Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1935

/ Nr.4

- S.5

Suchen und Blättern in knapp 900 Ausgaben und 25.000 Seiten.





vorhergehende ||| nächste Seite im Heft

Zur letzten Suche
Diese Ausgabe – 1935_Amtsblatt_04
Ausgaben dieses Jahres – 1935
Jahresauswahl aller Ausgaben

Dieses Bild anzeigen/herunterladen
Gesamter Text dieser Seite:
Amtsblatt Nr. 5

Die städtischen Verumltungs-Abgabenmarken^
Von Dr. Josef Ringler.
Der Stadtmagistrat Innsbruck gibt demnächst einen
Satz von Verwaltungsabgabenmarken heraus, die sowohl ihrer künstlerischen Leistung, als auch ihres thematischen Inhaltes wegen Anspruch auf Beachtung erheben können. Vielfach wurden für Marken, die für
ähnliche Zwecke in Gebrauch stehen, landschaftliche und
architektonische Motive gewählt, die den Entwerfer nötigen, ein Allzu-viel an Detail zu bringen und es ihm
unmöglich machen, ein knappes und einprägsames
Markenbild mit graphischer Wirkung zu erzielen. Die
neuen Verwaltungsabgabenmarken der Stadt Innsbruck bilden hier eine Ausnahme. M s ihnen wurde
die geschichtliche Entwicklung des Stadtwappens zur
Darstellung gebracht, so wie wir sie auf den Siegeln
alter Urkunden ablesen können, ein Thema, das gewiß
weitere Kreise zu interessieren vermag. Die Entwürfe
hiezu wurden dem Innsbrucker Maler und Graphiker
Max Spielmann übertragen, der seine Fähigkeiten bereits durch die ausgezeichnete Hörtnagl-Ehrenbürgerurkunde bewiesen hat. Spielmann ist Absolvent der Meisterklasse für Malerei an der Münchener Akademie und
hat bereits mehrfach Auszeichnungen davongetragen.
Daß eine scheinbar so geringfügige Aufgabe mit dem.
selben Ernst, die einer großen Sache würdig ist, behandelt wurde, zeigt, wie sehr sich heute schon bei
Künstler und Auftraggeber die Sache Zum Besseren gewendet hat. Spielmann hat in seinen Markenentwürfen seine herbe und große Art zur Geltung gebracht
und die ihm gestellte Aufgabe im besten Sinne graphisch
gelöst. I m übrigen halten sich die Entwürfe ziemlich
genau an die Originalsiegelabdrücke. Die Marken, deren Ausführung die Wagnersche Vuchdruckerei übertragen erhielt, werden in verschiedenen, der Zeichnung
der einzelnen Marken angepaßten Farbtönen hergestellt, wodurch die Zeichnung an Weichheit des Ausdruckes gewinnen wird. Es steht zu erwarten, daß auch
diese Frage eine zweckmäßige und geschmackvolle Lösung findet.
I n der Erklärung der einzelnen Wandlungen des
Stadtsiegels folgen wir wörtlich den aufschlußreichen
Ausführungen des Hofrates Dr. Moser in seiner Abhandlung: „Stand dem Stadtgerichte Innsbruck auch
die hohe Gerichtsbarkeit zu?" (Forschungen und Mitteilungen zur Geschichte Tirols und Vorarlbergs, X V I ,
und X V I I . Ig., Innsbruck 1920.)
Das Innsbrucker Etadtsiegel ist bereits im Jahre 1267 nachzuweisen (Org.-Urkunde im Stiftsarchiv Wilten) und sein Gebrauch
dürfte sicher bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts zurückgehen.
Vgl. meine Bemerkungen darüber in Forsch, u. Mitt. I V (1907),
245, insbesondere Anm. 4. — Der bisher unbekannte älteste
Stempel, der nur im Siegel der Urkunde von 1267 auf uns gekommen ist, zeigt die Brücke senkrecht gestellt, auf drei beiderseits zugespitzten Jochen ruhend, in dem mit waagrecht verlaufenden Wellen ausgefüllten Felde- Umschrift: -!- 8 I 6 I I . I . V N .
6 I V I V N . 0 I V 1 7 4 . (? 18. I N I)N8?KUXXV; Dm. 70 mm
Die Urkunde von 1282 April 12 (Schwind u. Dopsck, Ausgew.
Urk. z. Verf.-G. n. 65, Orig. jetzt im Wiener Staatsarchiv), die
früher als der älteste Fall einer Besiegelung mit dem Innsbrucker
Stadtsieyel galt, weist in ihrem Siegel ebenso wie eine Urkunde
von 1285 c. März 31 im Wiltener Stiftsarchiv bereits den jüngeren Stempel auf, der uns noch im vollen Originalzustande erhalten ist (Sammlung der Typare im Ferdinandeum), wie ein
Vergleich desselben mit den ältesten Abdrücken lehrt. Seine Ausführung ist sehr ähnlich dem Stempel I, die Brücke verläuft ebenfalls senkrecht (diese ursprüngliche Auffassung ist die einzig richtige!), doch sind die drei Joche, den tatsächlichen Verhältnissen

besser entsprechend, nur mehr auf der einen Seite zugespitzt (im
Abdrucke allerdings nach der herald. linken, also verkehrten
Seite hin, wohl infolge eines Versehens in der Vorstellung des
Stempelschneiders) und das Feld ist leer: Umschrift: ->- 8 I 6 I I . I.VM. O I V I V N . C I V I ? ^ I 8 . I N IN8?KVXXN: vm. 70 mm.
Diefe ältere Darstellung der Wappenfigur im Siegel führte infolge
geänderter Auffassung des Wappenbildes feit dem zweiten Jahrzehnt des 14. Jahrhunderts vereinzelt, später fast ständig zu
einer Drehung des Typars um 90 Grad nach rechts oder links,
um die Brücke im Abdrucke in waagrechte Richtung zu bringen.
Dieses Siegel stand bis ins dritte Jahrzehnt des 14. Jahrhunderts
zur Beurkundung öffentlicher Angelegenheiten der Stadt und des
Stadtgerichtes wie privater Rechtsgeschäfte ihrer Bürger und an
derer, soweit sie sich auf Besitz in der Stadt bezogen, in Verwendung. Die Verordnung K. Heinrichs von 1317 Dezember 21
(Or. Stadtarchiv Innsbruck), daß Rechtsgeschäfte der Bürger, soweit sie zehn Pfund B. übersteigen, unter dem Stadtsiegel zu beurkunden seien, führte bald zur Herstellung eines im Gebrauche
bequemeren kleineren Siegels, das zum erstenmal an einer
Urkunde von 1325 November 21 (Stadtarchiv I.) erscheint und
dann bis Ende des 15. Jahrhunderts vorwiegend in Verwendung
steht. Das Siegelbild weist hier insoweit bedeutendere Aenderungen auf, als die Brücke waagrecht und nur auf zwei mit den
Spitzen nach oben gerichteten, mit Steinen gefüllten Jochen liegt,
während das Feld mit ebenfalls waagrecht verlaufenden Wellen
ausgefüllt ist: Umschrift: 4- 8. O I V I V U . I N I N 8 ? K V 6 X ^ ;
Dm, 37 mm. — Als drittes Siegel kommt seit c. 1340 (zuerst an
Urk. 1340 Juni 9, Stadtarchiv I.) ein kleines Sekret hinzu, und
zwar bis gegen Ende des 14. Jahrhunderts ganz ständig als Kontrasiegel auf der Rückseite der beiden obigen gebraucht; die Darstellung entspricht der des kleineren Siegels: Umschrift: ->- 8.
I N 8 ? I i V X X ^ ; viu. 22 mm. — Während die Abdrücke des großen Siegels (gleich den fürstlichen Reiter- und großen Wappensiegeln in der Regel) noch das ganze 14. Jahrhundert hindurch in
Naturwachs hergestellt wurden, erscheint das kleinere von Anfang
an bis 1343 ausschließlich in Rotwachs, dann bis ca. 1360 vorwiegend in solchem, daneben aber auch in Grünwachs, nachweisbar
feit 1364 jedoch ständig in letzterem: das Kontrasiegel wird bis
1366 immer auf der Naturwachsunterlage direkt, später (1368ff.)
ebenfalls in Grünwachs aufgedrückt.

Als viertes Siegel kam das Siegel mit dem Wappenengel in Gebrauch, das uns zum ersten Male auf einer
Urkunde vom Jahre 1511, zum zweiten Male auf einer
im Stadtarchive verwahrten Urkunde vom Jahre 1514
begegnet. Der Engel wurde — so nehmen es wenigstens
Fachkreise an — der Innsbrucker Bürgerschaft als
Wappenverbesserung von Kaiser Maximilian I. verliehen, so wie er den Hallern zwei goldene Löwen zur
Salzkufe verliehen hat. Das Siegel trägt die Umschrift: 8 I 0 I I . V N . 6 I V I V N I N " I N 8 ? I W X X ^ . Der
Engel, der in frontaler Stellung den Wappenschild
hält, hat spätgotischen Charakter, insbesondere sehen
wird das an den Flügeln und an den Locken, die seitlich das Oval des Kopfes fächerförmig umrahmen. I m
Wappenschild steht die Brücke mit den Zwei Jochen, die
Abschrägung der Joche nach oben. Das fließende Wasser ist außerhalb des Schildes durch bewegte Linien
als dekorative Grundfüllung angedeutet. Der Stempel
ist eine künstlerisch sehr gediegene und schöne Arbeit.
Einer näheren Beschreibung des besser erhaltenen Siegels auf der Urkunde vom Jahre 1511 enthalte ich mich,
da von anderer Seite eine Veröffentlichung über dieses Siegel geplant ist.
Der Wappenengel blieb fortan das große Stadtwappen und fand als Siegelstock in späterer Zeit mehrfach
Verwendung. Die älteren Sliegelstöcke sind in einer
Vitrine des Innsbrucker Saales im Ferdinandeum zu
sehen. Auch im Innsbrucker Vürgerbuche vom Jahre
1547, wahrscheinlich von Sebastian Schel gemalt, begegnet uns der Engel in reichem Renaifsancekostüm
mit gekreuzter Stola und Diadem, vor sich den Wappenschild haltend, diesmal aber mit den abgeschrägten
Jochen nach unten, also im Gegensinn zum Wappen
von 1511 und dem späteren Gebrauche, das die Schrägen nach oben zeigt.