Innsbrucker Stadtnachrichten

Jg.1985

/ Nr.7

- S.16

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Der Bau des Spanischen Saales
Kraft Urkunde vom 3. März
1564 schenkte Erzherzog Ferdinand II. von Tirol (1529 —
1594) seiner schönen Frau Philippine Welser (1527-1580)
das Schloß Ambras und ließ
durch den italienischen ArchiVon Dr. Herbert Woditschka

tekten und Baumeister Alberto
Lucchese in den Jahren
1564 —1567 die mittelalterliche
Burganlage in ein Lustschloß
der Renaissance (= das Hochschloß) umbauen. In einem
zweiten Bauabschnitt folgte
1569—1571 die Errichtung des
Spanischen Saales, dem 1572
der Bau des Unterschlosses —
unter anderem bestehend aus
dem ehemaligen Ballspielhaus,
Bibliothek (Kornschütt) und
Rüstkammer — folgte.
Der seit dem 19. Jahrhundert so
benannte Spanische Saal — früher hieß er einfach „der große
Saal" - ist 43 Meter lang, 10
Meter breit und 5 Meter hoch
und wurde nach Plänen des
Hofbaumeisters Giovanni Lucchese (f 1581) gebaut. Dieser
mußte vorerst den Burgfelsen
von Haller Bergknappen abmeißeln und den Hohlraum
zwischen dem Felsen und der
Nordwand des Saales zum
Schutz gegen Feuchtigkeit mit

Holzkohle füllen lassen. Der
Saal wurde über Treppen vom
Hochschloß aus durch das sogenannte Kaiserzimmer als Vorraum (= Antecamera) erreicht.
Der Zugang von Westen wurde
erst am Ende des 18. Jahrhunderts geschaffen, als die vom
Vorschloß zur Südwestecke des
Spanischen Saales verlaufende,
von Strebepfeilern gestützte
Mauer entfernt wurde. Die heutige Gestaltung der Westfassade
geht auf einen Entwurf von
Prof. Oswald Haller aus dem
Jahre 1954 zurück.
Der Saal befindet sich über einem Kellergeschoß und erhält
durch 15 große, rechteckige
Fenster und darüber befindliche Rundfenster Licht. Sein ursprüngliches Dach wurde bei einer Restaurierung unter Erzherzog
Franz
Ferdinand
1911-1913 wiederhergestellt.
Der Boden aus rotem, schwarzem und weißem Marmor wurde vom Steinmetz Thomas Scalabrin verlegt. Vom Hoftischler
Conrad Gottfried stammen die
Holzdecke und die mit Intarsien
gezierte Osttüre, welche an ihrer Innenseite die Initialen C G
trägt. Das benötigte Holz wurde
1570 in Augsburg und Partenkirchen bestellt. Die Stuckarbeiten wurden an den Niederländer Antonis van Brackh ver-

geben, während die Vergoldungen von Konrad Leitgeb durchgeführt wurden. Für die dekorative Bemalung des Saales mit
Grotesken konnte — durch Vermittlung von Alexander Colin
— der Künstler Denis van Hallaert verpflichtet werden, der
neben der Jahreszahl 1571 im
westlichsten Rundfenster der
Südwand signierte. Die Südwand wurde in der Sockelzone
vom Hofmaler Giovanni Battista Fontana mit Szenen aus der
Geschichte des Romulus geschmückt, die Nordwand zeigt
die Geschichte des Herkules,
die Ostwand die sieben Tugenden und die Westwand die
Freien Künste.
Den Höhepunkt des künstlerischen Schmuckes des Spanischen Saales bilden die 27 ganzfigurigen Porträts der Tiroler
Landesfürsten, welche seit David Schönherr (Gesammelte
Schriften, Band 2, S. 599 ff.)

dem Hofmaler Pietro Rosa aus
Brescia, einem Schüler Tizians,
zugeschrieben werden. Das
Programm der Porträts ist von
Osten nach Westen orientiert
und enthält unter anderem Darstellungen von Graf Albert I.
von Tirol, Meinhard II., Rudolf
IV. dem Stifter, Margarethe
Maultasch, Friedl mit der leeren
Tasche, Sigmund dem Münzreichen, Kaiser Maximilian I. und
abschließend Ferdinand II. als
dem Erbauer des Saales. Der
Innsbrucker Hans Georg Ernstlinger schrieb in seinem um
1608/10 entstandenen „Raisbuch" über den Spanischen
Saal: „Weiter ist allda zu sehen
der schöne, lange und breite
Saal mit viler Fürsten von
Oesterreich Conterfeturen und
mancherlay schönen großen
Hirschgestiern geziert."
Der Spanische Saal wurde nach
der Vollendung des Hochschlosses als Festsaal für die
glücklichen Tage der Liebenden
— Ferdinand und Philippine —
in ihrer Sommerresidenz geschaffen und dient nun seit
1963 als Rahmen für die Ambraser Schloßkonzerte.

VOR HUNDERT JAHREN
18. Juli: Die Rubrik „Alpines"
des Boten für Tirol macht aufmerksam: „Wie bekannt, steht
auf dem Piniser Joche, wohin
die Wege von Gschnitz und von

der Kahralpe im Piniser-Thale ... neu hergestellt worden
sind, eine Unterkunftshütte,
und zwar die voriges Jahr erbaute Innsbrucker Hütte der
Section Innsbruck-Wüten des
„Oest. T. C." angehörig, die für
jedermann gegen Entrichtung
der tarifmäßigen Gebühr zugänglich ist, und die jedem Habicht-Bergsteiger, besonders
dem schwächeren, willkommene Unterkunft und bequemes
Übernachten auf Matratzen gestattet."
4. August: „Laut Gemeinderaths-Beschlusses muß eine beständige bezahlte Feuerwehr
zur Nachtszeit im alten Magistratsgebäude gehalten werden."
5. August: „Bei dem gestern
abends über unserer Gegend
niedergegangenen ziemlich heftigen Gewitter hat der Blitz in
den Blitzableiter auf dem nördlichen Thurm der Stadtpfarrkirche eingeschlagen, fuhr demselben entlang in die Erde und zerstörte die in der Nähe vorbeiDas Schloß Ambras mit dem Spanischen Saal (A). Kupferstich von Matthäus Merian, 1649.
(Original: Stadtarchiv, Repro: Murauer)führende Brunnenleitung. " J.