Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1939

/ Nr.10

- S.5

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Amtsblatt Nr. 10
ting, Mühlau und Amras auf ungefähr 80.000 Einwohner
angewachsen. Oberbürgermeister Dr. Denz sah sich dabei
vor Schwierigkeiten, die andernorts vielleicht nicht in gleichem Maße bestanden, denn im Rathaus mutzte Platz geschaffen werden, obwohl der dort untergebrachte Verwaltungsapparat schon an Raumnot litt, Sachbearbeiter
muhten abgeordnet und neu bestellt werden, die im
Augenblicke nicht ohne weiteres zur Hand waren, und
schließlich mußte ein herzhafter Griff in die GemeindeKasse alle Erfordernisse decken, die die Neuerrichtung
eines Amtes mit den Ausstattungsbesonderheiten eines
Standesamtes mit sich brachten.
M a n kann sagen, daß diese Probleme heute so weit gelöst sind, daß das Standesamt auf allen Gebieten seines
ausgedehnten Wirkungsbereiches alle ihm von den Gesetzen gestellten Aufgaben fristgerecht bearbeiten kann.
Die Neuartigkeit dieses Amtes, die großem Interesse
der Öffentlichkeit begegnet, verlangt es nun wohl, daß
über sein Wesen und über seinen Wirkungsumfang auch
im Amtsblatt der Gauhauptstadt Innsbruck etwas erzählt wird.
Das Standesamt entfaltet seine Tätigkeit bei den wichtigsten Zeitpunkten des menschlichen Lebens: bei der Geburt, der Heirat, beim Tode, bei der Wehrerfassung und
bei noch einigen anderen Gelegenheiten, die den Personenstand des einzelnen betreffen; es folgt also dem Menschen von der Wiege bis zum Grabe.
Wird ein Kind geboren und find die ersten Pflichten für
das leibliche Wohl von Mutter und Kind erfüllt, fordert
das Gesetz seine Anmeldung beim Standesamt, damit die
Tatsache der Geburt beurkundet werde. Während diese
Beurkundung vor der Wirksamkeit des Personenstandsgesetzes gelegentlich des Taufaktes durch den je nach dem
Bekenntnis zuständigen Religionsdiener erfolgte, ist diese
Funktion jetzt in den staatlichen Wirkungsbereich gefallen. Vor dem Standesbeamten vollzieht sich nunmehr auch
die mit rechtlichen Wirkungen ausgestattete Erteilung des
Vornamens. Von ihm werden daher auch die Geburtsurkunden und Geburtsbescheinigungen ausgestellt.
Es mag bei dieser Gelegenheit daran erinnert sein, daß
sowohl die Geburtsanmeldung als auch die Namenserteilung an eine Frist gebunden ist, die im ersten Falle eine
Woche, im zweiten einen Monat beträgt. Die Einhaltung
dieser Fristen kann vom Standesbeamten durch Strafen
erzwungen werden. Es liegt ebenfo i m Interesse der Partei als auch einer geordneten Amtsführung, daß diese
Fristen eingehalten werden. Die i n dieser Hinsicht bereits
in der Tagesvrefse verlautbarten Bestimmungen sagen
darüber alles Nötige.
Schon bei der Geburtseintragung ergibt sich eine Reihe
von Fragen, die an Hand der gesetzlichen Bestimmungen
zu klären sind. Vor allem ist festzustellen, ob das zur Welt
gekommene Kind ehelich oder unehelich ist. Oft schon ist
die Beantwortung dieser Frage beim Vergleich des Sachverhaltes mit den anzuwendenden Bestimmungen nicht
ohne Schwierigkeiten möglich gewesen, zumal im Augenblicke noch die in Betracht kommenden Fristbestimmungen des Altreiches und der Ostmark nicht dieselben sind.
Besondere Bestimmungen sind zu beachten bei Zwillings- und Mehrgeburten, aber auch bei Tot- und Fehlgeburten. Auch der Ort der Geburt (Wohnung, Krankenhaus, Anstalt usw.) ist von besonderem Belang, wie etwa
auch die Tatsache, daß es sich um Findelkinder handelt.
Die Tatsache der Geburt beschränkt sich aber nicht auf
die Eintragung in das Geburtenbuch; der Standesbeamte
steht im Rahmen eines gutausgedachten gegenseitigen I n formationsdienstes mit allen übrigen Standesbeamten
und Matrikenführern Deutschlands und im Wege der

höheren Verwaltungsbehörde auch mit den Matrikenstellen des Auslandes i n Verbindung. Deshalb löst jeder Geburtsfall eine ganze Reihe von „Mitteilungen" oder „ H i n weisen" aus, damit alle in Betracht kommenden Personenstandsbücher auf dem laufenden gehalten werden
können.
Die Geburtseintragung selbst bleibt dann unverändert,
bis etwa eintretende Änderungen des Personenstandes
des Kindes oder notwendig gewordene Berichtigungen
und Ergänzungen mit Hilfe sogenannter „Randvermerke" vorgenommen werden. Diese Randvermerke ermöglichen es, sozusagen den Gegenwartszustand jeweils
urkundlich festzuhalten (z. V. Namensänderungen, Namensgebungen, Legitimierungen, Adoptionen, Ehelichund Unehelicherklärungen, Vaterschaftsanerkenntnisse

usw.).

Damit das Geburtenbuch, wenn es einmal durch Brand
oder sonstige Umstände vernichtet werden sollte, wieder
hergestellt werden kann, wird eine genaue Abschrift, das
Zweitbuch, geführt, das von der unteren Verwaltungsbehörde (Behörde des Oberbürgermeisters) verwahrt
wird.
Erst bei der Eheschließung aber zeigt sich der Standesbeamte als derjenige, als welcher er in der Öffentlichkeit
bekannt ist. Hier vertritt er das Reich i n einer der wichtigsten Lebenslagen des Menschen. I m feierlich geschmückten Trauungsraume nimmt er nach kurzer Ansprache die
Willenserklärung der Brautleute Zur Kenntnis, daß sie
sich ehelichen wollen; diese Willenserklärung beurkundet
er dann als Eheschließung im Familienbuche des Standesamtes. Aus diesem Familienbuche werden die Heiratsurkunden ausgestellt.
Diese Funktion sieht die Öffentlichkeit, sie macht auch
mehr oder minder Eindruck auf sie, und deshalb ist sie nur
zu gerne bereit, in der Ausübung dieser Funktion das Um
und Auf der ganzen standesamtlichen Tätigkeit zu erblicken. Tatsächlich spielt sich aber die Hauptarbeit des
Standesamtes vor und nach dem Eheabschluß ab. I n
jedem einzelnen Falle sind Zuständigkeitsfragen zu prüfen und die vom Gesetze geforderten Nachweise über die
Ehefähigkeit zu verlangen.
Die Untersuchung der Ehefähigkeit geht i n verschiedenen Richtungen vor sich, je nachdem, ob es sich um Verlobte handelt, die Inländer oder Ausländer find, die ortsansässig oder auswärts wohnen, die volljährig oder minderjährig, ledig, verwitwet oder geschieden sind usw. Auch
allfällige Verwandtschaftsverhältnisse zwischen den Verlobten sind zu klären. Eine besondere Rolle spielt die
Nachprüfung der arischen Abstammung, die nach den bestehenden Gesetzen sehr sorgfältig vorzunehmen ist, damit
die Reinhaltung des deutschen Blutes gewährleistet
werde. I m Rahmen dieser Untersuchung kann die Tatfache der ehelichen oder unehelichen Abkunft eines Ehewerbers Anlaß ziemlich schwieriger Erhebungen und Feststellungen sein, für die besondere gesetzliche Vorschriften
zu beachten sind. Auch erbgesundheitliche Fragen sind in
Zusammenarbeit mit den Gesundheitsämtern und den
Aufsichtsbehörden zu lösen, wiewohl das deutsche Ehegesundheitsgesetz im Lande Österreich noch nicht wirksam
geworden ist. Schließlich ist auch die Zugehörigkeit eines
Ehewerbers zu einem bestimmten Beruf, zur Wehrmacht
oder zur ^ von Belang.
Alles in allem erfordert es im einzelnen Falle oft geraume Zeit und kritische Arbeit, um nicht nur den Ehewerber, sondern auch den Eheakt „ehereif" zu gestalten.
Nicht selten wandert dieser Akt zu den Aufsichtsbehörden,
wie insbesondere zum Oberlandesgerichtspräsidenten und
zum Reichsminister für Justiz, wenn Verlobte staatenlos