Innsbrucker Stadtnachrichten

Jg.1988

/ Nr.8

- S.23

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Die „kropfete" Liesl
Am 13. August 1743 wurde Erzherzogin Maria Hlisabeth als
fünftes Kind Kaiser Franz 1. Stephan von Lothringen und Maria
Theresias in Wien geboren. Ihre
Kiiicllieits und Jugendjahre verlebte sie am Wiener Hof und
wuchs /n einer schönen jungen
ITau heran. Trotz einiger Bewerbungen aus europäischen Herrscherhäusern kam eine Vermählung der Erzherzogin aufgrund
der ablehnenden Haltung ihrer
Mutter bzw. ihres Bruders, des
späteren Kaisers Joseph II., nicht
zustande.
Im Jahre 1767 wurde Elisabeth
von der in Wien grassierenden
Pocken-Epidemie
angesteckt,
konnte die Krankheit zwar überleben, ihr einst reizvolles Äußeres
jedoch litt darunter. In der
Von Josefine Justic
Folge zerschlugen sich auch alle
weiteren Heiratspläne und so
blieb Elisabeth als eine der unverheirateten Töchter Maria Theresias am Hof zu Wien. Bis zu deren
Tod im November 1780 pflegte sie
ihre Mutter aufopferungsvoll,

um dann auf eigenen Wunsch bereits am 2. Janner 1781 zur Äbtissin des Innsbrucker Domstiftes
ernannt zu werden. Wohl war diese Entscheidung im Sinne Maria
Theresias, die schon zu Lebzeiten
an eine derartige „Versorgung"
ihrer ledigen Tochter dachte,
doch spielte vermutlich auch das
gespannte geschwisterliche Verhältnis zwischen Elisabeth und
ihrem Bruder Joseph eine entscheidende Rolle bei diesem Entschluß.
Das sowohl als Gebäude (südlich
an die Hofburg anschließend) als
auch als Institution noch heute
bestehende Damenstift war von
Kaiserinwitwe Maria Theresia in
Erinnerung an ihren 1765 in Innsbruck verstorbenen Gemahl gegründet und in den Jahren
1770—73 erbaut worden. Gleich
nach ihrer Ernennung zur Äbtissin dieses Stiftes setzte sich nun
Erzherzogin Maria Elisabeth
brieflich mit der Oberdechantin
Sophie Freiin von Enzenberg in
Verbindung, um ihre Ankunft
vorzubereiten.
Da die Landeshauptstadt Inns-

bruck 1665 ihre Funktion als Residenzstadt verloren hatte, war
die Ankündigung des Einzuges
eines Mitgliedes der kaiserlichen
Familie in ihre Mauern die Erfüllung eines langgehegten Wunsches. In diesem Sinne bereiteten
die Bevölkerung und die offiziellen Stellen der Erzherzogin einen
sehr herzlichen und feierlichen
Empfang, als sie am 7. Mai 1781,
von Wien kommend, in Innsbruck eintraf. Am 20. Mai fand
dann die würdevolle Introduktion Elisabeths als Äbtissin des
Damenstiftes in der Hofkirche
statt.
Die Jahre, die die Erzherzogin
nun in Innsbruck verbrachte, waren neben ihren Pflichten an der
Spitze des Damenstiftes geprägt
von einer herzlichen Verbundenheit mit der Bevölkerung. Dies resultierte einerseits aus ihrem natürlichen, lebhaften und meist
fröhlichen Wesen und andererseits aus der Freude der Innsbrucker, wieder etwas vom Glanz
der Residenzstadt zurückgewonnen zu haben. Nachdem sich mit
zunehmendem Alter bei Elisabeth ein nicht zu übersehender
Blähhals gebildet hatte, wurde sie
von der Bevölkerung scherzhaft,
aber liebevoll „kropfete Liesl"
genannt oder, was ihre energische
Art betonte, als „Gouvernante

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von Tirol" bezeichnet. Die Erzherzogin winde in Innsbruck
zum Mittelpunkt von diversen
Feiern, Einweihungen und Theateraufführungen. Sie eröffnete
den Landtag und nahm auch die
Erbhuldigimg der Tiroler Landstände namens Kaiser I eopold II.
entgegen. Aber auch sie selbst
wurde initiativ: Sie unterstützte
die Errichtung der 1804 eröffneten Impfanstalt in Innsbruck,
stiftete Preise und Ehrengaben
bei Schützenwettbewerben und
regte zahlreiche Opern und
Theateraufführungen an.
Ihre Wohnstätte war nicht wie die
der anderen Damen im Stiftsgebäude, sondern sie residierte im 2.
Stockwerk der Hofburg, was ihr
Gelegenheit bot, Audienzen und
Empfänge zu geben sowie Gäste
zu beherbergen. Einer der bedeutendsten war wohl Papst Pius VI.,
der 1782 auf seiner Durchreise in
Innsbruck Station machte. Erzherzogin Elisabeth blieb bis zur
Invasion der Bayern bzw. der Eroberung der Festung Scharnitz
durch die Bayern in Tirol und
flüchtete erst am 27. Oktober
1805 über Kärntcn zu ihrem Bruder Kaiser Franz nach Wien. Bald
darauf übersiedelte sie mit ihrem
gesamten Hofstaat nach Linz
und verstarb dort am 22. September 1808.
(Literaturangabe: Die Daten dieses Artikels wurden entnommen
ausE. Langer, Die Geschichte des
Adeligen
Damenstiftes
(=
Schlern-Schriften 73), Innsbruck
1950).

VOR HUNDERT JAHREN

23. Au«ust: Die Eröffnung der
neuen Straße nach Götzens wird
für den 26. d. M. angekündigt.
„Vom Gasthof Peterbründl wird
der Abmarsch zum ,Schwarzen
Kreuz" am Wege nach Völs, wo
die neue Straße von jenem sich
abzweigt, erfolgen." Nach der
Segnung des Verkehrsweges an
dieser Stelle isi die Weiterwanderuug nach Götzens geplant, wo
die lestgaste eine wohlverdiente
I abung erwarten wird.
27. August: Anläßlich der Dekorierung des Oherscluilzenmeistei"s und I laupt in amis der I lötlinger Sehui/eiikompanie, Peter
Gogl, mit dem Silbernen Verl"ortrail der Erzherzog"1 Maria Elisabeth als Äbtissin des Intisbrucker dienstkreuz findet im „Stamserüa/neust iftes, in schwarzer Ordenstracht mit den schwarz-weißen garten" ( - Gasthaus zum StamSeidenmaschen und dem Ordensabzeichen; links der Erzherzogshut ser; heute Höttinger Gasse 45) ein
und der Ahfissinne/istab.
f/"oto: Denkmalamt) Volks- und Schützenfest statt.

5. September: Tagesordnungspunkte der Gemeinderatssitzung
sind u. a. die Bestimmungen hinsichtlich der Linienführung der
Tramway in der Stadt und das Ansuchen des Theaterkomitecs um
den Einbau einer neuen Heizung.
11. September: Hochwasser in
Innsbruck: „Der Inn steigt in bedenklicher Weise; er hal bereits
die Höhe von 3,8 m erreicht und
durch Rückstauung des Ritschenwassers wurden einige
Punkte der Stadt unter Wasser
gesetzt", nämlich leile der
Herzog-Friedrich-Straße beim
Goldenen Adler und am Eingang
zur Kiebachgasse. Weiters steht
die Höttinger Au unter Wasser
und in St. Nikolaus mußten bereits Evakuierungen vorgenommen werden.
J.