Innsbrucker Stadtnachrichten

Jg.1986

/ Nr.6

- S.10

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A U S DER A R B E I T DER U N I V E R S I T À !

INNSBRUCK

Natur repariert Erbsubstanzfehler
Forschungen am Institut für Biochemie genießen internationales Ansehen
Die gesamte Erbinformation eines Organismus ist in Form von
D N S (=
Desoxyribonukleinsäure) in jeder einzelnen seiner
Zellen vorhanden. Die Baupläne aller Zellbestandteile sind in
der Abfolge der DNS-Bausteine festgelegt. Bei einer menschlichen Zelle besteht die D N S
aus 6 Milliarden Einzelbausteinen. Jede Ä n d e r u n g ihrer A b folge verändert die Erbinformation und kann schwerwiegende Folgen haben. Sie kann
zum Absterben der betroffenen
Zelle f ü h r e n , wenn ein lebenswichtiges System davon betroffen ist, sie kann als Erbkrankheit an die nächste Generation
weitergegeben werden, oder sie
kann die Zelle in eine Krebszelle verwandeln.
Sehr viele Einflüsse schädigen
die D N S . Dies sind zum Beispiel das ultraviolette Licht der
Sonne, R ö n t g e n - und radioaktive Strahlung und eine Reihe
von chemischen Schadstoffen,
mit denen der menschliche O r ganismus in B e r ü h r u n g kommt.
W ä r e eine Zelle allen diesen
Einflüssen hilflos ausgeliefert,
so wäre sie nicht lebensfähig, da
sich in kurzer Zeit sehr viele
Fehler ansammeln würden. Die
Natur hat daher ein Reparatursystem entwickelt, das die Verä n d e r u n g e n in der D N S auf ein
tolcrierbares M a ß reduziert. A n
der Erforschung dieses Reparatursystems wird am Institut
für Biochemie der Universität
Innsbruck (Vorstand: Professor
DDr. M . Schweiger) gearbeitet.
Mil Hilfe von biochemischen
und molekularbiologischen M e thoden werden die Schäden in
der D N S und die Geschwindigkeil, mit der sie durch das Repai al in system entfernt werden,
untersucht. Mit einer sehr empii i u 111 e 11 e n
im m unologischen
Nachweismethode wurde gemessen, d a ß im Sommer durch
einstündige Sonnenbestrahlung
ni dei D N S einer ungeschützten, kultivierten Hautzelle etwa
600.000 Schäden entstehen.
U m diese Schäden wieder zu reparieren, benötigt das Reparalursystem mehrere läge. Eines
Seite 10

der vielen Enzyme, die bei der
Reparatur von D N S - S c h ä d e n
beteiligt sind, wurde gereinigt
und
charakterisiert.
Seine

Funktion beim Reparaturvorgang wird aufgeklärt,
A l l e Untersuchungen werden
an menschlichen Hautzellen

Kulturehren/eichen der Stadt für Dr.

Marie-Paule

Stintzi

durchgeführt, die in Zellkultur
gezogen werden. Besonders i n teressant sind Zellen v o n Patienten, deren Reparaturfähigkeit gestört ist. Einige dieser
Erbkrankheiten führen da/u,
d a ß die Betroffenen bei S o n nenbestrahlung stark überempfindlich reagieren. Sie bekommen bereits bei geringen E i n wirkungen
von Sonnenlieht
starke Rötungen und Veränderungen der Haut, deren Folge
sehr häufig Hautkrebse sind.
Andere Patienten reagieren bei
Röntgenbestrahlung ü b e r e m p findlich. Bei allen Krankheiten,
die zu einer verminderten D N SReparatur führen, besteht ein
sehr hohes Risiko, bereits sehr
jung an Krebs zu erkranken.
Dies zeigt sehr deutlich, wie
wichtig ein funktionierendes
Reparatursystem für den M e n schen ist und welch enger Z u sammenhang zwischen D N S Reparatur und Krebs besteht.

Daß die Basler Goethe-Stiftung so enge Beziehungen zu Innsbruck
unterhält, daran hat nicht nur Univ.-Prof. Dr. Eugen Thurnherr
entscheidendes Verdienst, sondern vor allem die Managerin und Sekretärin der Stiftung, Dr. Marie-Paule Stintzi. Dies würdigte der
Innsbrucker Gemeinderat, indem er einhellig beschloß, Dr. Stintzi
das Kulturehrenzeichen der Stadt zu verleihen. Bürgermeister Romuald Niescher überreichte Ehrenzeichen und Urkunde (Bild) an läßlich der Mozartpreis-Verleihung durch die Goethe-Stiftung an
den Züricher Schriftsteller, Dichter und Philosophen Dr. Erwin
Jaeckle am 24. Mai (Bildmitte: Professor Thurnherr).

Ziel dieser Forschungsarbeiten
ist es, den Mechanismus der
DNS-Reparatur
aufzuklären,
die dazu benotigten Enzyme zu
reinigen und zu charakterisieren
und herauszufinden, welche
Enzyme bei den verschiedenen
Reparaturkrankheiten
nicht
mehr funktionieren. Diese A r beiten, die internationales A n sehen genießen, werden nicht
nur aus Geldern des Bundesministeriums für Wissenschaft und
Forschung, sondern auch durch
Mittel aus dem Ausland finanziert.
Dr. Helmut KI . O C K E R ,
Institut für Biochemie

Anwalt und Stütze des Schwächeren
Seit 20 Jahren Hilfe durch das „Zentrum für Ehe- und Familicnberatung"
(Th) Ihren 20jährigen Bestand
und ihre Übersiedlung aus den
zu klein gewordenen R ä u m lichkeiten in der Museumstraße in die Anichstraße 24 (Tel.
20 8 71) nahm das „Zentrum
für Ehe- und Familienberatung" zum Anlaß, an die Öffentlichkeit zu treten. Wie der
Leiter dieser ältesten Beratungsstelle Tirols, August Flucher, erläuterte, steigt die Zahl
der Ratsuchenden enorm an.
1966
wurden 93 Eheberatungsfätte gezählt, 1984 waren
es 1817.
Neben der kostenlosen und

anonymen Beratung von Hilfesuchenden werden von dieser
Institution auch Eheberater
ausgebildet. Z u r Zeit besuchen
2 2 Schüler diese einzige Schule
Tirols mit Öffentlichkeitsrecht.
Der Nachfrage entsprechend
angewachsen ist auch die Zahl
der Mitarbeiter, wie Ärzte, Psychotherpeuten, Rechtsanwälte,
Psychologen,
Sozialarbeiterinnen, die jedoch, so August Flucher, wegen der nur spärlich
tröpfelnden Subventionen der
öffentlichen Hand zum G r o ß teil auf niedriger Honorarbasis und in unzureichender A n -

zahl beschäftigt werden können.
Die seelischen Umweltschäden
nehmen enorm ZU, so die Geschäftsfülircrin der Beratungsstelle, Ing. Ilannelore 1"nichtI;
sie
entwickelt
sich
/.um
„Krebsgeschwür unserer Gesellschaft". In den neuen Räumen soll verstärkt Hilfe zur
Selbsthilfe, jedoch kein fertiges Rezept zur Lebensbewältigung angeboten werden.
Die Schwerpunkte werden dabei auf der kinderpsychologischen Betreuung und in einer
intensiveren Ehevorbereitung
liegen.

Innsbrucker Stadtnachrichten —- Offizielles Mitteilungsblatt der Landeshauptstadt. Jahrgang 1986, Nr. 6