Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1938

/ Nr.9

- S.5

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Amtsblatt Nr.9
schaften, welche über diesen so plötzlichen traurigen Vorfall auch
äußerst betroffen sind und den herzlichsten Anteil nehmen, wollen
nun alle wieder schnell aus dieser Trauerstätte fort, welche sie
auf diese Weise zu verlassen wohl nicht daran gedacht haben. Es
sind nicht genug Wägen und Pferde aufzutreiben, weil alles auf
einmal aufbrechen will.
Um 5 Uhr früh fchon wurde heute der Leichnam des höchstseligen
Kaisers mit einem spanischen Mantelkleid, welches, da man auf
einen solchen Fall gewiß nicht vorbereitet war und daher auch ein
derlei Kleid nicht mitnahm, vom H. Fürsten Khevenhüller entlehnt
werden mußte, angetan und einstweilen bis zur öffentlichen Ausfetzung in dem nämlichen Zimmer, wo dieser plätzliche Tod erfolgte,
belassen.
2N. August: Heute wurde diese Leiche noch im nämlichen Zimmer
in Gegenwart dreier Hofärzte von Wien und zweier Ärzte von hier
geöffnet und dann einbalsamiert, wobei sich ein 1 Schuh langer
Polyp zeigte, welcher nach der einhelligen Meinung der Arzte
selbst auch wenn früher ein Aderlaß stattgefunden hätte, binnen
sehr kurzer Zeit die Lebensgeister erstickt haben würde.
Anmerkung: Das Herz wurde in einem silbernen Becher, das
Eingeweide hingegen in einem kupfernen, verzinnten Kessel verschlossen und wird mit dem Körper nach Wien abgeführt werden.
Auf dem Becher befindet fich nachstehende Aufschrift:
„H»c in urn« repo8ituin e8t cor?r«ncÌ8ei I. lioinanoruin Imperatori»,
p»upere8 feverrime oÜIexit, vivit »nno« I^VII — inopinata morte
extinetu8 Oenipante iii« X V I I I . ^uz. >IV(!(!I^XV."

Auf dem Kessel:
„Hl>c in urna recondita «unt vÌ8cera ?rancÌ8ci I. Ilomanoruui
Imperatori» pien!Ì88Ìmi Nazni Hetruriae DucÌ8 religione in lleum,
»more in con^ußem, 8oIIicitul!ine in Iinero8, nenißnitate in 5utto!ito8,
neniüeeutia in pauper«8, maßnitulliue aniini, dnrÌ8tianarum virtutum
8plen«lore relenerrimi »e prupterea aetern» piorum memoria <1ißni88imi
anno IVlD<ü(!I^XV llie X V I I I . ^uß. repentina 8e iu domino

Die erste trwslinung
des „klAdcken von splnges
V o n Dr. K a r l S c h a d e l b a u e r
I n der „Tiroler Heimat" 1936/37 erschien jüngst eine ausführliche
Untersuchung von Karl Klaar über das weithin bekannte Heldenmädchen von Spinges, in der besonders bezüglich der Person des Mädchens, dessen Name bis zum Jahre 1862 nie genannt wurde, neue Ergebnisse mitgeteilt werden. Mit großem Fleiße wurden alle Stellen
zusammengetragen, in denen diese Episode des Kampfes bei Tpinges
am 2. April 1797 erzählt wird. Zum Ausgangspunkt nimmt der
Verfasser die Darstellung des Innsbrucker Landsturm-Oberkommandanten Dr. Philipp von Wörndle, welche in der FerdinandeumsBibliothek (Dip. 1232) aufbewahrt wird. Sie entstand bereits
wenige Monate nach der Schlacht, wie aus der Unterschrift, „Innsbruck, den 18. Jänner 1798 — Philipp von Wörndl gewester
Colonnen und Obergränz Commandant", hervorgeht. Wörndle macht
in dieser Ziemlich umfangreichen Beschreibung (29 Blätter und
mehrere Beilagen) gerade vor der Erwähnung des Mädchens die
Bemerkung, daß ein Kommandant bei solchen Gefechten leider nicht
alles beobachten könne, was besonders rühmenswert ist, und
gedenkt der Ba.uernmo.gd eigentlich nur am Schluße eines langen,
zusammenfassenden Satzes „unter andern", sowie er etwa wenige
Zeilen später das Bauernweib anführt, das ihn mit einer Schüssel
Milch labte. Und viel ausführlicher schildert er z. B. später, wie
er dem Leichnam „eines jungen, schönen, französischen Sergentens"
einen Brief entnahm und las. Die Sätze im Berichte Wörndles,
welche hier in Frage kommen, lauten:
„Indessen ist es für einen Commandirenden nicht möglich bei
so vielen sonderbaren Gefechten alles das zu beobachten, was einer
besonderen Anrühmung würdig wäre.
Das ärgste Gemetzel entstand bei dem Dorfe Spinges, wo sich
eine durch das Gefecht bereits ermattete Truppe von Bauern in
den Freithof warf, mein Orbonance Korporal Türk sprengte hier
die Tür zum Turm auf und zog die Sturmglocke, die Feinde
konnten hier der Masse nichts abgewinnen, die Mauer diente ihr
zur Brustwehre und die Scharfschützen hatten hier Gelegenheit, viele
derselben zu erschießen, die Feinde stürmten öfter, wurden aber
ebensooft zurückgeschlagen: m a n sah h i e r u n t e r a n d e r n
e i n e B a u e r s m a g d a u s S p i n g e s, welche mit zusammen-

gegürtetem Unterkleide und fliegenden Haaren auf der Freithof
Mauer stand und die stürmenden Feinde mit einer Gabel hinunter
stieß.
Überhaupt mutz ich der Geistlichkeit und den Bewohnern dieses
Dorfes das verdiente Lob geben, daß sie uns nach Möglichkeit
unterstützten und meine ermattete Mannschaft mit allem, was sie
noch hatten, erfrischten. Mir selbst trug ein Bauernweib eine
Schüssel Milch aus dem Hause entgegen, wo ich die Verwundeten
verbinden ließ."
Unter den Beilagen zur Innsbrucker Chronik des Johann und
Gottfried Pufch (siehe hiezu dieses Amtsblatt 1937. Nr. 7) hat
sich nun ein Bericht über den Kampf bei Spinges und die Beteiligung der Innsbrucker Schützenkompagnien erhalten, der möglicherweife noch vor dem Berichte Wörndles, vielleicht sogar schon
bald nach der Schlacht entstand und dann die erste Erwähnung
des Mädchens von Spinges enthalten würde. Leider läßt sich nicht
sicher feststellen, wann der Chronist feinen Bericht verfaßte und auf
welche Quellen er dabei zurückging. Pusch hatte ja leicht Gelegenheit, heimkehrende Schützen zu sprechen und kann natürlich
auch Wörndle selbst ausgefragt haben. Er schrieb bezüglich des
Mädchens von Spinges die folgenden Sätze: „Die Hauptkolonne
unter dem Wörndle stand noch vor Spinges und suchte sich in etwas
zu erholen, als die gedachte Colonne gegen sie anmarschierte.
Dreimal ward der feindliche Anfall zurückgeworfen. Die vorderste
Truppe Bauern warf sich in den dortigen Kirchhof. (Der letzte Satz
steht am Rande beigefügt.) Am Heftigsten wütete da die wechselseitige Erbitterung. Von den Mauern desselben wurden die Feinde
mit Sensen, Gewehrkolben und Heugabeln zurückgestoßen. Die
Bewohner von Spinges labten die Stürmer und fochten an ihrer
Seite. E i n B a u e r n m ä d c h e n z e i c h n e t e sich h i e r a l s
H e l d i n aus, sie stieß d r e i s t ü r m e n d e F r a n z o s e n
m i t e i n e r H e u g a b e l von der b e r e i t s e r k l i m m t e n
M a u e r hinab."
Bei dieser Darstellung ist vor allem auffällig, daß darin die
Bemerkung über das zufammengegürtete Unterkleid und die
fliegenden Haare fehlt und die letzten Worte „stieß drei stürmende
Franzosen mit einer Heugabel von der bereits erklimmten Mauer
hinab" wörtlich mit der von K. Klaar angeführten Stelle aus dem
„Tiroler Almanack auf das Jahr 1802" übereinstimmen, die dieser
jedoch bereits für ein Phantasieprodukt hält.
Für die Aufzeichnung diefes zwei Blätter füllenden Berichtes
kurze Zeit nach dem Ereignis würde der Anfang des Textes mit
dem Datum „6. April", wobei noch die Zahl „6" über eine
ursprüngliche „5" geschrieben wurde, sprechen; er lautet: „6. April.
Bangoolle Tage waren jetzt vergangen seit dem stürmischeit^Tage,
wo alle dem bedrohten Vaterlande zu Hilfe eilten, doch heute
erwachte wieder der Mut der geänstigten Hauptstadt, sowie der
Ruhm der tirolischen Waffen uns kund wurde. Der zum allgemeinen Angriff bestimmte zweite April war angebrochen, der
kommandierende Feldmarschall-Lieutnant B. Kerpen drang mit dem
Zentrum wieder gegen Mittenwald vor. Der rechte Flügel drang
am Vorabende schon über das eisige Penserjoch, dann herab gegen
Varn, während der linke Flügel unter dem tapfern LandesschützenÖberkommandanten Philipp v. Wörndle am genannten Tag um
3 Uhr früh mit den Schützenkompagnien und dem "Landsturm
von Innsbruck und den umliegenden Gerichten mit großer Beschwerlichkeit das Valserjoch erklimmte und um 9 Uhr vormittags
schon auf den Höhen von Epinges eintraf. —
"
Am oberen Rande des 2. Blattes steht die Notiz „Zum
5. April 1797", wahrscheinlich nur ein Zeichen für Pusch für dessen
richtige Einreihung. Am Schlüsse der Darstellung folgt ein kurzer
Bericht mit dem Datum „16. April" über die Pereinigung der
siegreichen k. k. Korps in Brixen, und am Rande steht in französischer Sprache der Befehl des Brigadegenerals Belliard vom 20. Germinal betreffs Freilassung der Gefangenen. Der Umstand, daß der
ganze Bericht auf zwei Einzelblättern bei den Beilagen eingereiht
ist und nicht im fortlaufenden Texte der Chronik erscheint, würde
eher dafür sprechen, daß ihn Pusch doch erst später erhielt. Allerdings schreibt er aber bereits an der entsprechenden Chronikstelle
(Bd. I I I , T. 21): „Heute (28. März) ist der Landsturm oder das
Volk in Massa gegen die Franzosen marschiert. Das übrige und die
vorgehende Iurüstung erstehet man aus den beiliegenden, gedruckten
Nachrichten." Pusch hat nämlich noch vier weitere Beilagen auf
Einzelblättern beigefügt, und zwar: 1. Zwei Abschriften von Zeugnissen über die Beteiligung der Innsbrucker Schützen an den
Kämpfen bei Spinges vom k. k. Oberstlieutenant Jos. v. Lanser
(1. Juli 1797) und von Phil. v. Wörndle (3. Juli 1797), 2. die