Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1972

/ Nr.10

- S.18

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Eine interessante Schießscheibe aus dem Jahre 1741
Stadtkundlicher Beitrag von Oberamtsrat Hartmann Egger
In Innsbruck gab es freiwillige Scharfschützenkompanien
bis 1866, in welchem Jahre sie zum letzten Male zur Verteidigung Tirols ausrückten. Ihr Ursprung ist in der Mannschaft zu suchen, welche die mit Türmen, Mauern und
Gräben umschlossene Stadt beschützen mußte und die
man zuerst als Stachel- oder Armbrustschützen und später
als Feuerschützen bezeichnete. Zu den Aufgeboten des
Landes hatte selbstverständlich auch die Landeshauptstadt
ihren Anteil zu stellen, weshalb die Bürger in Friedenszeiten zum Landesverteidigungsdienst ausgebildet und
am Schießstand erprobt worden sind. Die bei solcher Gelegenheit ausgeschossenen Schießgaben spendete in erster Linie der Landesfürst, der ja an einer guten Schießausbildung interessiert sein mußte. Daneben gab es immer wieder edle Gönner und Freunde des Schützenwesens, aber auch die Stadt Innsbruck selbst warf alljährlich
eine schöne Summe Geldes dafür aus.
Nun findet sich am neuen Landeshauptschießstand oberhalb von Arzl die nebenstehend abgebildete Schießscheibe
mit dem folgenden Motto am oberen Spruchband: „Hier
wird ein Fahnen vorgestellt von bürgerlichen Schützen —
Zu zeigen ihre Lieb und Treu, das Lande zu beschützen"
Am unteren Spruchband lesen wir: „Mit Feuer und Degen
— Gott geb sein Segen, Anno 1741."
Im Jahre 1741 erwählten sich die Innsbrucker Stadt- oder
wie sie auch hießen, bürgerlichen Schützen am 3. August
Carl Singer, den damaligen Amtsbürgermeister von Innsbruck, zu ihrem Hauptmann. Als Schützen nahm man in
die Reihen der Kompanie nur Bürger der Stadt auf, die
am Schießstand einrolliert waren, d. h., also nur solche,
die sich zur Teilnahme an den vorgeschriebenen Schießübungen verpflichtet hatten und dazu in die Liste des
Schießstandes eingetragen worden waren. Sie besaßen
seit alters her eine eigene Uniformierung, die sich damals
jeder Schütze selbst bezahlen mußte. Auf unserer Schießscheibe stechen die grünen Uniformröcke mit den roten
Ärmelaufschlägen besonders gut hervor, wodurch wir mit
dieser Scheibe wohl die einzige farbige Abbildung der
Innsbrucker Schützen aus der damaligen Zeit besitzen!
Die gleiche Uniformierung trägt übrigens auch der Fähnrich am Deckel eines Pokales, welchen der Hauptmann
der Innsbrucker im Jahre 1743 seiner Schützenkompanie
gestiftet hat. Die Röcke der Innsbrucker Schützen waren
damals also schon in denselben Farben gehalten, grün
mit roten Aufschlägen, welche die Stadtschützen auch später (z. B. 1856) trugen und die auch heute in den Röcken
der 1971 neu begründeten Stadtschützenkompanie St. Nikolaus-Mariahilf wiederkehren. Auf dem Platz vor dem
großen, mit einem Tiroler Adler gekrönten Rundzelt stehen
die Schützen und schwören ihrem neuen Hauptmann und
der Fahne den Treueid. Die Fahne ist verhältnismäßig
groß und in den weiß-grünen Schützenfarben gehalten. Auf
ihrem äußeren unteren Eck ist das aufgenähte Innsbrucker
Stadtwappen gut sichtbar. Über diese Fahne ist im Ratsprotokoll vom 3. September 1741 vermerkt: „Die bürgerliche Schützencompagnie langet an, derselben eine von
den sauberen Stadtfahnen zum Gebrauch zu übergeben".
Die Übergabe einer Fahne wurde denn auch bewilligt, allerdings unter der Bedingung, daß sie auch weiterhin im Rathaus aufbewahrt werden sollte. Die feierliche Fahnenweihe

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selbst fand dann am 28. Oktober statt. Zu diesem Fest erhielten die Schützen aus der Stadtkasse einen Beitrag von
50 Gulden.
Auf der Scheibe ist aber noch so manches andere zu
sehen, was einer aufmerksamen Betrachtung würdig ist!
Da ist einmal oberhalb des Zeltes eine im Stil der damaligen Zeit gemalte Schießscheibe: Von einem Fahnentuch umwunden hält die dazugehörige Fahnenstange ein
aus einer Wolke herausragender Arm; auch im linken Teil
der Scheibe wächst aus einer Wolke so ein Arm, der symbolisch einen Palmenzweig mit der Fahne kreuzt. Die
Landschaft aber, vor welcher der Festakt stattfindet, zeigt
eine Pappelreihe und ein turmartiges Gebäude mit einem
Spitzwalmdach zwischen zwei Erkern und dahinter eine
nicht gerade übermäßig hohe Bergkette. Der abgebildete
Ansitz wird wohl das sogenannte Spielmannschlößl sein,
der heutige städtische Kinderhort Höttinger Au Nr. 8. Somit ist auch der Platz fixiert, auf dem die Schützen ihren
Treueid leisten: es ist das alte Schießstandgelände, dessen
Begrenzung gegen den Inn hin die auch heute noch hoch
aufragende kurze Pappelreihe bildet. Der Blick ist also
nach Westen gerichtet, ungefährer Standpunkt des Beschauers ist der Platz vor der Mariahilfkirche. Von den
Bergen im Hintergrund ist recht gut der Roßkogel und
das Ranggerköpfl zu erkennen.
So bewahrt der Innsbrucker Landeshauptschießstand unter
seinem Bestand an alten Schießscheiben eine für die Geschichte Innsbrucks und seiner Schützenkompanien seltene
Kostbarkeit. Gerade heute, wo das dargestellte Areal des
alten Schießstandes mit modernen Wohnhäusern verbaut
wird und nichts mehr auf diese jahrhundertealte Kampfstätte der Innsbrucker Schützen hinweist, würde diese
Schießscheibe sicherlich einen besonderen Ehrenplatz verdienen!