Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1936

/ Nr.6

- S.1

Suchen und Blättern in knapp 900 Ausgaben und 25.000 Seiten.





vorhergehende ||| nächste Seite im Heft

Zur letzten Suche
Diese Ausgabe – 1936_Amtsblatt_06
Ausgaben dieses Jahres – 1936
Jahresauswahl aller Ausgaben

Dieses Bild anzeigen/herunterladen
Gesamter Text dieser Seite:
V. b b.

derNndes aupktM nnsdrmk
Erscheint einmal i
2."K.)ähllich.Sngelnummer so Ge.
Nr. 6

SHriftleitung: Nathans. 2 Klock links

15. Juni 1936

2. Jahrgang

Das Fieölungsproblem
uns öie Htaöt Innsbruck
Ueber das Siedlungsproblem ist bereits eine Literatur entstanden. Sämtliche Fachkreise haben sich praktisch
und theoretisch mit diesem Problem beschäftigt. Aus dem
Begriff der Innenkolonisation herausgewachsen, bietet
sich uns heute die Frage der Siedlung in. gang anderem
Sinne dar.
. Es ist in der Natur der Sache begründet, daß die Einstellungen gur Siedlung positiv und negativ zugleich
sind. Architekten und Baumeister — begleitet von einer
Legion von Fachzeitschriften — sind vom rein gewerblichen Standpunkte aus positiv eingestellt. Der Bauwerber, d. h. der Siedler, ob Mittelstands-, ob Stadtrandsiedler, ist auf Grund der vielen Vorteile, die eine Siedlerstelle bietet, ebenfalls positiv eingestellt. Dazwischen
steht der Siedlungsträger, sei es nun eine Kommunalverwaltung oder eine Genossenschaft, der hohe soziale
Aufgaben zu erfüllen hat. Jede Stadtgemeinde mit
Tausenden von Arbeitslosen und Kurzarbeitern ist sich
vollkommen im klaren, daß „Siedeln not tut". Die
Frage wird aber dann zum Problem, wenn ernstlich an
die Vergebung von Grundstücken gedacht werden soll.
Einer der Hauptaktivposten, die Gemeinden heute
noch besitzen, sind Grundstücke. Sie sind jene Werte,
die unmittelbar realisiert werden können. Besonders
die Stadtgemeinde Innsbruck, inmitten herrlicher Landschaft gelegen, verfügt nur über ein Kleinmaß von
Grundstücken. Demgegenüber steht eine geradezu überwältigende Anforderung von feiten ernster Siedlungswerber. Diese Nachfrage findet ihre Erklärung und Begründung in dem heißen Wunsche, ein Eigenheim zu besitzen, wohl aber auch in den allzu hohen Mietzinsen.
Es ist daher ohne weiteres verständlich, daß die Siedlungsfrage besonders in den Alpenländern in erhöhtem
Maße eine Wohnungsfrage ist, ein Standpunkt, der vom
Ministerium für soziale Verwaltung allerdings nicht ge-

teilt wird. Von dieser Seite wird mehr Gewicht darauf
gelegt, den Siedler durch Beigabe eines Grundstückes
krisenfester zu machen, jedoch übersehen, daß gerade in
den Städten, wie z. B. Innsbruck, noch starke Wohnungsnot herrscht, begründet durch noch immer erhöhten eigenen Bedarf und einen nicht unerheblichen Zustrom aus allen Gebieten des Bundesstaates und aus
Südtirol. Es gibt heute noch in Innsbruck einen Bedarf von zirka 200 bis 300 billigen Kleinwohnungen,
von Familien, die für Bebauung eines Grundstückes
aus diesem oder jenen Grund nicht in Frage kommen,
somit als Siedler ausgeschaltet werden müssen. Es ist
meines Erachtens falsch, das Siedlungsproblem von der
Wohnungsfrage zu trennen, denn beide Begriffe sind
untrennbar miteinander verbunden.
Die Stadtgemeinde Innsbruck ist auf Grund ihrer
geographischen Lage nicht imstande, so ähnlich wie die
Gemeinde Wien fortlaufend Grundstücke für Siedlerzwecke zur Verfügung zu stellen. Selbst der gute Wille
des Gemeinderates und des Bürgermeisters stößt immer wieder „an den Bergesrand". Wenn auch das Inntal gerade bei Innsbruck den Eindruck der Weite macht,
so muß gleich vorweg betont werden, daß unabhängig
von jedem Grundstücke, das bereits im Privatbesitz
ist, viele Gegenden des Tales für Siedlungszwecke
praktisch nicht in Frage kommen, sei es nun, daß die
teuren Aufschließungskosten jede Rentabilität ausschließen oder aus rein städtebaulichen Gründen eine Siedlung nicht errichtet werden kann.
Wenn auch in bescheidenem Maße für Mittelstandssiedlungen dock hier oder dort einige Parzellen freigemacht werden können, so ist die Siedlungsfrage für die
Stadt selbst noch lange nicht gelöst. Nachdem die Grundstücke für Mittelstandssiedlungen nach den neuesten
Gemeindetagsbeschlüssen bar bezahlt werden müssen,