Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1937

/ Nr.4

- S.5

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Amtsblatt Nr. 4_
sind. Mögen auch in solchen Fallen oft Notlage, elende
Wohnverhältnisse mit großer Kinderzahl und nachteilige Milieuwirkung die Reinlichkeitserziehung erschweren, Momente, die auch in dem Zahlenmäßigen Bild der
Tabelle bei bezirksweisem Vergleiche zu ersehen sind, so
wird man doch mit Recht sagen dürfen, daß in manchen
Elternkreisen der Sinn für die Reinlichkeitspflege beinahe ganz fehlt oder wenigstens Gleichgültigkeit und
Verständnislosigkeit für die Bedeutung der Reinlichkeit
in der Gesundheitspflege bestehen. Diese kommen auch
in dem schroff ablehnenden Verhalten bei der Beantwortung der schriftlichen Verständigung gelegentlich
recht deutlich zum Ausdrucke. Nicht selten ist dem Einwände zu begegnen, daß die Kinder in der Schule sich
angesteckt hätten. Dagegen spricht die Erfahrung, daß
manche Kinder während der ganzen Schulzeit immer
wieder Nisse aufweisen, wogegen der Großteil davon
freibleibt; auch die schulärztlichen Beobachtungen in den
deutschen Städten haben zum gleichen Ergebnis geführt, daß nämlich eine Infektion in der Schule fast
nie vorkommt, sondern daß die Kinder das Ungeziefer
von zu Haufe mitbringen.
Kinder mit lebendem Ungeziefer und mit besonders
zahlreichen Nissen, wobei sich das Vorhandensein von
lebendem Ungeziefer nicht ausschließen läßt, werden
natürlich sofort vom Unterrichte bis zur Behebung ausgefchlossen. Solche Fälle erfordern manchmal sogar eine
Zuweisung an die Hautklinik oder an die städtische Desinfektionsanstalt, in anderen Fällen kann eine Behebung nur durch persönliche Vorsprache der Iugendvflegerinnen, die sich auch in der Bekämpfung der Unreinlichkeit fehr verdient machen, erreicht werden. Nifse
und Läufe lassen sich durch mechanische Reinigung mit
dem Stahlkamm „Nißka", den jede Schulleitung zum
fallweisen Ausleihen angeschafft hat, durch Beschicken
der Haare mit Cuvrex und durch kurzen Haarschnitt
am schnellsten beseitigen. Das Vorhandensein von Kleiderläusen ist heute kaum mehr zu beobachten. I n der
Schmutzbekämpfung werden die mit Ende des Schuljahres 1932/33 eingestellten Schulbrausebäder schwer
vermißt; mit Rücksicht auf den großen praktischen und
erzieherischen Wert derselben in der Reinlichkeitspflege
wäre die Wiederaufnahme der Schulbrausebäder dringend zu wünschen. Auch die Erweiterung des vorläufig
nur in der ersten Hauptschulklasse eingeführten obligatorischen Schwimmunterrichtes wäre in diesem Zusammenhang sehr zu begrüßen.
Sehstörungen
Unter den Veränderungen des Sehorganes finden sich
in erster Linie Sehstörungen in Form von Kurzsichtigkeit, Weitsichtigkeit und gemischter Sehschwäche. Akute
entzündliche Erkrankungen an den Augen kommen aus
eigenem Antriebe in Behandlung,chronischeBindehautKatarrhe, Lidrandentzündungen und auch Hornhautveränderungen geben öfters Anlaß zu einer Zuweifung für
augenärztliche Behandlung. Vsrletzungsfolgen in den
Augen, manchmal mit Erblindung eines Auges, finden
sich nicht häufig. Angeborenes Schielen erfordert frühzeitige ärztliche Behandlung, die operative Behebung
wird in der Regel nicht vor dem zehnten Lebensjahre
vorgenommen. Das Vorliegen von Kurzsichtigkeit wird
meistens schon von den Eltern und Lehrpersonen beobachtet. Die weitaus größere Zahl der Weitsichtigen entgeht der Beobachtung, weil sich bei der großen An-

passungsfähigkeit des jugendlichen Auges Beschwerden
nicht so leicht geltend machen; geht diese mit Schielstellung der Augen oder mit Beschwerden bei Naharbeit
einher, müssen ebenso wie bei den Kurzsichtigen geeignete Brillen beschafft und getragen werden. Höhergradige Sehstörungen, die bei einzelnen Fällen bis zu
minus 15 Dioptrien und darüber gehen, geben Anlaß,
die betreffenden Kinder zur Befreiung vom Zeichenund Handarbeitsunterricht zu beantragen. Bei der Befreiung vom Handarbeitsunterricht wird fchulärztlich
der Standpunkt eingenommen, daß der Handarbeitsunterricht für die weibliche Jugend ein äußerst wichtiger Gegenstand ist; daher wird in der Regel, wenn nicht
besonders hochgradige Sehstörungen bestehen, nur eine
Befreiung von feineren Handarbeiten (Schonung) beantragt. Bei einem Mädchen fand sich eine derart
schwere Sehstörung mit anderen Augenveränderungen,
daß die Ueberweisung in die Sonderklasse für Sehschwache, die nunmehr im neuen Blindenheim errichtet
ist, notwendig wurde. Die wenigen Zahlen in der Rubrik ( I, 2), die sich durchwegs auf neu festgestellte Sehstörungen oder auf Fälle mit veränderter Sehschärfe beziehen, bringen ebenso wie die in den großen Statistiken niedergelegten Beobachtungen zum Ausdruck, daß,
perzentuell berechnet, bei den Mädchen Sehstörungen
häufiger sind und daß eine Neigung zum Ansteigen gegen die oberen Klassen (Hauptschulen) besteht.
Ohren-, Nasen-, Rachenerkrankungen
Adenoide Wucherungen
Von den Erkrankungen der Ohren-, Nasen-, Rachenorgane I (3) sind ohne Spiegeluntersuchung meist nur
die Veränderungen am Rachen, wie insbesondere die
vergrößerten Gaumenmandeln nachzuweisen. Recht typische Beschwerden und Zeichen, Angaben im Fragebogen
oder Beobachtungen von Lehrpersonen ergeben genügende Anhaltspunkte, um das Vorliegen einer Nasen- oder Ohrenerkrankung Zu beurteilen und dieselbe
einer eingehenden Untersuchung zuführen zu können.
Bei den Ohrerkrankungen handelt es fich meist um
Schwerhörigkeit im Anschluß an eine Mittelohrentzündung, bei den Nasenveränderungen um krankhafte Vorgänge in den Schleimhäuten, um Polypen, um ein Abweichen im knöchernen Bau der Nase. Am häufigsten sind
Wucherungen der Rachenmandeln und die Vergrößerung
der Gaumenmandel (adenoide Wucherungen 1/4) festzustellen. Viele davon sind bereits operativ entfernt. Oft ist
die Frage zu beantworten, ob die vergrößerten Mandeln operativ entfernt werden sollen. Nach schulärztlichen Erfahrungen läßt sich sagen, daß viele vergrößerte Mandeln im Laufe der Zeit eine gute Rückbildung erfahren. Man kann daher häufig zuwarten und
beobachten. Weisen Mandeln, sowohl die Rachen- als
auch die Gaumenmandeln, eine derartige Vergrößerung
auf, daß der Luftstrom stark erschwert ist, oder der Nasen-Rachenraum gar eine Verlegung erfährt, alfo in
Fällen stark vergrößerter Mandeln, die kaum eine genügende Rückbildung mehr erfahren, oder haben auch
nicht stark vergrößerte Mandeln ein krankhaftes Ausfehen, die dann stark zerklüftet, oft Nifchen mit Eiterpröpfen aufweifen, fo ist die operative Beseitigung
durchwegs ratsam. Solche Fälle sind mit verschiedenen
Beschwerden verbunden. Die Kinder halten den Mund
mehr oder weniger offen, statt des Durchstreichens der
Luft durch die Nase geht der Luftstrom durch den Mund,