Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1936

/ Nr.5

- S.8

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Jahre staöt. Volksküche
Von Oberrechnungsrat Josef K ö s t l e r
Einem allgemeinen Bedürfnisse entsprechend und dem
Beispiele vieler anderer (größerer und kleinerer) Städte
folgend hat der Gemeinderat der Landeshauptstadt in
seiner Sitzung vom 13. April 1875 über Antrag des Bürgermeisters Dr. Johann Tschurtschenthaler beschlossen,
eine städtische Volksküche zu errichten. Er ging dabei
von der Absicht aus, unbemittelten und alleinstehenden
Leuten sowie armen Studenten ein einfaches und kräftiges Mittag- und Abendessen unter Verzichtleistung auf
jeden Gewinn zu bereiten. Zu diesem Zwecke hat der
Gemeinderat ein Stammvermögen angelegt, aus dessen
Reinerträgnis der jährliche Abgang des Wirtschaftsbetriebes der gu errichtenden Küche gedeckt werden soll;
diese Tat des Gemeinderates unterstützten die Sparkasse
der Stadt Innsbruck und Herr Kiebach als großmütige
Spender und Wohltäter.
Durch Bereitstellung eigener Mittel und Geschenke der
beiden Letztgenannten — eine Erinnerungstafel an die
beiden Spender ist im Vorraum der Küche angebracht
— war es nun dem Gemeinderat möglich, die städtische
Volksküche Innsbruck am 2. Juni 1876 im alten Volksküchengebäude in der Herrengasse zu eröffnen.
Um ein festes Geleise für einen wohlgeordneten,
rationellen Dienstbetrieb in der Küche zu schaffen, hat
sich ein größeres Ehrendamenkomitee gebildet, das unter Leitung eines zugeteilten Beamten die Vetriebsführung übernahm, je nach Bedarf zu einer Besprechung
zusammenkam, um sich gegenseitig einen kurzen Bericht
über gemachte Wahrnehmungen zu erstatten und Beschlüsse zu fassen.
Wie nicht anders zu erwarten war, steigerte sich der
Zulauf von Tag zu Tag, auch die meisten Wohltätigkeitsvereine kauften sich in der Küche Speisemarken.
um ihren Schützlingen ein billiges und bekömmliches

Essen zu sichern.
Da sich in der Folgezeit die bisherigen Lokale in der
Herrengasse als zu klein erwiesen und nicht mehr
zweckentsprechend waren, sah sich der Gemeinderat genötigt, ein eigenes Volksküchengebäude an der Nordseite des Fleischbankgebäudes zu erbauen, um allen
Bedürfnissen einer geregelten Ausspeisung gerecht zu
werden. Und so wurde die alte Volksküche in der Herrengasse im Jahre 1903 aufgelassen und übersiedelte in
ihr neues Heim im Fleischbankgebäude, wo dieselbe noch
heute besteht.
Die größten Anforderungen an die Küche wurden
während des Krieges und in den ersten Nachkriegsjahren gestellt. Die Schwierigkeit der Beschaffung der not-

wendigen Lebensmittel, die zeitgerechte Anforderung der
verschiedenen Bedarfsartikel bei den in Betracht kommenden Behörden und Aemtern war damals die größte
Sorge, zumal sich nicht nur die normale Besucherzahl
immer vergrößerte, sondern auch die Frauenhilfsaktion
die Küche in Anspruch nahm und für die meisten Arbeiter bei den verschiedenen städtischen Betrieben das Essen
bereit gestellt werden mußte. Die damals abgegebene
tägliche Portionenzahl betrug durchschnittlich 2600.
Durch die nachfolgende Geldentwertung zerfloß auch das
bei der Gründung angelegte Stammvermögen in Nichts.
Die Stadtgemeinde Innsbruck leistet nun hiefür alljährlich einen angemessenen Zuschuß zu den Erfordernissen des Küchenbetriebes. Erst in den folgenden Jahren ließ die Besucherzahl allmählich nach und ermöglichte einen normalen Ausspeisebetrieb.
Mit Ende des Schuljahres 1924 wurde die bis dorthin
in der Schule in Dreiheiligen bestandene amerikanische
Schulkinderausspeisung aufgelassen und am 3. Novena
ber desselben Jahres die eigene Kinderaussveisung zu
Lasten der Gemeinde in dem ehemaligen Studentenzimmer der städtischen Volksküche eröfsnet.
Die zentrale Lage dieses Lokales bedingte für die der
Ausspeisung angeschlossenen Kinder der Schulen in
Pradl und Wilten weite und im Winter oft verschneite
Wege, was den Gemeinderat im Jahre 1930 zur Beistellung je eines großen Raumes in den beiden genannten Schulen zur Unterbringung der Ausspeisung veranlaßte; so wurde im Jänner 1931 die Ausspeisestelle in
Pradl und einige Monate später jene in Wilten eröffnet, wohin zur Ausspeisung der kleinen Gäste täglich
mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage das Mittagessen mittels Pferdegespann gebracht wird.
So kann die städtische Volksküche am 2. Juni 1936
auf ein 60jähriges Wirken zurückblicken in dem Bewußtsein, den ursprünglichen Absichten des Gemeinderates gerecht geworden zu sein. Sie wird auch weiterhin
bestrebt sein, den Humanitären Zweck der Anstalt zu
wahren.
Übersicht
der in den letzten 10 Jahren abgegebenen Mahlzeiten

Jahr

Gäste

Kinder

Zusammen

1926
1927
1928
1929
1930
1931
1932
1933
1934
1935

200.600
264.467
211763
251.139
211.680
294.777
277.445
258.985
235.006
230.165

38.083
34.112
35.930
37.621
35.883
51.470
42.555
39.867
42.014
39.19?

238.683
298.579
247.673
288.760
247.563
346.247
320.000
298.852
277.020
269.362

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