Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1936

/ Nr.8

- S.6

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Amtsblatt Nr. 8
trug, noch immer ein Betrag von 27 ß zu bezahlen gewesen wäre,
während der tatsächlich gezahlte Preis plus 23 ß betrug, hat die
belangte Behörde mit Recht den objektiven Tatbestand einer
Preisunterbietung im Sinne des § 12 der Verordnung, NGBl. Nr.
519/1933, angenommen.
Rechtsirrig war es allerdings, die Tat des Johann Molk der
Bestimmung des § 7, V. St. G. und des § 12 der Milchpreisverordnung zu unterstellen. Denn Johann Molk hat, wie er selbst zugibt
unmittelbar und selbständig jene Tathandlungen gesetzt, die zu
feiner und seiner Gattin Bestrafung, letzterer als der Gewerbeinhaberin, führten. Er handelte dabei allerdings im Namen und
auf Rechnung feiner Gattin als deren Bevollmächtigter. Die Gewährung der den Vorschriften nicht entsprechenden Preise geschah
aber nicht im Vollmachtsnamen, weil es eine Bevollmächtigung zu
einer strafbaren Handlung nicht gibt und auch ein Vollmachtträger
für die von ihm begangenen Handlungen selbst verantwortlich
bleibt. Der strafbare Tatbestand nach § 12 der Verordnung.
BGBI. Nr. 619/19,33, ist vom Betriebe eines Gewerbes unabhängig. Er konnte auch von einer Person erfüllt werden, die nicht
Gewerbeinhaber ist und wurde im vorliegenden Falle tatsächlich
von Johann Molk erfüllt, wobei es für die Strafbarkeit außer
Betracht bleibt, daß sich auch Therese Molk, die als Gewerbeinhaberin für die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften in
ihrem Gewerbebetrieb verantwortlich ist, strafbar machte (vergleiche Erkenntnis des Bundesgerichtshofes vom 3. Jänner 1936,
H. 235/35). Diese Rechtsauffassung kann aber gleichwohl nicht zur
Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen, weil nach § 7,
V. St. G. Täter und Mitschuldige der gleichen Strafe unterliegen
und Johann Molk daher durch die rechtsirrige Bestrafung als
Mitschuldiger einen Nachteil nicht erleiden konnte.
Was nun den subjektiven Tatbestand anlangt, machen die Beschwerdeführer geltend, daß ihnen keinerlei Vorsatz oder Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden könne, weil sie vor Vereinbarung der Milchpreise ihre Preiserstellung vom Landeskulturrat,
bzw. von einem Organe desselben überprüfen ließen und der verrechnete Preis gebilligt wurde.
Mit dieser Einwendung verneinen die Beschwerdeführer das
nach § 5, Abf. 1, V. St. G. zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden, indem sie behaupten, daß ihnen nicht einmal fahrlässiges
Verhalten angelastet werden könne. Der Bundesgerichtshof hält
diese Einwendung für begründet. — Nach dem Bericht des Verfassungsausschusses zu § 5, V. St. G. erschöpft sich der Begriff des
Verschuldens nicht in der die Schuldarten unterscheidenden psychologischen Beziehung des Täters zu den Merkmalen eines Tatbestandes, insbesondere zu dem wtbestandsmäßigen Erfolge.
Schuld fällt nur dem zur Last, der sich auch der Pflichtwidrigkeit
feines Verhaltens bewußt ist oder doch bei gehöriger Aufmerksamkeit bewußt sein konnte. Ein Verhalten soll auch dann nicht
als Schuld zugerechnet werden können, wenn es der Täter nicht
als schädlich oder gefährlich, als unverträglich mit der guten
Ordnung des Gemeinwesens und trotz der Aufwendung der Aufmerksamkeit, die er nach feinem Stande, Amte, Berufe, Gewerbe,
seiner Beschäftigung oder überhaupt nach seinen besonderen Verhältnissen aufzuwenden verpflichtet war, als strafbar nicht erkennen konnte. Die Verteidigung des Beschuldigten, er habe nicht gewußt, zu einer bestimmten Handlung verpflichtet zu fein, soll ihn
dann vor Strafe schützen, wenn er nachweist, daß ihm auch bei
Aufwendung pflichtmäßiger Sorgfalt der Gedanke an das Unerlaubte seines Verhaltens gar nicht kommen konnte.
Werden diese Gedanken des Gefetzgebers auf den vorliegenden
Fall angewendet, so ergibt sich folgendes: Die Untergrenze des
Milchpreifes dient dem Schutz der landwirtschaftlichen Produktion.
Wenn nun der zur Wahrung der Interessen der Landwirtschaft berufene Landeskulturrat (Landwirtschaftskammer) nach Prüfung
des Sachverhaltes und nach Befragung der Milchpreiskommifsion
in eingehender Begründung den Preis von 23 Z als den richtigen
bezeichnet hat, so war damit für den Beschwerdeführer ein außerhalb der von ihm vorzunehmenden Erwägungen gelegener Tatbestand gegeben, auf den er sein weiteres Verhalten gründen
durfte. Ob der Standpunkt des Landeskulturrates richtig oder
falsch war, spielt solange keine Rolle, als die Beschwerdeführer
eine mögliche Unrichtigkeit entschuldbarerweise nicht einsehen
konnten. Den Beschwerdeführern kommt hinsichtlich der maßgeblichen Bedeuwng der Aeußerung des Landeskulturrates ein entschuldbarer Irrtum zugute, der die Zurechnung der Tat zum Verschulden ausschließt. Den Beschwerdeführern kann daher nach
richtiger rechtlicher Auslegung nicht zur Last gelegt werden, wenn
sie aus diesem I r r t u m die Ansicht des Landeskulturrates über
den von ihnen an den Lieferanten zu gewährenden Mindestpreis
zum Bestimmungsgrund ihres Handels gemacht haben.
Mag somit das Verhalten der Beschwerdeführer auch objektiv

rechtswidrig gewesen sein, subjektiv konnte es ihnen zum Verschulden nicht zugerechnet werden.
Ein Kostenzuspruch hatte mangels der Voraussetzungen des
§ 56. BGBl.. nicht zu erfolgen.
W i e n , am 19. Juni 1936.
Coreth.

Dr. H ö f e n m a y er.
Für die Richtigkeit der Ausfertigung:
F r a n z k a.

Arbeitslosenstanö im
Stadtgebiete Innsbruck am )7. Juli
Männer 1708

Insgesamt vorgemerkt sind:

Frauen 840
Zusammen: 2548
Männer 1545

Hievon sind unterstützt:

Frauen 640
Zusammen: 2185
Die 2548 arbeitslos gemeldeten Personen verteilen sich auf die
einzelnen Berufsklassen wie folgt:
Männer
Frauen Zusam
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
15.
16.
17.
18.
19.
20.
21.
22.
23.
24.
25.

Land- und Forstwirtschaft (Gärtnerei)
Bergbau und Salinenwefen
Stein-, Ton-, Glasindustrie
Baugewerbe und dessen Nebenberufe
Wasserkraft- und Elektrizitätswerk
Metallindustrie
Holzindustrie, Tapezierergewerbe
Leder- und Häuteindustrie
Textilindustrie
Bekleidungsindustrie
Papierindustrie
Graphische Industrie
Chemische Industrie
Nahrungs- und Genußmittelindustrie
Hotel-, Gast- und Schankgewerbe
Handel
Transport und Verkehr
Bank- und Versicherungswesen
Körperpflege und Reinigungswesen
Heilkunde und Gesundheitswesen
Lehr-, Bildungs-, Kunst- und Unterhaltungsberufe
Rechtsberatungsberufe (Advokaten.
Notare usw.)
Oeffentlicher Dienst
Haushallungsberufe
I n verschiedenen Industriezweigen vorkommende Berufe

6

30
522

215
77
4
17
71
8
27
1
112
97
94
114
7
32
6



9
1


— "
—"
62
57
7
5

1
364
101
5

25
4

6

39
523

215
77
4
79
128
15
32
1
113
461
195
119
7
57
10

33

14

47

7




16

7

16

228

169

397

Summe: 1708

840

2548

I m Vergleich zum Stande der Arbeitslosen am 30. Juli 1936
ergibt sich eine Abnahme um 206 Personen.