Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1964

/ Nr.10

- S.5

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Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck

Seite 5

im Nlonat September
Tiroler

al)" Max Weiler, Ölgemälde
Tiiulcr .Nunstpabillou, Nennweg ^!a:
Auer Miehle, Ölbilder, Aquarelle und Graphiken.

im
Kurt Moldovau sNieu>. Aquarelle und ^>e
Ab 25>. Seplember^
Karl Platluer, Vorarbeiieu >» den Frevlen in der
lapellc.

», Iüüslrasic l7:
Rober! Rauschenberg. „Pop A r ! " .

Ver Turmbund
I m Mitteilungsblatt des ^urmbuudes „Das Novum"
(Nr. 1, 1W!/l">">) wird berichlcl. daß sich am 17. »lud 1«. J u l i
1964 Mügliedcr des Turmbuudes, der Stadt Innsbruck
und der Universität m i ! einer Delegation russischer Schriftsteller trafcu. Für den Turmbund hieß Professor Dr. H. K u prian, für die Stadt Innsbruck Stadtrat Direktor A, Haidl
die russischen Kollegen herzlich willkommen. Für die russische

e sprachen Vladimir D r u j i n i n (Moskau), Zlata Pota»
pova «Iustitu! für Weltlitcralur. Moskau). Ossip Tschcrny
lMoskau) und Vertreter aus Usbekistan und Turkmenistan.
Den (kästen wurdeu von der Stad!, vom Uuiversitätsvcrlag
Wagner und vom Turmbuud Buchspeuden überreicht. Als Organisator betäügte sich Dr. H. Holzmann und als Dolmetscher
Univ.-Professor D r . H. Halm.

Vom Kriegsausbruch 1914
Aus den Erinnerungen von Professor Hans Vonmetz
28. I n n i 1914: Nieder war ein schöner Sommertag, Sonnlaguachmittag. M e i n drittes Volksschnljahr ging zn Ende.
Unsere Familie saß im kastanicnbeschattcten Gasthofgarten
„Vcldidena" (später Hotel Westbahnhof). Die Wiltencr Schützcnkapelle in ihren Rotjackcn konzertierte. Mich beschäftigte,
wie so oft, das technische Rätsel des Glaskügelchens, das im
Halse der „Krachcrl"-FIasche steckte und diesen, je nach Lage,
klnckcrnd öffnete oder schloß. Da brach die Musik unvermittelt
ab, die Gespräche verstnmmtcn und ein Mann trng große
einzelne Zeitnngsblätter, Extraausgaben, von Tisch zn Tisch.
Ans der nnheimlichen Ruhe begannen aufgeregte Stimmen
auf",nklingen. „Der Throirfolgcr in Sarajevo ermordet!"
Groß und drohend standen da die schwarzen Lettern, die ich
uuu ja schon selbst lesen tonnte. W i r brachen auf und gingen
loie die meisten Gäste nach Hanse. Ich fühlte, wie der Druck
vou etwas Ungeheuerlichem über allem lastete. Das Wort
„Thronfolger" war mir hier znm ersten Male begegnet. I c h
verstand die Wortbedeutung, konnte mir aber darunter nichts
Rechtes vorstellen. Thronfolgcrsein mnßte Wohl etwas recht
Langweiliges nnd Nebensächliches sein,- saß doch nnser guter
Kaiser Franz Joseph ans dein Throne. Und so interessierte
mich das abenteuerlich klingende Wort Sarajevo mehr als der
Thronfolger. Zn Hause angelangt, sah ich vom Balkon aus
die Wiltener Kapelle über die Wiesen hin stnmm nach Westen
abgehen.
Bald nach diesem Ereignis fuhren wir trotz anfänglicher
Bedenken des Vaters wegen der Ungewissen Lage in unsere
gewohnte Sommerfrische, S t . Lorenzen im Pustertal. Der
Valer solile späler uachlommen . . . M i t t e n aus dem M ü h l räderbauen am Wiescnbächlein nnd anderen Sommerfrischsreudeu rief uns alsbald ciu Telegramm des Vaters zur eiligen Rückkehr nach Innsbruck. Der Krieg war ausgebrochen.
Noch während w i r aufgeregt packten, drang das Gerücht
durch, aus der Eisenbahnbrückc von Franzcnsfcste, die über
einen tiefen Abgruud führt, sei ein Spion, ein serbischer O f f i zier, aus dem Zuge in die Schlucht zu Tode gesprungen, nachdem man ihn ertappt hatte, wie er die Brücke mit einer
Bombe halte sprengen wollen. M i t Gruseln fuhren w i r nun
über dieselbe Brücke heimwärts. Als w i r in Innsbruck ankamen, wimmelte es dort schon von Soldaten.
Am nächsten Morgen sah ich auf der au unser Hans grenzenden Wiese
sie war trotz der noch frühen Jahreszeit
reifbedeckt
ein riesiges, einer gigantischen Marllbude ähnliches Gerüst mit Flugdach aus frischem Hellem Hol^, Die Wiese
war uicht, wie sonst oft, voll von Zirlusleuteu. Zelten nnd
exotischen Tieren, sondern von Soldaten. Unter dem Zelt-

dach dampfte es ans großen Kesseln nnd eiu verführerischer
Geruch von siedendem Rindfleisch stieg bis zn mir auf den
Balkon. An die in dichten Schlangen wartenden Krieger
wurdeu heiße Snppe und mächtigeFleischstückc ausgeteilt.Kinder nnd erwachsene Zivilisten standen umher. Dies war die
erste Kriegs,szene, die ich erlebte.
Wenige Tage später, an einem nüchtern grauen Nachmittag, wogte die Niese wieder von Soldaten. Diesmal waren sie zu rechteckigen Formationen geordnet, trugen Gewehre
und Kalbfclltornistcr mit dem eingerollten Mantel darauf.
Viele hatten Lanb und Nlnmen an die Mütze gesteckt. Plötzlich ertönten Trommeln im Marschtakt, Hornsignale, die
Militärmusik setzte ein nnd zog nnn den Soldaten voran aus
der Niese in die dicht von winkenden Zuschauern umsäumte
Stafflcrstraße, die Melodie vom gntcn Kameraden spielend.
Diese hatten w i r in der Schnle schon gelernt. Aber uun folgte
ein Anhängsel, von Soldaten nnd Znschancrn begeistert gesuugcn- „ G l o r i a ! Viktoria! M i t Herz nnd Hand fürs Vaterland! Die Vöglcin im Walde, die sangen so wnnder-, w n n derschön: I n der Heimat, in der Heimat, da gibt"s ein Wiedersehn." Z u beiden Seiten begannen die Znschaner jetzt mit",umarschieren, dem Bahnhof zn, und so tat ich"s anch. Plötzlich wurde ich von einem Soldaten hart znr Seite gestoßen;
ich war ihm Wohl vor die Füße geraten. Verwundert blickte
ich auf nnd sah erschreckend in ein finster-mürrisches Gesicht
eines älteren Soldaten; ebenso hart, mürrisch und verbissen
klang mir nnn sein Marschtritt. Wie konnte der nnr so sein
in all dem Jubel und der Begeisterung? Mich überfiel eine
ahnende Beklemmung, daß in dem Kricgzichcn noch etwas
anderes, Unheimliches, Fürchterliches stecke. Marschmusik und
Jubel schienen mir mit einem Male nicht mehr a,auz vertrauenswürdig.
I m Herbst rückte ich in die vierte Volksschulklassc auf. Die
Schule Ecke Fischcrgassc
Spcckbacherstraße wurde bald
Kriegsspital und wir wurden in das Schulgebäude in der benachbarten Haspingerslraße. das mich schon lange durch seine
Märchenreliefs gefesselt hatte, verlegt. I n der Gesangsstunde wurde die eindrucksvolle „Nacht am Rhein" mit entsprechendem „Donuerhall" geübl. Es gab Künstlerpostkarten
mit Gemäldeu, die die Heldentaten von „Goldenen TapferleitSmedaillenträgcrn" zeigten (zugunsten des Noten Krenzes>. Davon imponierte mir ani meisten die Rettnng von
sich bäumenden Pferden aus einem von einschlagenden Granale» breuueudeu Stall. Auch Fingerhüte mit der Inschrift
„Goll strafe England" tauchten auf — und dann die Lebensmiüelkarlen. Gespannt nahm ich die erste mir Pro Tag zu-