Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1971

/ Nr.3

- S.3

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dern zunehmend belasten. Die
Folgekosten bestehen ja nicht nur
aus den Zinsen und den Kapitalrückzahlungsraten, also den Annuitäten für die abgeschlossenen Einrichtungen, sondern noch mehr aus
den Personal- und Betriebskosten,
die nach Fertigstellung des Vorhabens laufend und je nach Kostenentwicklung immer höher anfallen.
So entstehen beim Bau eines
Kindergartens mit 5 Abteilungen zu
je 4 0 Kindern ohne Berücksichtigung der Annuitäten, die in unserem Budget gesondert ausgewie-

sen werden, allein Betriebs- und
Personalkosten
in
Höhe
von
S 610.000.- pro Jahr. Eine Volksschulklasse hingegen erfordert pro
Jahr rund S 33.000.- allein an Betriebskosten; eine Hauptschulklasse
etwa S 26.000.-. Die neue Hauptschule Saggen-Reichenau wird daher nach ihrer Fertigstellung das
Budget 1972 mit Folgekosten von
rund S 800.000.- belasten, während die Folgekosten nach der Fertigstellung der Volksschule ArzlDorf mit etwa S 270.000.- anzunehmen sind.

Neuer Finanzausgleich muß die Lasten gerecht verteilen
Ein Finanzwissenschaftler hat in
letzter Zeit einmal versucht, die
Städte und Gemeinden ihren Aufgaben nach in ein wirtschaftliches
Schema einzuordnen und kam dabei zum Schluß, daß man sie am
besten mit
Dienstleistungsunternehmungen vergleichen könnte.
Dieser Vergleich ist sehr richtig,
wenn er den Aufgabenbereich betrifft; er hält aber schon nicht mehr,
wenn man die Beweglichkeit eines
Dienstleistungsunternehmens
in
der Übernahme und Ablehnung
von Aufträgen mit der Beweglichkeit der Stadt auf diesem Sektor
vergleicht. Während ein Dienstleistungsunternehmen
unbequeme
und unrentable Aufträge kaum
übernimmt, werden der Stadt ihre
Aufgaben vom Gesetzgeber oder
von der Öffentlichkeit zugewiesen.
Ein Wahlrecht in der Übernahme
ist meist überhaupt nicht gegeben.
Auch nimmt man bei einem Dienstleistungsunternehmen mit Selbstverständlichkeit an, daß es mit
kostendeckenden Tarifen arbeitet.
Die „Öffentliche Hand" kann ihre
Steuern, Gebühren und Abgaben
oder die sonstigen Tarife nur selten und in einem meist sehr begrenzten Umfang erhöhen.
Dieses Mißverhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben führt bei
einer
wahren
Kostenexplosion
zwangsläufig dazu, daß die Personal- und Sachausgaben im Budget,
also ihre fixen Ausgaben, gemessen am Gesamtrahmen, immer
mehr zunehmen und damit im Ordentlichen Haushalt die Manövrierfähigkeit immer mehr eingeengt
wird.
Ich bitte, es mir in meiner Berichterstattung nicht als Wiederholung
anzumerken, wenn ich Jahr für
Jahr gleich ausführen muß, daß da-

mit Vorhaben, die im Ordentlichen
Haushalt abzuwickeln wären und
früher auch dort abgewickelt wurden, zunehmend in den Außerordentlichen Haushalt verwiesen werden müssen, dem überdies aus
dem Ordentlichen Haushalt keine
nennenswerten Überschüsse zugewiesen werden können. Damit muß
aber ein weiterer Teil des Außerordentlichen Haushalts auf dem
Darlehensweg
bedeckt
werden,
was wiederum zu einer weiteren
Verschuldung führen muß.
Da diese Entwicklung schon vor
Jahren begonnen hat und die Aushöhlung der Städte und Gemeinden
nicht erst eine Erscheinungsform
von heute ist, ergibt sich an dieser
Stelle zwangsläufig die Frage nach
dem F i n a n z a u s g l e i c h u n d
die F e s t s t e l l u n g , daß d a s
bisherige paktierte Abkommen zwischen Bund,
L ä n d e r n und G e m e i n d e n ,
weder seiner
Konstruktion als Ein n a h m e n a u s -

gleich noch seinem primären
Zweck
nach, einem e c h t e n
Lastenausgleich gerecht wird.
Ich habe schon in den vergangenen
Jahren an dieser Stelle bewiesen,
daß nicht einmal der Einnahmenausgleich gegeben ist, weil die
Einnahmen von Bund und Ländern
viel schneller wachsen als jene der
Gemeinden, und weil vor allem der
Bund durch einseitige Maßnahmen
dieses scheinbare Gleichgewicht,
das nie zustandegekommen ist,
noch weiter zu seinen Gunsten verändert. Gerade die Einkommenund Lohnsteuerreform 1970 wird
die Länder und Gemeinden unzulässig belasten, wobei zu prüfen
wäre, ob sie nicht ebenso wie die
Steuerreform 1967 überhaupt verfassungswidrig ist.
Ein neues
A b k o m m e n
kann d a h e r nur
dann
als
F i n a n z a u s g l e i c h
im w a h r s t e n S i n n e d e s
Wortes a n g e s e h e n werden, wenn
d a r i n
die
kleinste Gemeinschaft,
nämlich die Gemeinde,
n i c h t
mit
der
k l e i n sten Portion
abgefertigt
wird,
s o n d e r n
wenn
ihr
w e s e n t l i c h
größere
Mittel
zugewiesen
werden.
Nur
dann ist das S u b s i d i a ritätsprinzip,
wonach
man
der k l e i n s t e n Gem e i n s c h a f t
gern
alle
jene A u f g a b e n
überläßt, die sie
erfüllen
kann, keine
E i n b a h n straße
mehr.

In zweifacher Hinsicht gilt es die Stadtgemeinde zu entlasten
Nur wenn der Finanzausgleich ein
echter Lastenausgleich ist, können
die Gemeinden ihr Investitionsvolumen ohne zunehmende Verschuldung erfüllen, ein Investionsvolumen, das — wie jüngst im Landtag
ausgeführt — im Verhältnis zu dem
des Bundes bedeutend größer ist.

messensfall zuläßt, entlastet und
unterstützt werden, wo sie in ihrer
Eigenschaft als Landeshauptstadt,
als Universitätsstadt, als Bildungszentrum, als Verkehrsknotenpunkt
oder als Sitz der Universitätsklinik
zusätzlichen Aufwendungen ausgesetzt ist.

Unabhängig vom Finanzausgleich
müssen aber die Städte und Gemeinden eine doppelte Entlastung
erfahren. Sie müssen einerseits
von allen Aufgaben befreit werden,
zu denen sie verfassungsgemäß
nicht berufen sind, die sie aber
aus einem echten Bedürfnis ihrer
Mitbürger heraus erfüllen müssen.
Die Stadt muß aber anderseits
auch überall dort, wo es der Er-

Daß es eine Reihe von Möglichkeiten gibt, die Landeshauptstadt
zu entlasten, kann am Beispiel anderer Landeshauptstädte bewiesen
werden. Ein Modellfall für uns ist
die Stadt Salzburg, weil sie in ihrer
Größe als solche mit uns gut vergleichbar ist, und weil das Bundesland Salzburg in seiner Struktur
dem unseren auch sehr ähnlich ist.
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