Innsbruck (Amtsblatt)

Jg.1979

/ Nr.7

- S.3

Suchen und Blättern in knapp 900 Ausgaben und 25.000 Seiten.





vorhergehende ||| nächste Seite im Heft

Zur letzten Suche
Diese Ausgabe – 1979_Innsbruck_07
Ausgaben dieses Jahres – 1979
Jahresauswahl aller Ausgaben

Dieses Bild anzeigen/herunterladen
Gesamter Text dieser Seite:
Lassen sich Erdbeben vorhersehen?
„Bebenforscher" Dr. Wöbking: Erdbebenvorwarnung in Tirol ist in ein entscheidendes Stadium gerückt

Die Maria-Theresien-Straße war
nun längere Zeit hindurch eine
Großbaustelle und, wie Sie wissen, wurde die Erneuerung der
Gasrohrieitung zum Anlaß genommen, auch alle übrigen Versorgungsleitungen zu überprüfen und soweit notwendig zu sanieren oder in ihrer Leistungsfähigkeit auszuweiten. Die Arbeiten wurden termingerecht abgeschlossen, und ich möchte auch
als Bürgermeister allen herzlich
danken, die einerseits um den
raschen Ablauf der Arbeiten bemüht waren, andererseits aber
als Anrainer und Benutzer der
Straße Verständnis für die baubedingten Belastungen und Einschränkungen gezeigt haben.
Gerade die durch die Baumaßnahmen bedingte Reduzierung
des Verkehrs hat in uns aber die
Vorstellung wach werden lassen, wie erstrebenswert doch eine Maria-Theresien-Straße wäre, die nur wenig von Kraftfahrzeugen beansprucht wird, dafür
aber den Fußgängern umso
mehr Raum gibt. So wollen wir
dieses Ziel nun ins Auge fassen,
und der Stadtsenat hat sich bereits mit einer vom Stadtbauamt
ausgearbeiteten Gestaltungsstudie für die Maria-TheresienStraße befaßt, wonach dieser
Straße wieder mehr die Funktion
und Gestaltung eines Stadtplat
zes zukommen, der Individual
verkehr zugunsten des öffentli
chen Fußgängerverkehrs weit"
gehend reduziert werden und
das äußere Erscheinungsbild
der Straße im Sinne dieser
Funktionen harmonisch gestaltet
werden soll.
Der Auftrag zur Ausarbeitung
des entsprechenden Detailprojektes ist bereits vergeben, und
es ist das Bestreben der Stadt
führung, den ersten Bauabschnitt dieser Neugestaltung
noch bis zum 1. Juni 1980 abzuschließen, so daß sich bis zur
800-Jahr-Feier unserer Stadt im
Juni des kommenden Jahres der
nördliche Teil der Maria-Theresien-Straße schon im neuen
Kleid zeigen wird.

(We) Über den Stand der derzeitigen Forschung und über die Möglichkeiten einer Erdbebenvorwarnung im Bereich der Landeshauptstadt Innsbruck berichtete der Innsbrucker Geologe Dr. Wöbking in einem ausführlichen Referat anläßlich des 27. Bezirksfeuerwehrtages
in Innsbruck.
Obwohl unsere Erde schon rund
4,5 Milliarden Jahre alt ist, finden
auch heute noch Veränderungen in
der Erdkruste statt. Wie Alfred
Wegener schon 1912 mit seiner
Kontinentarverschiebungstheorie
nachgewiesen hat, besteht die Erdkruste aus mehreren Schollen, die
sich aufeinander zu bzw. voneinander weg bewegen. An den Rändern
dieser Schollen entsteht dadurch
ein gewaltiger Druck, eine erdbebengefährdete Zone wird aufgebaut. Schließlich zerbricht das Gestein in einer ruckartigen Bewegung, es entsteht Reibungswärme
und es kommt zur Abstrahlung von
Energie in Form von mechanischen
Wellenbewegungen, die man dann
als Erdbeben verspürt. Auslösend
für solche Vorgänge sind laut Dr.
Wöbking auch oft äußere Einwirkungen wie heftige Niederschläge,
plötzliche
Luftdruckänderungen,
starke Stürme und Einflüsse von
Sonne und Mond. Für den Raum
Innsbruck wurde zum Beispiel festgestellt, daß dann eine besondere
Bebenhäufigkeit zu beobachten ist,
wenn die Verbindungslinie Sonne Mond die gleiche Richtung hat wie
die Inntallinie bzw. wie die Wipptallinie, die beide als Bebenlinien an-

zusprechen sind. Durch Berechnung der Sonnen- und Mondstellung wie durch Beobachtung des
Wetters können mögliche Zeiten für
eine Bebenbildung errechnet werden, was aber natürlich nicht heißt,
daß auf einen starken Regen ein
Beben folgen muß. Besonders typische Anzeichen für eine eventuell
bevorstehende Bebentätigkeit sind
Gesteinsverschiebungen. Gesteine, die unter Spannung stehen,
neigen zur Bildung von feinen Rissen, was wiederum mit akustischen
Signalen verbunden ist, die im Höroder Fühlbarkeitsbereich bestimmter Tiere liegen. Solche Tierbeobachtungen als Warnung vor Erdbeben werden in Rußland, China und
in Amerika bereits angewendet, beruhen aber nur auf Indizien.
Ein exakteres Verfahren zur Erdbebenvorwarnung wurde in Rußland
entwickelt und wird seit einem Jahr
für den Einsatz in Tirol propagiert.
Wenn sich in der Erdkruste ein mechanisches Spannungsfeld aufbaut, treten ständig Bildungen feiner Haarrisse auf, die mit Luft oder
sonstigen Gasen gefüllt sind. Die
damit verbundenen sogenannten
Mikrobeben können mit feinen Instrumenten registriert werden, wobei für die Ausbreitung der Wellen
dieser Beben eine bestimmte Geschwindigkeit festzustellen ist.
Wenn in den Gesteinen viele gasgefüllte Haarrisse vorliegen, werden die Ausbreitungsgeschwindigkeiten der Wellen herabgesetzt, da
sich die Wellen in Gasen langsamer ausbreiten. Je höher die Span-

nung im Gestein ansteigt, je mehr
Risse auftreten, umso langsamer
wird die Geschwindigkeit der Wellen. Bevor das Gestein zerbricht
weiten sich die Risse so stark aus,
daß Wasser in sie eindringen kann;
nun schnellt die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Wellen wieder
auf den NormaJwert hinauf, was ankündigt, daß ein Beben unmittelbar
bevorsteht.
Zur Erfassung dieser seismischen
Wellen werden vier Seismometer
benötigt, die an einem ruhigen Ort,
im anstehenden Fels untergebracht
sein müssen. Sie verwandeln die
mechanischen Schwingungen der
Mikrobeben in elektrische Schwingungen, die in der konkreten Innsbrucker Situation zur Hauptfeuerwache gesendet und dort aufgezeichnet werden. Der diensthabende Wachekommandant kann die
Situation jeweils rasch beurteilen,
erforderlichenfalls Warnung geben
und auch relativ exakte Aussagen
über Ort, Zeitpunkt und Stärke des
zu erwartenden Bebens machen.
Folgende Aktivitäten wurden seitens des Warndienstes für eine
Vorwarnung bereits gesetzt:
• Mit Unterstützung der Berufsfeuerwehr Innsbruck wurden die
Ausbreitungsgeschwindigkeiten
seismischer Wellen an typischen
Gesteinen unserer Region ermittelt.
• Zwei von den vier Seismometern sind bereits fix montiert, im
Mühlauer Wasserwerk und im
Druckstollen „Windegg".
• Die geowissenschaftlichen Institute der Universität Innsbruck haben sich bereit erklärt, alle Beobachtungen über Gesteinsverschiebungen mitzuteilen.
• Mit dem geophysikalischen Institut der Technischen Universität
Wien wurde wegen einer Berechnung der kritischen Zeiten bezüglich der Konstellation von Sonne
und Mond verhandelt.

Hans Kofiers Wirken durch Professortitel anerkannt
Die Verleihung des Professortitels an den am Innsbrucker
Konservatorium
wirkenden Lehrer Hans Kotier nahm Kulturstadtrat Dr. Günther
Schlenck
zum Anlaß, um die Verdienste Kofiers um das Innsbrucker Musikleben zu
würdigen. Nach Absolvierung seiner Klavierstudien bei Fritz Weidlich und
Friedrich Wührer und der Ablegung der Staatsprüfung ist Kofier nunmehr
seit 30 Jahren als erfolgreicher Lehrer am Innsbrucker
Konservatorium
tätig,, erteilt auch Cembalo-Unterricht,
ist als Pianist und Begleiter, in der
Kammermusik wie auch als Solist bei den Innsbrucker
Symphoniekonzerten geschätzt und hat sich zuletzt auch als Fachgruppenvorstand
der
Gruppe Tasteninstrumente
am Konservatorium
verdient gemacht.
(Foto:
Murauer)

Innsbruck - Offizielles Mitteilungsblatt der Landeshauptstadt - Jahrgang 1979/Nr. 7

• Von der Direktion des Alpenzoos wurde zugesagt, Beobachtungen an Tieren bezüglich einer möglichen Bebenempfindlichkeit vorzunehmen. Zum Abschluß seiner
Ausführungen appellierte Dr. Wöbking an alle, nach der Suche für einen geeigneten Standort für die
beiden anderen Seismometer behilflich zu sein. Bedingung für einen
geeigneten Standort wären ein Bereich ohne Verkehr, ein anstehender Fels und eine direkte Sicht zur
Hauptfeuerwache. In Frage kommt
das Gebiet von Ziri bis Jenbach und
von Schönberg bis zur Nordkette.
Für entsprechende Meldungen ist
die Berufsfeuerwehr dankbar.
Seite 3