Innsbruck (Amtsblatt)

Jg.1977

/ Nr.4

- S.12

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Wettern und diskutieren, an die
Vernunft appellieren, das Ende
in den schwärzesten Farben malen hilft nicht viel, wenn es um
die Sucht nach leiblichen Genüssen geht. Dies mußte auch ein
berühmter Mann der Innsbrucker
Universität, Franz Holler von
Doblhof, der Philosophie und der
Arzneigelahrtheit Doktor, Inhaber des Lehramtes der Aphorismen von 1691 bis 1702, fünfmal
Dekan und einmal Rektor der
AlmaMaterOenipontana, erfahren, als er 1698 eine Schrift über
„Gebrauch und Mißbrauch von
Chocolade, Thée, Caffée und
Tabac" abfaßte. In Latein, verV o n Dr. W a l t e r Frenze!
steht sich, und daher vielleicht
auch bei denen, die es letztlich
betraf, nicht von der erwarteten
Durchschlagskraft.
Wir aber folgen Dr. Holler so
gut es geht auf Deutsch, um
mehr über die Drogen seiner
Zeit, die zu den gebräuchlichsten Genußmitteln unserer Zeit
wurden, zu erfahren. Hatte Aristoteles gesagt, daß der „Tod
vom Schrecklichen das Schrecklichste" sei, so fügte Holler als
berufener Aphoristiker eine weitere Sentenz hinzu: „Das Leben
ist vom Schönen das Schönste"
und wenn man dieses Leben
schon nicht verlängern könne,
so müsse man es zumindest gesund erhalten. Aber, o tempora,
o mores! - aus allen vier Erdteilen werden Sitten von Menschen
eingeschleppt, die vom Leben
gar nichts wissen. Aus Amerika
die „chocolatam", aus Brasilien
der „tabacum", aus China das
Kraut „Thée" und aus dem
glücklichen Arabien der „caffée". Das alles wird in ganz
Europa mit übersteigerten Lobpreisungen bedacht, wobei vor
allem die Neuheit und die Neugier dafür sorgen, daß allenthalben diese Dinge wie ein „den
Menschen zugeflossener Götternektar" verabreicht werden. Heftig wird bei allen Tafeln geschlürft und die strengen und harten Regeln der alten Arzneigelehrten, die Abstinenz und Arbeit predigten, aus dem Bewußtsein verbannt.
Beim Adel ist es schon Brauch
(besser gesagt Mißbrauch), vor
dem Essen eine Chocolade zu
nehmen, um den Magen zu stärken, nach dem Essen Thée oder
Caffée, um c"iesen zu schließen
und (wenn es den Göttern gefällt) die Windungen des G e hirns zu erhellen. Man stopft
sich Tabac in Pulverform in die
Seit« 12

Nasenlöcher, selbst in der Kirche
und bei geheimen Ratssitzungen.
Ja man nimmt den Tabac auch
in Form von Rauch zu sich und
räuchert damit gleichsam das lebende Fleisch, um es vor dem
Verfall zu schützen.
Fürsten, Adel, Damen und Doktoren haben ihre Kabinette,
Stübchen und, heute würde man
sagen Kochnischen, um diese
exotischen Getränke zu brauen.
Dort, wo man früher Limonaden,
Säfte und andere Mixturen ausschenkte, die viel geeigneter wären zur Verlängerung des Lebens, dort wird jetzt den ganzen
Tag das „barbarische Zeug" geschlürft. Und selbst die Köche
und Köchinnen gebärden sich
wie ihre adelige Herrschaft und
servieren ihren Gästen den Thée
in irdenen Schalen, die Chocolade und den Caffée aber in Tassen aus Porzellan auf lackierten
Tischen, die mit den unglaublichsten und abartigsten „indischen Monstren" bemalt sind. O
wundersames Europa!, o gräßlicher Neuigkeitsdrang! Alles,
was bei den Barbaren Sitte ist,
wird nachgemacht! Und dabei
sollte man den Gebrauch dieser
Dinge doch jenen Völkern überlassen, die uns so artfremd sind
und unter einem weit entfernten
Himmel leben, die einfachere
Kost gewohnt und daher leichter
zufriedenzustellen sind, die weder Wein noch Schnaps kennen,
noch die Härte des Gesetzes.
Ja, Professor Holler zog zu
Felde gegen diese „modernen"
Seuchen, rief nach Hippokrates
und Galenus, nach Demokrit
und Heraklit und beschwor den
Untergang Europas herauf. Doch
er sah auch ein, daß er sich dem
Gelächter ausgesetzt hätte, falls
er jede heilende und prophylaktische Wirkung verleugnete. So
gab er den guten Rat, nebst weiteren 20 Seiten lateinischer Arz-

VOR HUNDERT J A H R E N
14. A p r i l : Die „Militär- und Landesschützen-Stellung" für Innsbruck ergibt
kein günstiges
Tauglichkeitsverhältnis.
„Von
den vorgeführten 101 Stellungspflichtigen wurden als tauglich
20 Mann zum aktiven Heere und
1 Mann zur zeitlichen Ersatz-Reserve gestellt."

Franz Holler
von Doblhof,
„der Philosophie
und
Arzneigelahrtheit
Doktor",
bekleidete von 1691 bis 1702 das Lehramt für Aphorismen an
der Universität zu Innsbruck. Medizinisch tat er sich mit einem
„Traktat
über die Alterskrankheiten",
einem „Schlüssel zur Gesundheit" und einer
Abhandlung
„Über Gebrauch und Mißbrauch von Chocolade,
Thée,
Caffée & Tabac" hervor.
(Repro:
Murauer)

neigelahrtheit zum Für und W i der, ein bis zweimal höchstens
in der Woche ein Täßchen Chocolade, Thée oder Caffée zu
schlürfen und den Tabacstaub
höchst selten in die Nasenlöcher
zu stopfen. Was ist aus seinem
Rat und seinen Warnungen geworden?!
Er selbst jedenfalls gab 1702 die
Lehrtätigkeit an der Innsbrucker
Universität auf und zog nach
Wien, um als Hofleibarzt über
die Gesundheit Kaiser Leopolds
zu wachen.
17. A p r i l : Fazit der abgeschlossenen Innsbrucker Gemeinderatswahlen: „Die Bürgerschaft
Innsbrucks hat sich von extremen
Richtungen
abgewendet,
es
aber durch nicht mißzuverstehende Zahlen ausgesprochen,
daß auch im Rathe der Stadt
nur der ihres Vertrauens würdig
ist, der unverhohlen die Verfassung anerkennt, und von dem
sie nicht zu befürchten hat, daß
er offen oder heimlich beihelfen
werde, ihr die Errungenschaften
desselben auf communalem Gebiet illusorisch zu machen"
29. A p r i l : B. Habicher gibt bekannt, daß er das „Depot von
Lagerbier der durch ihren alten
Ruhm bewährten Firma ,Zipf,

in Innsbruck inne und bereits eröffnet habe . . . Da bekanntermaßen die Firma ,Zipf jährlich
einen Absatz von 160.000 Eimer
hat, so spricht die Ziffer hinreichend für die Qualität der W a re."
6. M a i : „Im neuangelegten Stadtpark am Innquai wurde das
Walther-Standbild ohne Abhaltung einer besonderen Feier enthüllt und heute Früh mit prachtvollen Kränzen geschmückt."
7. M a i : „Künftigen Montag den
7. d. Mts 2 Uhr Nachmittags beginnt die öffentliche u n e n t g e l tiche Impfung und findet von da
ab jeden Montag zur gleichen
Stunde in der Wohnung des
S"adtarztes Herrn Dr. Glatz
(Neustadt Nr. 13) statt."
9. M a i : Der Gemeinderat wählt
den bisherigen Vizebürgermeister Dr. Dinter an Stelle des Dr.
Tschurtschenlhaler zum Bürgermeister. „Bekanntlich mußte Dr.
Tschurtschenthaler, nachdem er
aurch 8 Jahre die Stadt in geradezu mustergültiger Weise verwaltet, und wohl wie vielleicht
keiner seiner Vorgänger die Entwicklung und Blüthe derselben
gefördert hat, aus dem Bürgsrmeisteramt scheiden, da er die
Stelle eines Rechtsconsulenten
der hiesigen Sporcasse übernommen hat."

Innsbruck - Offizielles Mitteilungsblatt der Landeshauptstadt - Jahrgang 1977/Nr. 4