Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1936

/ Nr.8

- S.5

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Amtsblatt Nr. 8
preis von 30 ß auszugehen wäre, wäre unter Bedacht auf den
Bestimmungsort Innsbruck und auf den Uebernahmsort Weer ein
Betrag von 1.2 8 je Liter für Fracht abzurechnen, mehr abzurechnen wäre unberechtigt gewesen, insbesondere wäre die Abrechnung
des Beitrages zum Milchausgleichsfonds nicht zulässig. Selbst unter Zubilligung von 3 ß für Fracht und von 1 3 für Milchübernahme wäre der Preis von 23 g um 3 ß zu niedrig. Vorliegend
wäre aber nach § 2 (7) der Verordnung. BGNl. Nr. 519/1933 der
Einstellpreis von 38 ß zugrundezulegen gewesen, weil Käufer die
Milch unmittelbar vom Produzenten bezog und unmittelbar an
die Verbraucher abgab. Die Sennerei der Käufer in Weer sei
ein Nebenbetrieb der Firma Therese Molk. Es sei ein
Abzug von 3 ß (nach Angabe der Beschuldigten) für Transportkosten und von 4 z für Betriebskosten der Sennerei berechtigt.
Der Mindestpreis sei daher um 8 Z unterboten worden. Aber selbst
unter Zubilligung von 3 ß als Beitrag zum Milchausgleichsfonds
und von 1 g für Milchsammlungskosten ergebe sich eine Preisunterbietung von 4 ß.
Gegen Johann Molk wurde wegen Übertretung nach § 7,
V. St. G. und § 2 (7) Vdg., VGBI. Nr. 519/1933, begangen dadurch, daß er vorsätzlich der Therese Molk die Begehung der Verwaltungsübertretung nach § 2 (7) der Milchpreisverordnung durch
Gewährenlassen eines unter dem Mindestpreis liegenden Einkaufspreises erleichterte, eine gleich hohe Geld-, bzw. Ersatzarreststrafe.
außerdem aber eine Arreststrafe von zwei Wochen verhängt. Die
Begründung führt im wesentlichen aus, Johann Molk gebe zu,
die Verhandlungen mit den Milchproduzenten geführt zu haben,
die die Lieferung von Milch zu dem den Vorschriften nicht entsprechenden Preis von 23 3 zur Folge hatten, wofür Therese Molk
bestraft wurde. Da amtsbekannt sei, daß Johann Molk der Leiter
der Firma sei, ihm die Vorschriften bekannt waren, für den Vorsatz das Bewußtsein aller Tatumstände, die das Gefetz für wesentlich erklärt, ausschlaggebend fei, habe bei ihm Vorsätzlichkeit als
erwiesen angenommen werden müssen.
I n ihrer Berufung machten die Beschwerdeführer geltend, sie
hätten nach Inkrafttreten der Verordnung. BGVl. Nr. 519/1933,
der Genossenschaft in Weer folgende Milchpreisberechnung vorgeschlagen.Preis je Liter
Milchfondsbeitrag
Spesen bei Uebernahme
Zufuhrfpefen nach Innsbruck

22 g
3g

3g

daher je Liter franko Innsbruck

30 8

und hätten die Genossenschaft ersucht, den Vorschlag der Milchausgleichsstelle beim Landeskulturrate zur Prüfung vorzulegen. Ueber
Vorspräche des Obmannes der Genossenschaft habe der Molkereiinspektor des Landeskulturrates den Vorschlag, wie folgt, richtig
gestellt:
Konsummilch, gestellt zur Sammelstelle in Weer
Milchausgleichsfonds
Zufuhrspefen Weer—Innsbruck
Uebernahmsspesen in Weer
daher Preis je Liter franko Innsbruck

. 23 g

3g
Ig
30 ß

Die Bestimmung des § 2 (7) fei nicht zugrundezulegen, weil die
Beschuldigten zwar die Milch unmittelbar vom Produzenten beziehen, aber nicht unmittelbar, sondern erst nach molkereimiihiger
Behandlung dem Verbrauch zuführen. Der Abzug von 3 g zum
Milchausgleichsfonds fei berechtigt, ebenso der Abzug von 1 ß,
weil sich der Preis franko Innsbruck verstehe, übrigens in diesem
Betrag auch die Gebühr für die Vereitstellung und Abnützung der
Milchlieferungsgefätze enthalten fei. Von Vorsatz könne bei Johann Molk nicht die Rede sein, weil er den Auftrag zur Prüfung
seines Verechnungsvorschlages durch die Milchausgleichsstelle beim
Landeskulturrate gab und sich genau an dessen Gutachten hielt.
Ueber Anfrage der Berufungsbehörde an den Landeskulturrat
für Tirol teilte dieser mit, daß die Firma Molk seinerzeit die behauptete Milchpreisaufftellung gegeben habe, an der nur zu bemängeln sei, daß die Firma nicht berechtigt sei, 1 g für die Uebernahme der Milch durch den Senner zu begehren, wohl aber denselben Betrag für die Kannenbeistellung, was allgemein usuell sei
§ 2 (7) der Milchpreisverordnung sei nicht anwendbar, weil im
Falle Molk die Milch molkereimäßig behandelt werde. Da die
Firma Molk von der Genossenschaft in Weer die gesamte Milch
erworben und auch verarbeitet hat und täglich etwa 1.000 Liter
Mlch absetzt, könnte angenommen werden, daß die Firma Molk
tatsächlich als Großhandelsfirma zu betrachten sei. Sie sei auch
zur Zahlung des Beitrages zum Milchausgleichsfonds verpflichtet
gewesen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheide wurden die Berufungen beider Beschuldigter als unbegründet und unter Zustimmung
zu den Gründen der erstinstanzlichen Bescheide abgewiesen. Zu
einer Strafmilderung sei im Hinblick auf die Fortsetzung des verbotenen Verhaltens durch längere Zeit und den großen Gewinn
zum Nachteil der Milchproduzenten keine Veranlassung gewesen.
Der Bundesgerichtshof hat erwogen:
Nach § 12 der Milchpreisuerordnung, VGVl. Nr. 519/1933, wird
mit Geld bis zu 2.000 8 oder mit Arrest bis zu drei Monaten bestraft, wobei diese Strafen auch nebeneinander verhängt werden
können und auch auf immerwährenden oder befristeten Entzug
der Gewerbeberechtigung zum Handel mit Milch oder zum Betriebe einer Molkerei erkannt werden kann, wer beim Kaufe von
Milch, die er weiter veräußern will, einen solchen Preis gewährt
oder verspricht, der den Mindestpreis nicht erreicht oder den
Höchstpreis übersteigt. I m § 1 (1) der Verordnung wurde der
Mindestpreis (Grundpreis) für Vollmilch für die Bestimmungsorte
des Landes Tirol mit 30 g festgesetzt. Die Mindestpreise (Grundpreise) verstehen sich zufolge Absatz 3 des § 1 je Liter frachtfrei
Bahnhof des Bestimmungsortes in Milchabtransportgefäßen des
Lieferers. Erfolgt die Uebernahme einer nach einem Bestimmungsorte verkauften Milch nicht ab Bahnhof dieses Ortes, so ist der
Mindestpreis auf die Bahnhofparität umzurechnen. Nach 8 2 (1)
aber sind für Vollmilch ohne Rücksicht, ob sie molkereimäßig behandelt ist oder nicht, bei entgeltlicher Lieferung an Detailverkäufer (Einstellpreis) Mindestpreise durch den Bundesminister für
Land- und Forstwirtschaft auf Antrag der Milchpreiskommissionen
festzusetzen (§ 2 (1) und 3). Als solcher Mindestpreis (Einstellpreis) wurde durch Kundmachung vom 15. September 1933.
VGNl. Nr. 415/1933. und damit übereinstimmend durch Kundmachung vom 10. Jänner 1834, I BGBl. Nr. 24 für Innsbruck der
Preis von 38 g festgesetzt. Da außer Streit steht, daß die Firma
Molk die Milch unmittelbar von den Erzeugern bezog und ohne
Dazwischentreten eines weiteren Händlers an die Verbraucher abgab, hatte daher der Einstellpreis zur Anwendung zu kommen.
§ 2, Abs. 7 „regelt den Fall, daß im Verkehr zwischen Erzeuger
und Verbraucher nur ein Zwischenglied liegt," der Entfall des
zweiten Zwischengliedes kommt grundsätzlich dem Erzeuger zugute". (Kopetzky in Bartsch, Das neue österreichische Recht, V, 2,
3, Seite 5, Anm. 11.) Der Auslegung der Beschwerdeführer, die
sich auf eine Aeußerung der Landwirtschaftskammer stützt, wonach
den Worten „unmittelbar an Verbraucher" der Sinn „ohne molkereimäßige Behandlung" zu geben sei, widerspricht der Absatz 1
des § 2, wo ausgesprochen wird, daß der Einstellpreis ohne Rückficht darauf, ob die Milch molkereimäßig behandelt ist oder nicht,
festzusetzen ist. Ebenso findet die Ansicht der Beschwerdeführer, die
ebenfalls auf eine Aeußerung der Landwirtfchaftskammer zurückgeht, daß für die Frage, ob der Grundpreis oder Einstellpreis zugrunde zu legen ist, der Umfang des Betriebes des Händlers maßgebend fein könnte, in der Verordnung keine Grundlage: denn die
Milchpreisverordnung kennt den Begriff von „Großunternehmen"
nicht, sondern nimmt bei der Preisfeststellung bloß darauf Bedacht, durch wieviele Hände die Milch vom Erzeuger bis zum Verbraucher geht. Sie kennt nur Händler, die an Wiederverkaufet
absetzen, und Händler, die an Verbraucher abgeben. Es war daher
keineswegs rechtswidrig, den Einstellpreis von 38 Z zugrunde zu
legen. Allerdings waren von diesem Preise Abzüge zulässig, so
vor allem im Sinne des § 2 (7) eine angemessene Vergütung für
die Frachtkosten bis an den Bestimmungsort. Die belangte Behörde hat hiefür nach den Angaben der Beschwerdeführer selbst 3 8
in Abzug gebracht. Sinngemäß muß dem Käufer, der unmittelbar
Milch an Verbraucher abgibt, auch ein Abschlag für die Neistellung
der Milchlieferungsgefätze zugebilligt werden, weil ein solcher auch
beim Grundpreis (§ 1 (3)) zu berücksichtigen ist und der Einstellpreis an die Stelle des Grundpreises tritt. Diesen Abschlag hat
die belangte Behörde zwar nicht richtig bezeichnet, jedoch einen
entsprechend hohen Abschlag von 1 8 für „Milcheinsammlungskosten" zugebilligt. Auch diesfalls können sich also die Beschwerdeführer nicht beschwert erachten. Die Ansicht der belangten Behörde, daß die Beschwerdeführer nicht berechtigt waren, den Veitrag
zum Milchausgleichsfonds von 3 8 je Liter abzuziehen, ist allerdings rechtsirrig, denn nach § 5 (1 Ut. a) des Gesetzes, BGBl. Nr.
224/1931. ist der zur Entrichtung verpflichtet, der die Milch unmittelbar an Verbraucher abgibt, was auf die Firma Molk zutrifft, darf ihn aber nach § 6 (1) des Gesetzes VGBl. Nr. 22/1931.
bzw. § 9 der Verordnung, BGBl. Nr. 519/1933, ganz oder teilireise vom Uebernahmspreis abziehen. Die belangte Behörde hat
übrigens bei Errechnung der Unterbietung auch diesen Abzug berücksichtigt, schließlich aber den Beschwerdeführern noch einen Abzug von 4 ß je Liter für Betriebskosten der Sennerei in Weer zugebilligt, den die Beschwerdeführer selbst gar nicht geltend machten. Da nach Abzug dieser Beträge, wobei die belangte Behörde
allen von den Beschwerdeführern verlangten Abzügen Rechnung