Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1938

/ Nr.3

- S.12

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12
Von öer Htraßenreinigung im
. Iahrhunöert
Dr. K a r l S c h a d e l b a u e r
Da sich im Winter und zur Zeit der Schneeschmelze die Aufmerksamkeit der Einwohnerschaft gerne dem Zustande der Straßen
und deren Säuberung zuwendet, sei aus dem diesbezüglichen Abschnitte der Etadtgeschichte einmal einiges über die Straßenreinigung im vergangenen Jahrhundert mitgeteilt.
Am 27. Februar 1806 erließ der Gouverneur Carl Graf von
Arco eine Verordnung über die Etraßenfäuberung, in der er eingangs an die bestehende Ordnung vom 16. März 1787 erinnert,
laut welcher „gewöhnlich alle Wochen am Samstag und wenn
schlechtes Wetter einfallet auch unter der Woche, je nachdem es erforderlich ist, die Straßen durch die Dienstleute der Hauseigentümer und Inwohner gereinigt werden sollen". Die bisherige Erfahrung habe jedoch gezeigt, „daß die Straßen, wenn auch der
Morast noch so sehr überHand genommen hat, nicht eher gereinigt
worden sind, als bis durch die Viertelmeister von Haus zu Haus
die Ankündigung geschehen ist". — Für die Zukunft wird nunmehr angeordnet, daß „alle Samstag von früh morgens bis 4 Uhr
nachmittags von allen Häusern die Straße" gereinigt werden muß
und „der Unrat in den Kanal (Ritschen) geworfen werden soll".
Fällt unter der Woche schlechtes Wetter ein und wird dadurch eine
besondere Gassensäuberung notwendig, so wird sie von den Viertelmeistern angesagt werden. Die Kommerzial-Straße und die Straßen und Plätze neben den Hofgebäuden werden von den Züchtlingen gesäubert. Derjenige Hauseigentümer, vor dessen Haus die
Straße um 4 Uhr noch nicht gereinigt ist, wird durch die Polizeidirektion mit einer Strafe von 2—5 Gulden, je nach der Größe des
Hauses, belegt. Dann werden die Züchtlinge dieses Straßenstück
reinigen und die Strafhaus-Verwaltung erhält aus der erlegten
Strafe den Arbeitslohn. Der Rest des Strafgeldes wird der Armenkafsa übergeben.
Damit das Pflaster nicht verdorben wird, dürfen bei nassem
Wetter keine Besen, sondern nur hölzerne Scharren und Schaufeln
zur Säuberung verwendet werden.
Am 24. Dezember 1816 erließ der Polizeidirektor Alois Kübeck
eine ausführliche Polizeiverordnung, in der auch mehrfach von der
Straßenreinigung gesprochen wird. Nach Punkt 17 hat jeder Hauseigentümer dafür zu sorgen, daß „die Strecke Weges von 4 Schuhen" vor seinem Hause immer rein gehalten wird. Für die Reinigung der Hauptstraßen sorgt die Ortsobrigkeit. Kehricht darf nicht
auf die Gasse geschüttet werden, sondern muh in Butten oder
anderen Gefäßen gesammelt und mit diesen zu den wöchentlich
zweimal durch die Straßen fahrenden Sammelwagen getragen
werden.
Vor Häusern, „deren Dächer revarirt oder von welchen zur
Winterszeit der Schnee abgeschöpft und abgeworfen wird", war auf
der Gasse das vorgeschriebene Warnungszeichen aufzustellen. Das
Ausgießen und Auswerfen des Küchenunrates, des unreinen Wasfers oder des Blutes, des Kehrichts oder Mistes auf die Gassen,
Plätze oder Winkel war bei Strafe verboten. Zur Winterszeit hat
jeder Hauseigentümer dafür zu forgen, daß bei auftauendem Wetter das Eis vor seinem Hause aufgehauen, zusammen geputzt und
weggeschafft werde. Jede im Hause wohnende Partei hatte einen
Menschen für diese Arbeit zu stellen.
Nach Punkt 23 hatte jeder Hauseigentümer seine Dienstboten
sogleich zum Gassenkehren oder Eisaufhauen zu entsenden, sooft
außer der gewöhnlichen Gassenreinigung eine solche anbefohlen
wird. „Wenn Glatteis einfällt, ist auf das gegebene Zeichen vor
den Häusern dxr Fußweg zu bestreuen." Wer sich gegen diese Anordnungen verging, wurde bestraft und die Reinigung auf seine
Kosten veranlaßt.
Besonders verboten wurde das Auswerfen toter Tiere. Auch das
Abladen der Kohle auf der Gasse war untersagt. Diese war in
Körben oder Butten aus dem Wagen in das Haus zu tragen.
I m Magistrats-Organisierungsentwurf vom Jahre 1817 wird zu
diesen Anordnungen noch bemerkt: „Zur Abführung des Gassenkotes, des Schnees und Eises sind gewöhnlicherweise Zwei Wägen
gedungen, welche wöchentlich zweimal diese Ausführung besorgen."
I n der Gemeinderatssitzung vom 27. November 1876 erfuhr die
Frage der Straßensäuberung eine eingehende Behandlung. Der
Bürgermeister Dr. Tschurtschentaler ging dabei von der Ordnung
vom Jahre 1807, vermutlich der eingangs besprochenen, aus. Diese
Ordnung war im Jahre 1862 neuerlich kundgemacht worden, wobei
festgesetzt wurde, „daß jene Trottoirs, welche von den Hausbesitzern nicht gereinigt wurden, durch Stadtarbeiter gereinigt werden, wofür die Hausbesitzer per Längen Klafter 5 kr. zu zahlen
hatten und überdies nach Umständen bestraft werden sollten". —
Da nunmehr die Polizei eine Republizierung dieser Verordnung

.Amtsblatt Nr. 3

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angeregt hat, man sich aber bezüglich der Kosten und Strafen noch
nicht einigen konnte, wurden Abstimmungen über die verschiedenen
Vorschläge notwendig. Zuerst hatte der Gemeinderat über die
strengste Auffassung, welche 10 kr. Kosten und 5 GI. Strafe, im
Wiederholungsfalle 10 Gl., beantragte, zu entscheiden. Dieser Antrag erhielt nur 3 Stimmen. Ein zweiter Antrag, der nur für
Wiederholungsfälle eine Strafe von 1—5 Gl. vorsah, erhielt 5
Stimmen. Die mildeste Auffassung, welche nur die Zahlung der
Reinigungskosten von 10 kr. für den Meter forderte, wurde fast
einstimmig angenommen.
Anschließend führte ein Gemeinderat bittere Klage darüber,
„daß durch die städtischen Bauorgane die Trottoirs vernachlässigt
werden und daß gerade in der Maria Theresienstraße am Ausgange der Postgasse (vermutlich neben dem Taxis-Palais) das
Trottoir wegen Kot und Nässe unpassierbar sei, ohne daß dasselbe
gereinigt werde". — Der Klageführer sei schon wiederholt gezwungen gewesen, die Reinigung durch die bei seinem Bau beschäftigten
Arbeiter vornehmen zu lassen. Der Bürgermeister wird ersucht, das
Bauamt zur Beseitigung solcher Uebelstände anzuhalten.
Bemerkenswert ist, daß gerade damals das Leipziger Maschinen-Geschäft Jacob und Becker der Stadt eine patentierte Straßenreinigungsmafchine anbot, die im Vergleich zur Handarbeit
einen Nutzen von 40—50"/» ergeben follie. Die Maschine war auch
für das in manchen Städten des Kontinents noch mangelhafte
Pflaster besonders stark gebaut und bereits in 30 deutschen Städten in Betrieb. (Akt I I , 298 von 1876.)
Knapp vor Schluß des Jahrhunderts kam die Frage der Etraßenreinigung mehrmals im Gemeinderat zur Sprache. Die Unzweckmäßigkeit der Säuberung während des Tages wurde erörtert, eine Abhilfe gegen die Staubplage gefordert und schließlich
die Ordnung über die Schneereinigung neu festgelegt. Der Gemeinderat Thurner beantragte über Vorschlag der Polizeisektion
die Erlassung einer Kundmachung, nach welcher die Reinigung der
Gehwege vom Schnee bis 8 Uhr früh, beziehungsweise 2 Uhr nachmittags und 6 Uhr abends zu geschehen hat. I n Uebertretungsfällen wird die Strafe von 1—5 Gl. und die Vornahme der Reinigung auf Kosten des Verpflichteten festgefetzt. Diefe Kundmachung
wurde genehmigt, ein Zusatzantrag, das Bestreuen der Gehwege
nach der Reinigung vom Schnee den Hausbesitzern aufzutragen und
diesen dazu von der Stadt den Sand beizustellen, wurde abgelehnt. (Ratsprotokoll von 1899.)