Innsbruck Informiert
Jg.2023
/ Nr.10
- S.42
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Stadtgeschichte
Von der Idee zur Realität
Die Städtepartnerschaft zwischen Innsbruck und Freiburg
von Joachim Bürgschwentner
N
ach dem Zweiten Weltkrieg boomten Städtepartnerschaften. Die
Stadt Innsbruck blieb zunächst zurückhaltend, bis sie 1963 ihre erste Partnerschaft einging.
Von der Idee …
„Für das Haus eines künftigen einigen
Europa sollen Partnerstädte festgefügte Bausteine von bleibender Tragfähigkeit bedeuten“, formulierte Bürgermeister Alois Lugger (1912–2005) in seiner
Eröffnungsrede zur Innsbrucker Partnerschaftsfeier mit Freiburg und Grenoble am
6. Juli 1963. Dieses Haus Europa, das uns
60 Jahre später fast zur Selbstverständlichkeit geworden ist, steckte damals noch
in seinen Kinderschuhen. Die ersten europäischen Verträge, aus denen später die
Europäische Union hervorgehen sollte,
waren gerade einmal einige Jahre alt.
Parallel dazu gab es lokale Ansätze, um
die Gräben der Weltkriege zu überbrücken: in den ersten Jahren nach Kriegsende schlossen deutsche Gemeinden und
Städte Freundschaften unter anderem
mit französischen, britischen oder niederländischen Kommunen. Zur Förderung
grenzüberschreitender Zusammenarbeit
gründeten deutsche und französische
Bürgermeister 1951 den „Rat der Gemeinden Europas“. „Wenn ich mich mit einem
englischen oder deutschen Bürgermeister unterhalte, sehe ich, daß wir dieselben
Sorgen haben“, erklärte Édouard Herriot
(1872–1957), Bürgermeister von Lyon.
Partnerschaften zwischen Kommunen
schien ihm deshalb als ideales Mittel für
die zwischenmenschliche Annäherung.
„In den Gemeinden begegnen sich Menschen am natürlichsten.“ In den 1950erJahren folgte ein Boom an kommunalen
Partnerschaften. Die österreichischen Gemeinden und Städte zeigten sich dabei zunächst eher zurückhaltend. Innsbruck war
hier keine Ausnahme: obwohl die Stadtregierung zahlreiche Anfragen erhielt, ging
sie darauf nicht ein.
… über die Planung
Der Frühling 1961 markiert eine Wende
in Innsbrucks Zugang zur länderübergreifenden Zusammenarbeit. Damals trafen
Partnerschaftsanfragen aus Grenoble und
Freiburg ein – und der Stadtrat beschloss,
dass nun auch Innsbruck solche Verbin-
© STADTARCHIV/STADTMUSEUM/RICHARD FRISCHAUF (2)
Alois Lugger unterzeichnet am 6. Juli
1963 die Partnerschaftsurkunde mit
Freiburg
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INNSBRUCK INFORMIERT
dungen unterhalten sollte. Von der Idee
zur Partnerschaft vergingen über zwei
Jahre, in denen zahlreiche Briefe zwischen
Innsbruck und Freiburg gewechselt wurden. Bei einem ersten persönlichen Kennenlernen in Innsbruck im Juli 1962 wurden die Rahmenbedingungen geklärt; bei
einem zweiten Treffen in Freiburg im Februar 1963 die Details und der Zeitplan der
Verpartnerung fixiert. Erklärtes Ziel war es,
dass die Partnerschaft nicht nur auf Papier
bestünde oder sich auf die Stadtverwaltung beschränkte, sondern dass die Bevölkerung eingebunden werden sollte. Zur
Vorbereitung übersandte der Freiburger
Erste Bürgermeister Fritz Schieler (1899–
1970) im Herbst 1962 unter anderem ein
Adressbuch nach Innsbruck, um zu erleichtern „daß dieser oder jener Verein in
Innsbruck mit Organisationen gleicher Bestrebungen in Freiburg Verbindung aufnimmt.“ Bereits während der Anbahnung
der Partnerschaft entstanden verschiedene Ideen zum Austausch auf den Gebieten
der Wissenschaft, des Sports, der Kunst
und der Musik. Im Jänner und März 1963
gaben der Freiburger bzw. Innsbrucker
Gemeinderat ihre Zustimmung zur Partnerschaft, deren Besiegelung nun nichts
mehr im Wege stand.
… zur Realität
Wie auch bei anderen Städtepartnerschaften üblich, erfolgte der Abschluss in zwei
Schritten: einer Feier im Mai 1963 in Freiburg und einer in Innsbruck im Juli 1963.
Die Akten über diese Planungen zeigen
übrigens die damalige gesellschaftliche
Rollenverteilung sehr klar auf. In einem
Entwurf für die 66-Personen umfassende Innsbrucker Delegation nach Freiburg
finden sich lediglich zwei Frauen (beides
Gemeinderätinnen). Die Freiburger Abord-