Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1939

/ Nr.11

- S.3

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Amtsblatt Nr. N
7. August 1837, als er zum Bürgermeister von Graz erhoben
wurde, das Ehrenbürgerdiplom der Stadt Innsbruck ausgefertigt wurde.
Die Tätigkeit eines solchen Bürgermeisters ist in einem
„Amtsunterricht für den Bürgermeister" festgelegt, in dem
es einleitend heißt: „Der Bürgermeister als Vorsteher der
Stadtbehörde hat über die Leitung der Geschäfte bei dieser
Behörde die Oberaufsicht und ist für derselben gesetzmäßige
und möglichst schnelle Vollendung verantwortlich. Er ist aber
zugleich der Vorstand der sämtlichen Bürgerschaft und hat in
dieser Hinsicht besondere Pflichten."
Als Vorsteher der Stadtbehörde hatte der Bürgermeister
einmal alle verschlossenen Eingaben von Privaten wie auch
Behörden selbst zu öffnen und den Tag des Empfanges
daraufzufchreiben. Dann hatte er die Stücke Zur Eintragung
in das Einreichungsprotokoll Zu übergeben. Alle acht Tage
hat er das Verzeichnis jener Akten durchzugehen, die bei den
Raten zur Erledigung ausständig waren, und dieselben dann
Zu betreiben. Stücke über Geschäfte durften nur nach der ReVision durch den Bürgermeister ausgefertigt werden. Die Verichte an die Landesstelle waren vom Bürgermeister und
jenem Rate, welcher die Ausfertigung besorgte, zu unterzeichnen. Alle 14 Tage waren die Originalprotokolle der ganzen
Geschäftsführung der Landesftelle vorzulegen. Der Bürgermeister hatte die vorschriftsmäßige Geschäftsführung in der
Registratur, dem Etpedit und bei dem Einreichungsprotokoll
Zu überwachen. Bei letzterem hatte er auch die Weifungen über
die Verteilung der Geschäfte unter die einzelnen Räte Zu
geben. Jede Woche sollte eine Sitzung sämtlicher Räte abgehalten werden, wobei mit Stimmenmehrheit entschieden
wurde. Der Bürgermeister hatte die Stimmen einzusammeln,
sollte aber keinen Votanten an der freien Äußerung seiner Meinung hindern dürfen. I n wichtigen ökonomischen Angelegenheiten konnte er die 24 äußeren Räte Zur Beratung beiZiehen.
Die Magistratsräte unterstanden hinsichtlich der Geschäfte dem
Bürgermeister, hatten jedoch in der Natsversammlung freies
Stimmrecht, das Amtspersonal war ganz dem Bürgermeister
unterstellt.
Alle drei Monate hatte der Bürgermeister einen Kassaabschluß anfertigen und eine Kassa-Skontrierung vornehmen
zu lassen. Die Rechnungslegung war von einem Ausschuß des
äußeren Rates Zu revidieren.
Der Bürgermeister mußte von Zeit zu Zeit die Arreste visitieren, wobei er besonders auf deren Reinlichkeit Zu achten und
die Verpflegung der Arrestanten zu verkosten hatte. Entdeckte
er dabei Mängel, so sollte er „die der Menschheit schuldige
Abhilfe" treffen. Er hatte überhaupt auf die schnelle und
gründliche Untersuchung der schweren Polizeiübertretungen zu
dringen und durfte unter keinem Vorwande gestatten, daß diese
verzögert oder dabei gar irgendwie die gesetzliche Form verletzt werde.
Eine weitere Aufgabe des Bürgermeisters war, die Einhaltung der Markt- und Polizeiordnung Zu überwachen und mit
den Gewerbetreibenden Zu verhandeln. Es sei seine Pflicht,
„nicht zuzugeben, daß ein Inwohner auf was immer für eine
Art Unrecht leide. Bei solchen Fällen hat der Magistrat die
Bürger zu vertreten und bei den k. k. Behörden geziemend die
Abhilfe erzweckende Vorstellungen zu machen." I n das Buch
über die Kundmachung der k. k. Verordnungen hatte der Vürgermeister den Tag der Kundmachung mit seiner Unterschrift
einzutragen.
Den Schluß dieses ersten Teiles über die Aufgaben des
Bürgermeisters bildet folgender Satz: „Die Verschönerung der
Stadt kann vom Bürgermeister nicht gleichgültig angesehen
werden, insoferne dieselbe ohne Lasten für die Bürger erzweckt
werden dürfte."
^
^

Nun folgt ein ganz kurzer zweiter Teil über die Aufgaben
des Bürgermeisters „als Vorsteher der Bürgerschaft". Diesbezüglich sollte er „durch die gehörige Erläuterung der
k. k. Verordnungen die gute Stimmung der Bürgerschaft zu
erhalten, jedem Mißverständnisse durch klare Vorstellung der
Umstände Zu begegnen und üblen Gerüchten dadurch vorzubauen" bestrebt sein. Kämen aber einmal irgendwelche Ge^
rächte in Umlauf, so sollten sie unverzüglich dem Landes-Präsidium angezeigt werden. Ohne Genehmigung und Vorwissen
der Landesstelle durfte auch keine Vürgerversammlung abgehalten werden.
Schließlich war der Bürgermeister der Befehlshaber der
Vürgerwache.
Nachdem in den bisherigen Ausführungen die Amtstätigkeit
eines Innsbrucker Bürgermeisters aus dem Anfange des
19. Jahrhunderts umrissen wurde, soll im folgenden der Versuch unternommen werden, in einer Gegenüberstellung den
Aufgaben- und Pflichtenkreis des Oberbürgermeisters der
Stadt Innsbruck im nationalsozialistischen Staate zu schildern.
I m gleichen Verhältnis, wie die Stadt Innsbruck in dem
abgelaufenen Jahrhundert von einer kleinbürgerlichen Universitäts- und Handelsumschlagsstadt zu einem weltbekannten
Fremdenverkehrszentrum, der Stadt der deutschen Bergsteiger,
heranwuchs, und sie zur Hauptstadt eines deutschen Reichsgaues erhoben wurde, nahmen auch Rang und Ansehen ebenso
wie die Amtsgeschäfte und Sorgen des Stadtoberhauptes zu.
Und mußte damals „der Bürgermeister", abhängig von der
Landesstelle und den Räten mit wenig Hilfskräften selbst die
Kanzleigeschäfte überwachen und allen Kleinigkeiten des A l l tags ein williges Ohr leihen, fo ist nunmehr „der Oberbürgermeister" die letzte und oberste zentrale Entscheidungsstelle, die
sich nur mit den großen Fragen und Planungen des Gemeindebetriebes beschäftigt und alle Einzelfragen und praktischen
Ausführungen dem Stabe seiner Mitarbeiter und Beamten
überläßt, für deren Tätigkeit er allerdings auch auf Grund
des Führerstandpunktes die Verantwortung trägt, nach dem
Worte des Führers in seinem Buche „Mein Kampf": „Es gibt
keine Majoritätsentscheidungen, sondern nur verantwortliche
Personen und das Wort ,Nat" wird wieder zurückgeführt auf
seine ursprüngliche Bedeutung: J e d e m M a n n s t e h e n
Wohl B e r a t e r zur S e i t e , a l l e i n die Entscheidung t r i f f t ein M a n n . "
Wenn ich nun im folgenden versuchen will, einen Überblick
über das Aufgabengebiet des Oberbürgermeisters eines sich
zur Großstadt entwickelnden Gemeindewesens zu geben, so kann
ein solcher Versuch selbstredend keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Ist doch vor allem ein großer Teil der
Aufgaben des Lenkers der Stadtgeschicke durch Probleme bestimmt, die einerseits die Zeit, andererseits aber gerade der
Nationalsozialismus an uns stellt.
So gehört es vor allem Zu den vordringlichsten Aufgaben
des Oberbürgermeisters, im Nahmen der gemeindlichen SelbstVerwaltung all die Probleme Zu verwirklichen, für die im Nahmen der Ziele der N S D A P , die Partei das Recht und damit
die Pflicht der Aufgabenstellung besitzt. So ergibt sich daraus
eine Hauptaufgabe des Oberbürgermeisters, nicht allein die
lebendige Verbindung zwischen Partei und Gemeindeverwaltung aufrechtzuerhalten, fondern er muß auch Zielbewußter
Erfüller deren Aufträge fein. Vom Grundsatz des FührerstandPunktes und der Verantwortung aus gesehen ergibt es sich
von selbst, daß der Oberbürgermeister, der letzten Endes alle
Dinge der Gemeinde verantwortet, auch über alles Geschehen
in derselben Kenntnis haben muß. Dies bedingt emsigen Fleiß
beim Eindringen in die gesamte Aufgabenmaterie der StadtVerwaltung, Kenntnis der Gesetze, vor allem aber eine gründliche Auswahl all seiner Mitarbeiter, deren Charakter und
Leistung letzten Endes M Vereine mit der Führung den Er-