag und Datum aufgezählt und
dabei der jeweilige Tagesablauf streng gegliedert beschrieben. Ihre Aufzeichnungen spiegeln ein Innsbrucker Frauenleben
und ihr künstlerisches Engagement im
20. Jahrhundert wider, das geprägt ist von
den unterschiedlichen politischen und gesellschaftlichen Einflüssen dieser Zeit.

Die Tagebuchsammlung von Trude Löffler umfasst die Jahre 1925 bis 1991.

D

ie Entwicklungsgeschichte des Tagebuchschreibens geht bis in die
Antike zurück. Schriftgelehrte,
Geistliche und Kaufleute dokumentierten sachlich öffentliche Ereignisse, Wetterverhältnisse oder Marktpreise, bis zu
Beginn der Neuzeit in diese Aufzeichnungen auch persönliche Gefühle und Erlebnisse miteinflossen. Durch das verbesserte Bildungssystem und erschwinglichere
Schreibmaterialien wurde es Anfang des
20. Jahrhunderts auch in den heimischen
Sphären modern, den Alltag zu verschriftlichen. Insbesondere innerhalb der bür-

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INNSBRUCK INFORMIERT

© STADTARCHIV INNSBRUCK

Tagebücher geben Aufschluss über die schreibende Person und deren
Alltagsleben. Auf außergewöhnliche Art und Weise hat Trude Löffler ihre
Tagebücher über Jahrzehnte geführt. Ihre täglichen Aufzeichnungen
berichten von einem Innsbrucker Frauenleben im 20. Jahrhundert und
rufen eine beinahe vergessene Tiroler Künstlerin in Erinnerung.

gerlichen Familien entwickelten sich die
Tagebücher zu einem beliebten Geschenk
für die heranwachsenden Töchter, die darin ihre Gedanken und Tagesabläufe niederschreiben sollten.

Trude Löfflers Tagebuchsammlung
und ihre Besonderheiten
Auch die Innsbruckerin Trude Löffler
(1909–2006) führte Tagebuch - oder besser gesagt Tagebücher, denn ihre Tagebuchsammlung umfasst 18 Bücher. Sie
begann sechzehnjährig im Oktober 1925
mit ihren Aufzeichnungen und beende-

Wer war Trude Löffler?
Gertrude (Trude) Maria Müller, verehelichte Löffler, kam am 19. August 1909
in Innsbruck als erstes von zwei Kindern
des Ehepaars Felix und Regina Müller zur
Welt. Trude wuchs in privilegierten Verhältnissen auf und konnte eine höhere
Schule besuchen, welche sie mit der Reifeprüfung abschloss. Am 20. September
1930 heiratete sie den um 16 Jahre älteren
Facharzt für Urologie Dr. Leopold Löffler,
den Trude in ihren Tagebüchern Poldi
nannte. Aus dieser Ehe gingen die drei
Söhne Reinhold, Gerhard und „Nachzügler“ Martin hervor. Beim ersten Luftangriff
auf Innsbruck durch die Alliierten im Dezember 1943 wurde Trudes Wohnung ausgebombt und bis zum Kriegsende musste
sie mit ihren Kindern in Steinach am Bren-

ner wohnen. Im April 1946 kehrte Leopold
aus der Kriegsgefangenschaft zurück
und nahm seine Tätigkeit als Urologe in
Innsbruck wieder auf. Fortan führte Trude
ein für damalige Verhältnisse und ihre soziale Stellung als Arztgattin „typisches“ Frauenleben in Tirol, kümmerte sich um Haushalt und Familie, ging gesellschaftlichen
Verpflichtungen nach und besuchte als
gläubige Christin regelmäßig die katholische Messe. Doch verschaffte sie sich auch
Freiraum für ihre eigenen Hobbys und Interessen wie Skifahren, Reisen und Kunst.

Verstrickt in die Tiroler Kunstszene
Trude Löfflers Leben war stark geprägt von
ihrer Leidenschaft für die Kunst. Bereits in
den frühen 1950er-Jahren reiste sie nach
Florenz, Rom, Neapel und Paris, um sich
dort berühmte Bauten und Kunstwerke
anzusehen. Auch selbst betätigte sie sich
jahrelang als Künstlerin. Schon als junges Mädchen vermerkte sie in ihrem Tagebuch akribisch, wo und wann sie gemalt
hatte. Ihre regelmäßigen Aufenthalte in
Kitzbühel, wo die Familie Löffler ein Anwesen besaß, brachten sie mit dem dort
lebenden Künstler Alfons Walde und dessen Freundeskreis zusammen. Auch mit
Hilde Goldschmidt, eine nach dem Zweiten Weltkrieg in Kitzbühel lebende bekannte Malerin, war Trude eng verbunden. Zahlreiche Besuche in Goldschmidts
Atelier sind im Tagebuch vermerkt, eben-

so wie Zeichen- und Malkurse, die sie bei
der Künstlerin belegte. Trude Löffler arbeitete in den Techniken Aquarell, Pastell,
Kohle und Öl und stellte ihre Werke zwischen 1972 und 1990 mehrmals aus. Große öffentliche Aufmerksamkeit erhielt die
Ausstellung „Skizzen aus Südtirol“ in der
Galerie Am Dom im Jahre 1974, wo Trude
Landschaftsmotive präsentierte, von denen sie auf ihren vielen Italienreisen inspiriert worden war. Den Höhepunkt dazu
stellte ein Radiointerview, ausgestrahlt
am 16. Februar 1974, mit dem Leiter der
ORF-Kulturabteilung Dr. Theo Braunegger
und Trude dar. Auch im Tiroler Unterland,
in Rattenberg und Kitzbühel, präsentierte sie ihre Kunst. Unter dem Titel „Ölbilder,
Aquarelle und Zeichnungen“ fand im Jahr
1978 eine Ausstellung im Kurhaus Kitzbühel statt.

Trude Löffler, Titel: Blumenvase Stillleben,
ohne Jahresangabe.

Dass Trude Löffler keine Unbekannte in der Tiroler Kunstszene war, bestätigt auch der Eintrag in der Publikation
„Künstlerinnen in Tirol. Ein Handbuch
für Interessierte“, die im Jahre 1994 erschien. Darin beschreibt die Künstlerin
ihre Arbeiten als „realistisch, der Natur
nachempfunden“. Im Laufe ihres Lebens
schuf Trude Löffler über 500 Kunstwerke - vor allem Landschafts- und Blumenbilder. Leider ist nicht dokumentiert, wo
sich Trude Löfflers Bilder heute befinden.
Zumindest ein Bild wird im Stadtarchiv
Innsbruck aufbewahrt.

www.schuelerhilfe.at
Die Nachhilfe / 7x in Tirol
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