Innsbrucker Stadtnachrichten

Jg.1981

/ Nr.9

- S.16

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Die ersten Novembertage des
Jahres 1904 waren in der Landeshauptstadt Innsbruck überschattet von unerfreulichen Ereignissen, deren trauriger Höhepunkt die Abend- und Nachtstunden vom 3. auf den 4. November bildeten: Studentenunruhen erschütterten die Stadt
Von Josefine Justic
und forderten sogar einen Toten. Der 29jährige Kunstmaler
August Pezzey wurde das Opfer
eines Bajonettstiches.
Um die Hintergründe dieser unruhigen Innsbrucker Tage etwas näher zu beleuchten, sei
hier kurz die Vorgeschichte, die
zu diesen Ereignissen führte, erwähnt: Seit Jahrzehnten lebten
in Innsbruck ca. 3000 Italiener,
aber erst in den letzten Monaten des Jahres 1904 verschlechterten sich die Beziehungen zwischen den deutsch- und italienischsprachigen Österreichern
der Landeshauptstadt. Besonders in Studentenkreisen (von
935 inskribierten Hörern der
Universität waren 167 italienischsprechend) wurde von der
,,Verwelschung"
Innsbrucks
geredet und die Ausweisung der
italienischen Studiosi gefordert.
Trotz intensiver Bemühungen
von beiden Seiten kam die
Gründung einer eigenen italienischen Universität in Triest
oder Rovereto durch die oberste Behörde in Wien nicht zu-

stande, und von dort kam auch
die für beide Teile äußerst unbefriedigende Zwischenlösung,
nämlich die Errichtung einer
italienischen juridischen Fakultät in Innsbruck. Dieser allen
Beteiligten unerwünschte Beschluß war es wohl auch, der
das schon lange Zeit brodelnde
Pulverfaß letztlich zur Explosion brachte und zu den vorerwähnten traurigen Ereignissen
führte. Jedenfalls wurde eine
italienische Rechtsfakultät in
der Liebeneggstraße eingerichtet, deren Eröffnung am 3. November 1904 in Anwesenheit
von Trientiner Abgeordneten
und Professoren sowie etwa 200
italienischen Studenten ruhig
verlief. Doch damit war dieser
Tag noch nicht zu Ende. Die
Italiener begannen erst danach,
„ihre Fakultät" zu feiern, und
zwar zogen sie von Wüten in
kleinen Gruppen Richtung Altstadt und sammelten sich zu
abendlicher Stunde wieder im
Gasthaus
zum
„Weißen
Kreuz". Von dort drangen nun
immer
lauter
werdende
deutsch- und österreichfeindliche Rufe und Parolen in die
Herzog-Friedrich-Straße und
verursachten die Ansammlung
von deutschsprachigen Studenten und Bürgern vor dem Haus.
Nachdem die lauten „EvvivaItalia"-Rufe und das Absingen
der Garibaldihymne die anwesende „Volksseele" in Aufruhr
gebracht hatten, war es nicht

verwunderlich, daß dann einige
Studenten, als sie das Gasthaus
verlassen wollten, sofort tätlich
angegriffen wurden. In dem
Handgemenge, dem die inzwischen herbeigeeilte Polizei nicht
mehr Herr werden konnte, fielen dann, und zwar von italienischer Seite, plötzlich Schüsse,
durch die mehrere Personen
verletzt wurden. Die italienischen Studenten zogen sich
hierauf vor den weiter anwachsenden Tätlichkeiten wieder in
das „Weiße Kreuz" und in die
danebenliegende „Goldene Rose" zurück, welche beiden
Gaststätten in der Folge arg
verwüstet wurden.
Gegen Mitternacht erschien
dann sogar Bürgermeister Wilhelm Greil in Begleitung mehrerer Gemeinderäte und versuchte
Ruhe in die tobende Menge zu
bringen, indem er versicherte,
die Italiener einzeln durch die
Polizei in den Arrest ins Rathaus bringen zu lassen. Doch
diese Aktionen blieben erfolglos. Zu diesem Zeitpunkt (es
war inzwischen ein Uhr morgens geworden) wurde der k. k.
Statthalter Schwartzenau eingeschaltet. Dieser veranlaßte trotz

1881

Einspruches des Bürgermeisters
die Einschaltung bewaffneten
Militärs. So zog gegen halb
zwei Uhr eine Kompanie Kaiserjäger, von der Klosterkaserne kommend, in die Altstadt
ein, um gegen die versammelte
Menge vorzugehen. Erst als
auch dies ohne Erfolg blieb,
wurde der Befehl zum Fällen
der Bajonette gegeben. Im Zuge dieser bewaffneten Auseinandersetzungen kam es dann
auch zum schon erwähnten Tod
des Innsbrucker Malers August
Pezzey, der am Burggraben von
einem Bajonett durchbohrt
wurde und dieser Verletzung
sofort erlag. Um drei Uhr früh
endlich konnten die italienischen Studenten in Ruhe abgeführt und ins Gefängnis gebracht werden. Die Schreckensnacht war damit zu Ende, doch
Unruhe herrschte auch noch in
den folgenden Tagen: So wurde
die Einrichtung der Fakultät in
der Liebeneggstraße gänzlich
zerstört und tätlicher Unmut
gegen das Militär und den Statthalter geäußert. Die Innsbrucker Ereignisse wurden
durch die Presse in der ganzen
Monarchie verbreitet und bildeten noch lange politischen Gesprächsstoff. August Pezzey
wurde am 6. November unter
großer Anteilnahme in einem
Ehrengrab der Stadt Innsbruck
zur letzten Ruhe gebettet.

VOR HUNDERT JAHREN

20. September: Auch vor 100 heimgesucht, „bei dem walnußJahren wurde Innsbruck von ei- große Schloßen keine Seltenheit
nem verheerenden Hagelschlag waren. Hunderte von Fensterscheiben fielen dem Elemente zum Opfer, und bei
manchen Gebäuden auf dem
linken und in den dem Inn zunächst gelegenen Theilen auf
dem rechten Innufer, wie bei
den Ursulinen, in der Hofburg
und im Hofgarten, blieben auf
der Wetterseite nur wenige
Scheiben ganz und von manchen Fenstern nur mehr die
Holzrahmen übrig".

4. Oktober: Zu Schulbeginn
1881/82 waren Innsbrucks
Volksschulen wie folgt frequentiert: Bürgerschule 351 Schüler,
Ursulinenschule 401 Schülerinnen, Volksschule Dreiheiligen
347 Schüler, Volksschule St.
Nikolaus 482 Schüler und die
Privatschule Mariahilf besuchDas demolierte Gasthaus zur „Goldenen Rose", nachdem die Straßenkämpfe beendet waren.
(Repro: Murauer) ten 158 Kinder.