Innsbruck Informiert

Jg.2010

/ Nr.4

- S.45

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STADTGESCHICHTE
Von Bauer & Schwarz zum neuen Kaufhaus Tyrol
Die starke Zunahme des Bevölkerungswachstums in Innsbruck von 25.000 auf über 65.000 Einwohnerinnen zwischen 1870 und 1910 schuf die Nachfrage nach einem Warenhaus mit billigen Massenartikeln in großer Auswahl.
Josef Bauer und Victor Schwarz aus
Mattersburg bzw. Osijek hatten in Wien reiche Erfahrungen mit neuen Methoden der Warenverteilung im Handel gemacht und brachten diese ab den 1860er Jahren
Für das StadtarchiviStadtmuseum von Univ.-Doz. Dr. Horst Schreiber
nach Innsbruck. Innovativ und risikobereit arbeiteten sie als Markffahrer und Vertreter an ihrem sozialen Aufstieg. Die beiden jüdischen Kaufmannsfamilien bündelten ihre Kräfte, indem sie untereinander heirateten. Am 16. März 1908 eröffneten sie das Warenhaus Bauer & Schwarz in der Maria-Theresien-Straße
33 und 35. Die neue Art der Warenpräsentation und die Fülle des Angebots ließen die Tirolerinnen staunen. In der glasüberdeckten Innenhalle, die natürliches Tageslicht einströmen ließ, befand sich ein kleiner Springbrunnen. Darüber hinaus trugen auch Erholungsräume wie Lese- und Schreibzimmer sowie ein
Buffet zum Konzept des Erlebniseinkaufs bei. Die Ladenfront aus Glas, die bis auf das Niveau des Gehsteigs reichte, sorgte für eine in Innsbruck ungewohnte Form der Wareninszenierung. Die künstliche Beleuchtung des Warenhauses nach auBen war ebenso neuartig wie der Einbau einer Zentralheizung und
die vorherrschenden Baumaterialien aus Glas, Stahl und Beton.
Der mittelständische Andsemitismus gegen jüdische Kaufleute in Innsbruck wurde besonders durch katholisch-konservative Zeitungen wie der Tiroler Post verbreitet, in der etwa 1902 zu lesen war: „Die Macht Israels in Innsbruck. Unsere schöne Landeshauptstadt wird von Tag zu Tag knoblauchduftiger. (..)
Gewerbetreibende schließt euch zusammen und organisiert euch auf antisemitischer Grundlage.“ Zur ernsthaften Gefahr wurde er aber erst mit der Ns-Machtübernahme, als Bauer & Schwarz in den Konkurs getrieben wurden. Dememtsprechend spottbillig konnte
der Münchner Geschäftsmann Ferdinand Kraus das Warenhaus gemeinsam mit seiner Frau Maria „arisieren“. Er bedankte sich bei der Tiroler NSDAP mit exorbitant hohen Parteispenden.
Die Mitglieder der Familien Bauer und Schwarz wurden in der sogenannten „Reichskristallnacht“ allesamt überfallen, teils schwer verletzt oder, wie Wihelm Bauer, ermordet. Wem nicht die Flucht ins Ausland unter Zurücklassung allen Hab und Guts gelang, wurde an den Orten der Vernichtuing in Osteuropa
umgebracht. Nach dem Krieg mussten die ehemaligen fünf Gesellschafterinnen des Warenhauses 12 Jahre lang einen Prozess gegen Kraus und die Republik Osterreich führen. Da der Arisierer Kraus Deutscher war, deklarierte der österreichische Staat das Warenhaus als „Deutsches Eigentum“ und erhob
Anspruch darauf. Finanziell völlig erschöpft, mussten die enteigneten jüdischen Familien nicht zuletzt auch aufgrund ihres hohen Alters zwischen Mitte 60 und Mitte 80 Jahren — eine Gesellschafterin war bereits verstorben — 1959 einem
außergerichtlichen Vergleich zustimmen. Aus den 1.32 Milionen Schilling, die ihnen als Entschädigung zugesprochen wurde, mussten die Familien noch die enorm hohen Rechtsanwakskosten bestreiten. Das Ehepaar Kraus verkaufte fünf jahre später den ehemals jüdischen Besitz um 27.5 Millionen Schilling,
also das etwa
20-fache der Entschädigung. Als das Unternehmen 1966 erstmals unter dem Namen Kaufhaus Tyrol eröffnete, waren die Eigentümer nicht mehr Einheimische wie Bauer und Schwarz, sondern anonyme Kapitalgruppen, die sich mehrheitlich im Ausland befanden. In nächster Zeit soll eine Tafel im neuen
Kaufhaus Tyrol an das Warenhaus Bauer & Schwarz und seine Gründerfamilien erinnern.
De Stodtarchin zeichnete die wechselvolle Geschichte vom Kaufhaus Tyrol in einem neuen Buch noch. Das Buch „Von Bauer & Schwarz zum Kaufhaus Tyrof“ (Hig.
Horst Schreiber, 304 Seiten, 24,95 EUR) ist im StudienVerlag erschienen und im Stadtarchiv Stodtmuseum und im Buchhandel erhältlich. Bei
der Buchpräsentation am 2. März: die Autoren Honnes Schlosser und Mog.o Andrea Sommerauer, Archiweiter DDr. Lukos Morscher, Herausgeber Dr. Horst Schreiber, Univ.Prof. Dr. Esther Fritsch, StRin Dr. Potrizio Moser. (Foto: Studien Verlag)
Victor Schwarz, der Mitgründer des Worenhauses Bauer & Schworz, mit seiner Frau Rosa, Tochter von Josef Bauer, und ihren zehn Kindern, 1904.
INNSBRUCK INFORMIERT — APRIL 2010
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