Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1947

/ Nr.1

- S.1

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V e z u g o p r e io
E i n zel n u m m er

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jährl.

S c h r i f t le i t u n g : A l t e s R a t h a u s
2. Stuck, Z i m m e r N r . 1 6 3
Fernsprecher N r . 6 3 7 l / l 6 3

l0.Iahrgang

Nummer

Innsbruck in sorgenvoller Zeit
Zum Wiedercrscheinm des Amtsblattes
Von Bürgermeister Dr. Melzer
M i t dem Wiedererscheiuen des Amtsblattes der
Landeshauptstadt Innsbruck ist von neuem eine Zerstörung beseitigt, die nno der Nationalsozialismus
»unterlassen hat. Der Nationalsozialismus konnte seiner Natur nach individuelle Regungen nicht vertragen,
daher mnßte anch das Amtsblatt der Stadt Innsbruck
der Uuiformieruug und Gleichmacherei znm Opfer fallen. Nun, da sich unsere Stadt anschickt, ihr eigenes
Gesicht wieder zu gewiunen nnd nach ihren eigenen Gesetzen zu leben, strebt auch symbolhaft das Sprachrohr
der Stadtverwaltung zu uencm ^eben nnd foll wieder
Zengnis geben von dein Willen und den Bestrebungen,
von denen die gewählten Vertreter der Gemeinde beseelt
sind und von den Schwierigkeiten, die die Stadtverwaltung überwinden musi.
Das „^ührerprinzip" des
Nationalsozialismus
tennt nur Befehle und Verbote, Gerichtsfchergen und
(^stapo. Die neue Zeit will die freiwillige Mitarbeit
des Volkes und muß daher erziehend und belehrend
wirken, mnß an den Verstand und den freien Willen
appellieren, muß auch der freimütigen Kritik geregelte
Balinen offen lassen. Diese politische Aufgabe des
Amtsblattes würde aber nicht genügend sein, win"de sie
nicht durch eine unbedingt notwendige knltnrcllc Leistung ergänzt- Innsbruck ist niebt irgendeine Summe
von Häusern und von Menschen, Innsbruck ist als
Stadt eiue Persönlicbkeit von ausgeprägtester Art. I n
ibrem Antlitz sind die Spuren all^-r Schicksale eingegraben, die in ihr die illvrischen Urbewohner zur Zeit
der römischen Cäsaren und der Wagenburgen der Völkerwanderung, später die bajmvarischen Siedle? zur
Zeit der Kren^üge und der Banernlriege in den Tagen
der Tiroler Vandeosürsten und der römisch-deuts^en
Kaiser lnntcrlasien haben. (5s gibt leinen Abschnitt der
enropäisä"en Geschichte, von dem niebt nnserc Vaterstadt
pergainentene oder steinerne Nrlunden besäße.
Die Zeiten, da jeder Innobrncker zu Ostern seinen
Bcichtzettel dein .»)ohen Rat der Stadt vorlegen mußte,

siud vorüber, aber sie wareu einmal Wirklichkeit uud
siud iu unseren Archiven verewigt. Die Wogen der Reformation erregten nicht nur die Geister Europas, sondern ließen auch die Gänsekiele der Innsbruckcr Stadtschreiber laum zur Ruhe kommen, und trotz jahrhundertelangen Schlafes sprechen dk-se vergilbten Blätter
auch heute noch eine lante und vernehmliche Sprache.
Der Dreißigjährige Krieg nnd die ^nrcht vor den schwedischen Rcitern sind in der Maria-Hilf-Kirchc zu Stein
geworden, der spanische Erbfolgekrieg besitzt in der
Annafäule sein marmornes Dokument. Von Erdbeben
kündigen die breiten, massigen Strebepfeiler der Altstadt und die Drcihciligentirche weckt immerdar das
Gedenken an den Würgengel der Pest, der unsere Stadt
mehrmals zu entvölkern drohte.
Gewiß haben auch andere Städte Österreichs an der
Geschickte Europas Autcil genommen. "Aber keine von
ihnen, mit Ausnahme von Wien, war dermaßen führend daran beteiligt und hat mit solchem M u t und
unbeirrbarer Zähigkeit alle Rückschläge überwunden,
wie nnscre Heimatstadt. Ist es nicht symbolhaft, daß
der berühmteste deutsche Kaifer des Mittelalters sein
(Grabmal in Innsbrnck erbauen.ließ nnd daß die berühmteste österreichische Kaiserin Hochzeit nnd Tod in
ihrer .Familie an nnserer Trinmphpforte verewigte?
Innsbruck stand im Blickfeld Europas, als die Tochter
deo ^ebwedenlönigo Gustav Adolf in nnserer Hoskncbe
um die Ausnainne in die lalboliscke Kirche bat und zum
,vaual Europas wurde uuserc Stadt, als Audrcas
Hoser mit seinen Banernscbaren als erster nnd aus
eigener Kraft die Maebt des Korfen gebrochen hatte nnd
alo Sieger in nnferer Hofburg Einzug lnelt.
Als die Zeit anbrach, in der die (beschichte Europas
nicht mehr so sehr von Kaisern und Köuigcu, sondern
von Werken der Technik, Industrie nnd Wirtschast ihre
Prägung erhielt, war wiedernm Innsbrnck an führender Stelle voran. Kaum waren fünf Iabre vergangen,
daß dao technische Problem der Stromüocrtraguug von