Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1936

/ Nr.10

- S.2

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.Amtsblatt Nr. 10
60 Männern und 30 Frauen (im Winter steigt begreiflicherweise die Frequenz) belegt ist, Unterkunft, Frühstück und Abendessen. Das Erfordernis für den Betrieb
der Herberge, in welcher die Leistungen großteils ohne
Zahlung eines Kostenbeitrages seitens der Herbergsinsassen erbracht werden müssen, beträgt rund 40.000 8
jährlich.
Aus Vorstehendem ergibt sich, daß die Fürsorge in erster
Linie darauf abzielt, den Aermsten der Armen den allernotdürftigsten Lebensunterhalt zu sichern. Daß gerade
in der gegenwärtigen Krisenzeit die Armenfürsorge die
Finanzkraft der Stadt vor besonders schwere Aufgaben
stellt, liegt außer Zweifel. Die vorerwähnten und die
nachfolgend angeführten Ziffern bilden hiefür ein beredtes Zeugnis.
Die geschlossene Fürsorge f ü r E r w a c h s e n e
begreift die Versorgung bedürftiger Gemeindeangehöriger in verschiedenen Anstalten in sich. Als solche seien
besonders das städtische Altersheim und die städtische
Pflegeanstalt (Siechenhaus) erwähnt. I m städtischen
Altersheim finden durchschnittlich 265 Pfleglinge in ihren
alten Tagen volle Versorgung. Die Auslagen für den Betrieb der Anstalt betragen jährlich über 200.000 8. wovon
rund 60.000 8 durch Beiträge seitens solcher Pfleglinge,
welche die Vervflegskosten teilweise oder zur Gänze aus
eigenem tragen, hereingebracht werden können. I n der
städtischen Pflegeanstalt, die größtenteils unheilbare
Kranke beherbergt, werden durchschnittlich 70 Pfleglinge betreut, wofür unter Einrechnuna aller diversen
für den Anstaltsbetrieb erforderlichen Auslagen rund
90.000 8 ausgegeben werden müssen, wogegen nur rund
25.000 8 durch Vervflegskosten-Ersätze liereinaebracht
werden. Das Erfordernis für die geschlossene Fürsorge
umfaßt weiters auch den Aufwand für den Unterhalt von
Armen, Kranken und Pfleglingen in verschiedenen fremden Anstalten, beispielsweise in den verschiedenen Wohltätigkeits-, Landes-Heil- und Pflegeanstalten und öffentlichen Krankenhäusern, der mit rund 240.000 8 jährlich
angesetzt werden muß.
Die Fürsorge für Kinder und Jugendliche lenkt ihr
Hauptaugenmerk besonders darauf, einerseits den bedürftigen Kindern den notwendigen Unterhalt zu sichern,
andererseits Vorsorge zu treffen, daß die jungen Schützlinge zu tauglichen Mitgliedern der menschlichen Gesellschaft, die einst ihren Platz im Leben ausfüllen können,
herangebildet werden. Die Mittel zur Erreichung dieses
Zweckes sind gar mannigfaltig- deren nähere Erläuterung an diefer Stelle würde einen zu breiten Raum einnehmen, weshalb nur in kurzen Umrissen die Leistungen
der Stadtgemeinde auch auf diesem Gebiete dargestellt
werden sollen.
Die o f f e n e F ü r s o r g e f ü r K i n d e r u n d J u g e n d l i c h e . Die Stadt erhält eine eigene Generalvormundschaft imstädtischenJugendamts welches über 1500
Vormundschaften führt und als Ziehkinderaufsichtsstelle
über 2000 Pflegekinder beaufsichtigt. I n die Arbeit teilen
sich Beamte und Fürsorgerinnen, einig in dem Bestreben,
der Jugend nach Kräften Schutz und Wegweiser zu sein.
Die Stadt betreibt ferner 6 Kindergärten, in welchen
durch 21 Kindergärtnerinnen und 18 Pflegerinnen ungefähr 800 Kinder betreut und beschäftigt werden. Daneben
bestehen noch je ein Iugendhort am Saggen und im Kaysergarten, in denen unter Führung von zwei Hortnerinnen und einer männlichen Lehrperson Kindern und Jugendlichen in ihrer Freizeit unter guter Aufsicht Gelegenheit zu Spiel, aber auch nützlicher Beschäftigung und zur
Erlangung von Schulnachhilfe geboten wird. Während

der Sommerferien werden auf eigenen Plätzen, die sogenannten Ferienspielkreise abgehalten, in denen die Kinder (in den letzten Jahren waren es täglich rund 400),
unter Aufsicht von geeigneten Lehrpersonen Unterhaltung
und Beschäftigung finden. Für die Unterbringung der
wanderlustigen Jugend von auswärts ist durch den Betrieb
der städtischen Iugendwanderherberge in der Herrengasse Vorsorge getroffen. Der Gesamtaufwand für Jugendamt, Kindergärten, Jugendhorte, Ferienspielkreise
und Wanderherberge belastet die Stadt mit über 230.000
Schilling jährlich. Für den Unterhalt der bedürftigsten
Kinder wird durch Zuwendung von Unterstützungen in
Form von einmaligen oder laufenden Unterhalts(Erziehungs-)Veiträgen, Milchzubußen und Bekleidungsgegenständen und in den Schulkinderaussveisungen gesorgt. So werden jährlich 210.000 8 an Erziehungsbeiträgen an ungefähr 700 Eltern, bzw. Kindesmütter für ihre
Kinder ausgezahlt und es werden über 200 Kinder den
größten Teil des Schuljahres hindurch mit einem Kostenaufwand von insgesamt 35.000 8 durch die Schulkinderausspeisung mit einem nahrhaften, warmen Mittagessen
beteilt. Auf dem Gebiet der Schulhygiene wird neben der
normalen ärztlichen Fürforge insbesondere auch durch
Aufwendung eines namhaften Betrages (jährlich 7200
Schilling) für den Betrieb einer Schulzahnklinik gesorgt.
Die geschlossene F ü r s o r g e f ü r K i n d e r
u n d J u g e n d l i c h e umfaßt die Erziehung und Pflege
derselben in den verschiedenen Anstalten. Für die Stadt
Innsbruck ist das Freiherr v. Sieberersche Jugendheim,
welches derzeit unter der ausgezeichneten Führung des
Ordens der Salesianer Don Voscos steht, von besonderer
Bedeutung. Die Auslagen betragen hiefür rund 70.000 3,
jährlich. Die Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in verschiedenen anderen Waisenhäusern und Erziehungsheimen erfordert einen Iahresaufwand von ungefähr 20.000 bis 30.000 8. Die angeführten Zahlen zeigen
wohl zur Genüge, daß die Fürsorge alle Anstrengungen
unternimmt, um besonders auch den Kindern und Jugendlichen eine entsprechende Erziehung und den notwendigsten Unterhalt zu sichern.
Einen sehr namhaften Aufwand in der Fürsorge verursacht auch die Durchführung des Winterhilfswerkes,
über dessen Leistungen die Öffentlichkeit auf Grund der
fortlaufend gegebenen Berichte bestens unterrichtet ist.
I n welchem Maße die Auslagen für die in den verschiedenen Formen gebotene Unterstützung notleidender Gemeindeangehöriger im Verhältnis zur Vorkriegszeit angewachsen sind, zeigt zur Genüge die Tatsache, daß das
Erfordernis für die soziale Fürsorge, das im Jahre 1914
noch insgesamt 105.000 Kronen betrug, für das laufende
Finanzjahr mit rund 2,000.000 8 veranschlagt werden
mußte.
Aus dieser Gegenüberstellung mag ersehen werden, in
welch verheerender Weise seit dem letzten Kriege die Verarmung weitester Bevölkerungskreise fortgeschritten ist.
I n Kürze wird wiederum das Winterhilfswerk beginnen. Wie die vergangenen Jahre gezeigt haben, ist dieses
Werk nun schon zu einer wahren Volksaktion geworden
und es soll und wird auch eine solche bleiben.
Es unterliegt daher auch keinem Zweifel, daß auch die
Winterhilfe 1936-37 wiederum zu einem vollen Erfolg
werden wird und daß die Innsbrucker Bürgerschaft sich
neuerlich ein Denkmal von bleibender Dauer in den
Herzen aller derjenigen setzen wird, die in Vertrauen
und Hoffnung auf die bewährte Hilfsbereitschaft ihrer
Mitbürger bauen. Und sie könnensicherfein, daßsiesich
in ihrer Hoffnung nicht getäuscht fehen werden.