Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1947

/ Nr.4

- S.1

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Innsbruck
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Bakschisch odcr Gchalt
Von Magistratsdircktor Dr. Rudolf Mangutsch.
Die „Salzburger Nachrichten" unterrichteten am
l l . Februar 1917 die Leserschaft unter der Notiz „Beamte können Trinkgelder annehmen" von dem Urteil
eines Schöffensenates des Wiener ^andesgerichtcs, wonach drei Amtspersonen, die wegen Mißbrauches der
Amtsgewalt sich zu verantworten hatten, freigesprochen
worden seien. Der Frcisprucb sei damit begründet worden, daß die Annahme von (.^"schenken, die nach vollendeter "Amtshandlung gemacht wurden, bei der herrschenden Not verständlich erscheine. Vom schlecht entlohnten Angestellten könne man nicht immer den sittlichen Starkmut verlangen, angebotene Geschenke, vorzüglich Lebensmittel odcr Kleidungsstücke, zurückzuweisen. Soweit die Mitteilung der „Salzburger Nachrichten".
Die Tiroler Presse hat meines Wissens von diesem
Urteil keine Notiz genommen. Die Verbreitung der
„Salzburger Nachrichten" jedoch, besonders in I n n s brnck, zwingt, lnezn ganz eindentig Stellung zu
nehmen.
Es ist eine alte Erfahrungstatsache, dasi ein gerichtliches Strafurteil nur dann richtig verstanden werden
kann, wenn sowohl der strafbare Tatbestand, welcher
der Anklage zu Grunde gelegt wurde, als auch das Ergebnis des Beweisverfahrens, alle Erschwernngs- und
Mildernngsgründe, belannl geworden sind. Es del
Phantasie eines oft sensationslüsternen Publikums zu
überlassen, wclcbe Motive uud Mildernngsgründe allenfalls zn einem Freispruck führten, ist nickt nur ge
eiguet, die Öffentlichkeit einseitig nnd unvollständig,
also falscb, vom Protest zn informiere», sondern aucb
im lwcbsten Masie angelan, unnötige Slbliislfolgernngen daraus zu zielieu. Seit Jahrzehnten ist daher der
Wnnscb nach einer sachgemäsicn Bcriä"terstattnng aus
dem Gerichtssaal laut geworden.
Die Zeitungsnotiz „Beamte können Trinkgelder an
nelnnen" stellt ein Schulbeispiel einer GerichtssaalBerichterstattung dar, wie sie nicht sein darf.
Das gesnndc Empfinden der pflicbtbewnsiten Beamtenfcbaft bat lnefür niä"t nnr ein unglaubwürdige?

Kopffchüttclu, sie lehut vielmehr eine derartige Zumutung ganz entschieden ab. Auch die Bevölkerung
wird in dieser Frage gleichen Sinnes sein. Gleichgültig, ob es sich um Vcrwaltungsakte handelt, die
formellen Charakter haben, oder nach freier Veweiswürdigung zu entscheiden sind, in jedem Falle betrachtet man es als selbstverständlich, daß der Beamte als
Diener des ganzen Volkes seine Amtshandlung in
strenger Objektivität, uneigennützig uud unparteiisch
erledigt und dasi niemals andere Motive seine Entscheidung oder das Tempo derselben beeinflussen dürfen. Es mag dahingestellt bleiben, ob man den österreichischen Beamten die Schuld am hemmenden B ü r o kratismus mit Recht oder zn Unrecht vorwerfen kann.
Auf eiue Eigenschaft wurde aber seit jeher das größte
Gewicht gelegt und eifersüchtig darüber gewacht, nämlich auf den in allen Ländern bekannten guten Ruf
seiner Unbestechlichkeit.
Geschenkannahmc in offener oder versteckter Form
stellt nach dem österreichischen Strafrecht den Tatbestand
des Mißbrauches der Amtsgewalt dar und wird als
Verbrechen bestraft. I n seinem Diensteid beschwört
der Beamte ausdrücklich seine Verpflichtung zur Unbestechlichkeit. Aus dieser Dienstpflicht und der Tatsache
ihrer strengen Einhaltung darf der Beamte ancb mit
Fng nnd Recht die gleiche (^sinnung erwarten, wenn
er nicht der gebende, sondern der verlangende Teil ist.
M i t seinem Gchalt, der in den meisten Fällen gerade
ansreickt, den notwendigsten Vebenounlerlialt für sich
nnd seine Familie zn fristen, mnß er die Möglichkeit
baben, Veistungen von Geschäftsleuten nnd Handwerkern zn erreichen, ohne Zutaten znm Gestehnngspreis
zu bieten. Was man vom öffentlichen Angestellten als
lelbslversländlicb voranoseNt, möcble er auck im privale» Gescbaftsverkeln- eingehalten wissen, damit er nicht
»nil seinen beschränkten M i t t e l n schwer ins Hinter Für die Schwierigkeiten einer guten Besoldung hat
der österreichische Beamte auch in den größten Notzeiten immer Beweise des vollsten Verständnisses ge-