Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1972

/ Nr.4

- S.18

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Diese Ausgabe – 1972_Amtsblatt_04
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Innsbrucks ältester Erdglobus
Stadtkundlicher Beitrag von Manfred Woditschka
Die Universitätsbibliothek Innsbruck besitzt einen für unsere Stadt einmaligen, leider aber weithin unbekannten
und unbeachteten Kulturschatz: Einen Renaissance-Erdglobus aus der Werkstatt der niederländischen Kartographen-und Globenbauerfamilie Van Langren.
Um 1585 brachte Jacobus mit seinem Sohn Arnoldus den
ersten heute noch existierenden Erdglobus heraus, dessen
Ausführung und Beschriftung eine besonders meisterhafte
Hand verraten. Ihre gediegene Arbeit brachte ihnen raschen Ruhm weit über die Grenzen ihres Heimatlandes
und die Verewigung in den Annalen der Kartographie, wo
ihr Namen neben denen der ganz Großen wie De Jode,
Mercator, Ortelius u. a. steht. Arnoldus Florentius ab Langren, der den Familienbetrieb nach dem Tode seines Vaters fortführte, ist der „Author et Sculptor" des „Innsbrucker" Globus, wie uns eine Inschrift zu berichten weiß,

die auf dem Globus südlich von Neu Guinea zu lesen ist.
Wie die Erdkugel samt Gestell letztlich in die Universitätsbibliothek Innsbruck gelangte, läßt sich nicht mehr mit
Sicherheit sagen. Wahrscheinlich war die letzte Zwischenstation Schloß Ambras. Ähnliche Globen wie den von Innsbruck gibt es im Schiffahrtsmuseum in Amsterdam aus
dem Jahre 1612 und in der Universitätsbiliothek von Gent
von 1617.
Der in der Innsbrucker Universitätsbibliothek verwahrte
Globus wurde nach einem handschriftlichen Vermerk 1614
vollendet. Die Globuskugel mit einem Durchmesser von
52,8 cm ist aus schmalen Holzstreifen zusammengesetzt
und innen hohl. Das Ganze ist mit Gips überdeckt, auf den
dann die Segmente geklebt sind. Die Kugel dreht sich um
eine kupferne Achse, die an einem ebenfalls kupfernen
Meridian befestigt ist, auf dem die Breitengrade eingraviert
sind. Der Globus ruht auf einem dreibeinigen hölzernen
Gestell, welches den originalen eichenhölzernen Horizontring trägt. Das Gestell wurde, um die Kugel zu schonen,
provisorisch nach dem Kriege angefertigt, nachdem das
ursprüngliche Gestell, aus sechs schlanken, kunstvoll gedrechselten Säulchen bestehend, zusammengebrochen war.
Diese sechs Stellen, wo einst der Horizontring getragen
wurde, sind noch sichtbar (siehe Abbildung).
Beim Nordpol befindet sich, lose mit dem Meridian verbunden, das Ziffernblatt (in 24 Stunden eingeteilt) des
Stundenringes, dessen Zeiger wie die Befestigungsschraube von der Achse verlorengingen. Ebenso verloren
ging der Kompaß. Er war in den Horizontring eingebaut.
Darauf sind noch die eingezeichneten Weltgegenden, Monatsnamen, Tage und Ekliptikzeichen deutlich sichtbar.
Die Höhe von Globus und Gestell beträgt 108 cm, dürfte
aber ursprünglich gleich der Ausführung des Amsterdamer
Globus nur 76 cm betragen haben.

V a n - L a n g r e n - G l o b u s (1614) aus der Universitätsbibliothek Innsbruck.
(Foto: Woditschka)

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Die Oberfläche der Erdkugel ist restaurierungsbedürftig,
im großen und ganzen ist sie vollständig erhalten geblieben. Der Globus mit seiner reichen Beschriftung ist ein
sorgfältig ausgeführter „sprechender" Globus und hat
durch seine zahllosen Darstellungen und Legenden einen
hohen historischen Wert. Um das darauf Dargebotene in
etwa beschreiben zu wollen, benötigte man den Umfang
eines Buches. Nur auf zwei interessante Punkte sei hingewiesen. Ungefähr auf dem 75. nördlichen Breitengrad und
180. Grad östlicher Länge erhebt sich aus dem Nordmeer
ein mächtiger Felsen, der magnetische Pol, und etwas
nordwestlich davon ist noch ein zweiter „Polus magnetis"
eingezeichnet: Es ist dies eine der ersten Darstellungen
dieses Poles auf einem Globus und gleich in doppelter
Ausführung. Der zweite Punkt, da etwas kleiner, ist schwieriger zu finden, aber ein geduldiger Sucher findet auch ihn:
Innsbruck, die Stadt am Inn.