Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1975

/ Nr.9

- S.12

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Stadtplanung um die Jahrhundertwende
Von Dr. Heinz Moser

Die Bevölkerung der Städte ist in ständigem Wachsen
begriffen. Die Bevölkerungsexplosion, beginnend im
19. Jahrhundert auf Grund neuer medizinischer Erkenntnisse und Errungenschaften, wird am Beispiel
Innsbruck wohl am eindrucksvollsten durch die Bevölkerungszahlen von 9306 Einwohnern im Mai 1808 (bayr.
Volkszählung) und 116.511 Einwohnern (anwesende
Bevölkerung) im Jahre 1971 zum Ausdruck gebracht.
Innsbruck war damals also ungefähr so groß wie
heute Schwaz oder Kufstein.
Durch die rasante Zunahme der Bevölkerung wurden
zum erstenmal wohl unsere Ur-Ur-Großväter mit jenem Problem konfrontiert, das wir heute mit dem
Ausdruck „Städteplanung" bezeichnen. Welch gewaltige Sache mußte der Bau der Eisenbahn und ihre
Eröffnung im Jahre 1858 gewesen sein und welchen
Weitblick hatten die Stadtväter jener Zeit, als sie —

Ausschnitt aus dem V e r b a u u n g s p l a n von P r a d l 1904. (Foto: P. Renzler)

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nach heute noch gültigen Regeln — die Trasse der
Bahn außerhalb des damaligen Stadtbereiches verlaufen ließen. Doch niemand konnte damals abschätzen, daß das Wachstum der Stadt alle Prognosen
übertreffen würde und deshalb heute die Bahnlinie
mitten durch das Stadtgebiet führt.
Neuer Wohnraum mußte in jener Zeit geschaffen werden. Da Hochhäuser damals technisch nicht durchführbar waren, mußte man das Stadtgebiet erweitern.
Neue Stadtviertel entstanden, die damals neu angelegte Museumstraße hatte ihren Endpunkt bei der
heutigen Rhomberg-Passage. Ihre Fortsetzung, die
Amraser Straße, gab es damals noch nicht. Saggen,
das Innsbrucker Villenviertel, entstand in dieser Zeit.
Die Pläne für eine systematische Verbauung wurden
nicht in allen Belangen ausgeführt, zumal der Erste
Weltkrieg der Entwicklung ein jähes Ende setzte.
Doch erkennt man heute noch in der geometrischen
Aufteilung der Straßenzüge die eigentliche Idee der
damaligen Stadtplanung. Auch für das Gebiet des
heutigen Stadtviertels Pradl, das bis 1904 zusammen
mit Amras und den Sillhöfen eine selbständige Gemeinde bildete, wurde um die Jahrhundertwende ein
Verbauungsplan erstellt. Dieser sah neben der Schleifung des zum Glück heute noch erhaltenen ursprünglichen Dorfkernes eine großzügige Anlage von Straßenzügen vor, die im Süden durch eine imposante
Parkanlage unter Einbezug des Schlosses Ambras
ihre Begrenzung finden sollte. Das Dorf Amras wurde
in diese Planung nicht miteinbezogen. Schauen wir
uns den Plan im Bereich des alten Dorfkernes etwas
genauer an, und vergleichen wir ihn mit den heutigen
Verhältnissen: Die alte Pfarrkirche sollte abgerissen
und durch einen breiten Straßenzug ersetzt werden.
Etwa 90 m südlich von ihr sollte eine neue Kirche errichtet werden. Dieses Vorhaben wurde in den Jahren
1905—1908 auch tatsächlich durchgeführt. Der Leipziger Platz wurde damals ebenfalls eingeplant, jedoch nicht in der Gestalt, wie er sich heute darbietet.
Der Verlauf der Amraser Straße wurde in großen
Zügen bereits festgelegt.
Wenn wir jedoch den damaligen Gesamtverbauungsplan mit den heutigen Verhältnissen vergleichen, so
ist zwar noch ein Rest der geplanten Anlage erkennbar, doch auch hier ist — ähnlich beim Saggen —
der Plan nie konsequent ausgeführt worden. Vor
allem im Bereich des alten Kernes von Pradl und südlich des heutigen Südringes sind keinerlei Ansätze
zur Verwirklichung zu finden.