Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1947

/ Nr.2

- S.4

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Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck

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t i r o l schon Angriffe erfolgt waren, wiegte man sich
immer noch in Sicherheit nnd fast niemand lies; es
sich bei den vielen mittäglichen Alarmen nehmen,
trotzdem noch schnell in der Wohnung zu essen.
So traf der erstc Angriff am 15. Dezember 1i>13
einen Großteil der Bevölkerung unerwartet und unvorbereitet. Daraus erklärt sich auch die für die Anzahl der Treffer unverhältnismäßig große Zahl uon
251 Toten und rund 5l)0 Verwundeten, von denen
in den darauffolgenden Tagen noch eine Nelhe
starben, so daß sich die Zahl dcr Toten auf 281 erhöhte. Bezeichnend für die Sorglosigkeit dcr Bevölkerung war, daß ciuc Reihe von Leuten beim Essen
oder im Stiegcnhaus überrascht wurden, z. B . beim
Treffer in der Seilergassc, wo elf Personen auf dcr
engen Stiege von dm niederstürzenden Trümmern
getötet wurden und doch das Erdgeschoß uuberührt
blieb. Als völlig unzuläuglich in der einsetzenden
Verwirrung erwiesen sich die vorgesehenen Maßnahmen zur Bergung der Toten, welche nur von den Leichenbcstattern vorgenommen werden sollte. Alle, besonders die Wehrmacht, brachten die Leichen umgehend in die Friedhöfe und gaben sie dort ab ohne
jede Angabe, wie sie hießen oder wo sie geborgen wurden. S o entstanden alsbald für die Kriminalpolizei,
welche die Toten zu identifizieren hatte, die allergrößten Schwierigkeiten. Es ergab sich die traurige
Notwendigkeit, immer wieder Leuten, die ihre vermißten Angehörigen suchten, eine ganze Reihe von
verstümmelten Körpern zur Erkennung zu zeigeu.
Schon vier Tage hernach erfolgte der zweite Angrifj, dem zwar „ n u r " 63 Leben zum Opfer fielen, dcr
aber die Angst vor einer Serie von Angriffen noch bcdentcnd steigerte. I n den darauffolgenden Monaten
verließen ansehnliche Vcvölkerungstcilc die Stadt
oder wurden evakuiert (Schulen). Andererseits wurden endlich die Möglichkeiten des Stollcnbaues schleunigst ausgenützt. Die Stollen konnten für einen bedeutenden Hundcrtsatz dcr Innsbrucker Bevölkerung
absolute« Schutz bieten und lagen auch, anßer für die
Pradlcr, in gut erreichbarer Nähe.
Es sollen nun die 22 teilweise allerdings sehr kleinen Angriffe und die Zahl dcr dabei zugrunde gegangenen Menschen aufgezählt werden.
Datum
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12. 1944
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4.






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29
1

Zu diesen 490 Toten kommen noch 2 1 , welche nach
längerem oder kürzcrem Leiden den Verletzungen erlegen sind. Einige Personen wurden auch vermißt.
Von diesen wurde ein italienischer Arbeiter bei den

Nummer 2

Aufräumungsarbcitcn in dcr Kctofabnl W a l d c am
26. Oktober 19 l 5 nnd eine von zwei vermißten
Frauen am 26. Oktober 1916 im „Grünen B a n m "
aufgefunden. Ein nicht vermißter uud uicht ideutifizicrtcr"Totcr wurde nach Kriegsende in dcr Pradlev
Volksfchnle gefunden.
Es ist kanm anzunehmen, daß bei dcr Beseitigung
der noch liegenden Trümmer weitere Tote gefunden
werden. Möglich ist es immerhin, laufen doch Suchmeldungcn besonders nach italienischen Arbeitern immer wieder dnrch die Ämter. Abgesehen von dieser
Möglichkeit ist die Zahl der Todesopfer richtig mit 515
anzunehmen. Davon entfallen 102 ans seinerzeit
d e u t s c h e S t a a t s b ü r g e r , weitaus die meisten
davon ansässige Bevölkerung, unter ihucn waren 59
Kinder uud Jugendliche, weiters 4 Polizei- nnd Luftschutzmänner, 47 von der Wehrmacht, 16 Ausländer,
fast durchweg^ Dienstverpflichtete, darunter auch 6
Italiener, welche bei einem Treffer in die Rumcrflak den Tod sanden, 14 Kriegsgefangene nnd schließlich 2 Unbekannte. E i n sich immer noch erkaltendes
Gerücht, daß bei einem Angriff ein Truppentransport
am Nestbahnhof getroffen wurde und HnndeNe von
Toten weggeführt wurden, ist irrig. Dcr Zug wurde
zwar getroffeu, doch die kricgsgewohnten Soldaten
hatten ihn schon verlassen. So wurden bloß sechs M a n n
getötet, welche die Zeit des Alarmes im Zug verschlafen wollten.
Von den vielen erschütternden Begebenheiten sollen nur zwei besonders krasse herausgegriffen werden.
Die eine betrifft ganz besonders den Stadtmagistrat,
explodierten doch zwei Bomben unmittelbar an der
Kcllerwand des neuen Rathansgebäudcs am 16. Dezember 1944. Dcr genannte Keller galt damals noch
als besonders sicherer Aufenthalt und wurde daher
außer von den Angestellten des Rathauses auch viel
von Passanten aufgesucht, welche die Stollen nicht
mehr erreichen konnten. Bei dem Angriff am 16. Dezember 1944 fielen eine Reihe von Bomben in den
Südtcil des Adolf-Pichlcr-Platzes und brachten kleine
Tcile des Kellers zum Einsturz. Es gab einige Verschüttete uud ziemlich zahlreiche Verwundete. M i t dell
Ausgrabungen wurde sofort begonnen nnd die Verletzten abtransportiert. Da aber die Bomber noch
immer über Innsbruck kreisten, tonnten die Leute den
Keller nicht verlassen und so wurden sie etwa eine
Stunde nach dem Angriff von einer noch furchtbareren
Explosion betroffen, welche dnrch einen offenbar dicht
an der Hansmauer liegenden Zeitzünder verursacht
wurde. Ein weiterer Teil der Hausmauer wurde eingedrückt, das Gebäude iu diesem Tcile stürzte in sich
zusammen und begrub unter den Trümmern noch eine
Reihe von Menschen. Erst nach einigen Tagen gelang
es, die 1,"tztcn d»r insgefamt vierundzn"an^"g Toten,
meistens Magistratsangchörige, zn bergen. Der Eindruck auf die hcilgebliebencn Kellerinsafscn war ein
erschütternder.
Die zweite"Begebenheit war die Panik walircnd des
Nachtangriffes am 10. April 1915. Es war das einzigemal, wo über Innsbruck die sogenannten „Ehristbäumc" abgeworfen wurden. Von Erzählungen ans
dem Reiche war bekannt, daß dies das sichere Signal
für eiuen Großangriff anf die Stadt ist. Die S u e m n
gingen sehr knapp vor dem Erscheinen der Lichtzeichcn