Innsbruck Informiert

Jg.1995

/ Nr.1

- S.36

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Diese Ausgabe – 1995_Innsbruck_informiert_01
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INNSBR
Innsbruck und Meinhard II.:

Die Neustadt „kostete" den Verzicht auf
den Zoll für jährlich 80 Saumlasten Wein
Als der junge Graf Meinhard II. von
Görz-Tirol (ab 1271 von Tirol-Görz)
nach dem Tode seines gleichnamigen
Vaters (1258) gemeinsam mit seinem
jüngeren Bruder Albert III. die Regierung des Landes Tirol angetreten hat,
verfügte er - neben zahlreichen ländlichen Dorfgemeinden - lediglich über
eine Stadt und über zwei bereits stadtähnliche Marktgemeinden. Letztere
waren Meran und Hall. Die einzige
Von Stadtarchivdirektor SR
Univ.-Doz. Dr. Franz-Heinz Hye
Stadt hingegen war die von den Grafen von Andechs ab ca. 1165/70 gegründete und von diesen über den letzten Grafen von Tirol und den Grafen
Gebhard von Hirschberg an die Grafen von Görz-Tirol gelangte Stadt
Innsbruck.
Das Innsbrucker Stadtgebiet umfaßte damals den alten Markt Innsbruck
links des Inn, also den heutigen Stadtteil St. Nikolaus mit der Mariahilfstraße,
sowie rechts des Flusses die heutige
Altstadt mit dem Innrain.
Der Saggen östlich der Altstadt und
der Bereich der heutigen Maria-Theresien-Straße gehörten damals noch
zu Wüten und unterstanden dem Hofmarkgericht des dortigen Stiftes. Dessen ungeachtet erwuchs südlich

anschließend an die Altstadt schon
bald nach deren Errichtung (1180), in
Verlängerung der Herzog-FriedrichStraße, eine Vorstadt, genannt die
Neustadt, welche jedoch zu Wüten
gehörte.
Die Erwerbung dieser „nova civitas"
zur Vergrößerung seiner Stadt bildete
daher eines der politischen Ziele Meinhards, der seinerseits die Zoll-Hoheit
über eine Reihe von Zollstätten auf dem
Wege vom Etschtal über den Brenner
nach Wüten und Innsbruck inne hatte.
Eben über diese Route mußte aber andererseits das Stift Wüten seine im
Überetsch etc. produzierten Weine in
den häuslichen Keller transportieren
und verzollen, was alljährlich offenbar
nicht wenig gekostet hat, weshalb das
Stift hoffte, von Meinhard eine Zollbefreiung zu erlangen. Somit hatten beide Seiten allen Grund, einander ihre
wechselseitigen Wünsche zu unterbreiten.
Bei den darüber im Jahre 1281 geführten Verhandlungen kam man
schließlich überein, daß das Stift auf
seine Gerichtsherrschaft („judiciaria
potestas") über die Neustadt zu Gunsten des Landesfürsten zu verzichten
bereit sei, wenn dieser umgekehrt dem
Stift jährlich für 60 Pferde-Saumlasten
Wein volle Zollbefreiung gewähre.
Wohl als Ausdruck der Freude über

dieses Verhandlungsergebnis hat
Meinhard dann aus freien Stücken das
zollfreie Wein-Kontingent für das Kloster um weitere 20 Weinsaumlasten
auf jährlich insgesamt 80 erhöht.
Durch diesen nicht ganz alltäglichen
Tauschvertrag wurde die Grenze des
Stadtgerichtsbezirkes von Innsbruck
und damit dessen Stadtgebiet südwärts bis dorthin verschoben, wo noch
heute an der Ecke des Hotels zur Goldenen Krone, in der nördlichen Nachbarschaft der Triumphpforte, ein
Grenzstein von 174(5) daran erinnert,
daß hier bis zur Eingemeindung von
Wüten (1904) die Grenze zwischen
Innsbruck und Wüten verlaufen ist, wobei das Stadtwappen für das Stadtgericht, das Stiftswappen hingegen für
das klösterliche Hofmarkgericht steht.
Die ostseitige Grenze der Neustadt bildete fortan bis ins 19. Jahrhundert ungefähr in der Länge der heutigen Maria-Theresien-Straße der ehemalige
Sillkanal, während die Westgrenze der
Neustadt gegen die Wiltener Felder bis
1878 unmittelbar hinter den Hausgärten der westlichen Häuserzeile dieser
Straße verlief.
Wenn wir uns abschließend vergegenwärtigen, wie Innsbruck zu seiner
im nördlichen Teil bis hinauf zum Alten
Landhaus grundrißmäßig zweifellos bereits im 13. Jahrhundert angelegten
Prachtstraße gekommen ist,
dann haben auch wir Innsbrucker allen Grund, in seinem
700. Todesjahr Meinhards II. zu
gedenken (wie dies auch die
Landesausstellung tut, die unter dem Motto „Eines Fürsten
Traum" noch bis Ende Oktober
läuft). Meinhard II. war allerdings alles eher als ein Träumer...
Blick in den südlichen Teil
der Maria-Theresien-Straße
bzw. „Innsbrucker Neustadt", welche 1281 durch
Meinhard II. für Innsbruck
erworben werden konnte.
(Foto: Doz. Hye)

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INNSBRUCK INFORMIERT - SEPTEMBER 1995