Innsbruck Informiert

Jg.2021

/ Nr.7

- S.30

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Stadtgeschichte

Extravagante Damenmode
vom 16. bis 18. Jahrhundert
Königin Máxima der Niederlande fällt durch ihre bunten Kleider und
verrückten Hüte auf. Laetizia von Spanien bevorzugt spanische TopDesigner. Klatsch aus der Regenbogenpresse, werden Sie denken.

Lucas Cranach d. J.,
Anna von Dänemark,
Kurfürstin von Sachsen,
nach 1565.

Agraffe mit der
Darstellung der
Isis, Ende 17. Jahrhundert.

von Dr. Thomas Kuster

© KHM-MUSEUMSVERBAND (3)

Ein kurzer Streifzug

Damenschuhe, nach 1666.

A

ber haben Sie sich schon einmal
gefragt, ob frühere KönigInnen
auch so viel Aufsehen um ihre
Kleidung gemacht haben? Ja, das haben sie und damit sind wir auch schon
mitten drin in der heurigen Ambraser
Sonderausstellung. Im Fokus stehen
Meisterwerke der Habsburger Porträtgalerie, die zusammen mit Exponaten
nationaler sowie internationaler LeihgeberInnen einen Blick in den fürstlichen Kleiderschrank gewähren. Die Redewendung „Kleider machen Leute“ ist

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hierbei Programm. Gewänder der Vergangenheit waren einem Regelwerk unterworfen. Besondere Kleider, Stoffe
und Farben waren nur FürstInnen und
ihrem Gefolge vorbehalten. Warum das
so war? Es galt sich abzugrenzen, die
wirtschaftliche Potenz und die Position aufzuzeigen. Natürlich putzten sich
die Herrscher ebenso heraus, dennoch
war es die Frauenkleidung, die mehr
faszinierte. Schillernde Stoffe waren
unerschwinglich und absolute Statussymbole.

War man bis 1500 mit regionalen Moden vertraut, so dominierte ab der Mitte des 16. Jahrhunderts Spanien nicht
nur politisch, sondern auch in Kleiderfragen. Das oberste Gebot dabei „bloß
keine Haut zeigen“, brachte es mit sich,
dass der Körper unter schweren Stoffen
verschwand. Die Schnitte der Damenkleider zeigten die charakteristische A-förmige, in die Vertikale gestreckte Silhouette und unterstrichen damit optisch
die hohe Position der Trägerin. Dass damit an Bewegung nicht viele Meter zu
machen waren, ist selbsterklärend, und
entsprach dem distanzierenden und gezierten Spanischen Hofzeremoniell. Dass
Königin-Sein dabei ein durchaus atemraubendes Geschäft war, lässt sich an der
durch Schnürleibchen und Mieder flach
gedrückten Brust erkennen. Vom spanischen Modediktat unbeeindruckt, waren
Frankreich und Oberitalien freizügiger.
Trotz kirchlicher Schnappatmung war es
chic, das Dekolleté zu instrumentalisieren. Die modebewusste Principessa unterstrich ihren Rang mit exquisiter Weißstickerei und kostbaren Spitzen.
Als „Fashionista“ galt bereits zu ihren
Lebzeiten Elisabeth I. von England. Warum sie bei ihrem Ableben kolportierte
2000 Kleidungsstücke hinterlassen hat-

te? Üppige Roben, verschwenderischer
Schmuck und die charakteristische rotblonde Perücke hoben Elisabeth nicht
nur als Frau über alle Damen des Hofes,
die Mode wurde zum Machtwerkzeug
und Mittel fürstlicher Repräsentation.
Nicht anders hält es heute ihre Namensvetterin, Queen Elizabeth II., die mit Hüten und knalligen Kleiderfarben gesehen
werden will und zur Rechtfertigung ihrer
Position auch werden muss.
Nach 1600 wandelte sich die Erscheinungsform. Gebauschte Röcke verlagerten die vertikale zur horizontalen Silhouette, sorgten für ein imposantes
Erscheinungsbild und hielten die Umgebung auf noble Distanz. Das nun betonte
Becken symbolisierte Fruchtbarkeit, war
es doch die erste Pflicht jeder Fürstin, für
Nachkommen zu sorgen.

Der Schuh im Vordergrund
Ein bislang nicht sichtbares Kleidungsstück gewann ebenfalls an Bedeutung:
der Schuh. Trug Frau ursprünglich flache
Schuhe, etablierte sich etwa in Spanien
zunächst der Plateauschuh, der damit
im wahrsten Sinne des Wortes den „hohen“ Stand zum Ausdruck brachte. Seit
dem 17. und 18. Jahrhundert dominierten zierliche Modelle, die mit Stickereien
aufgepeppt und mit einem kleinen Stö-

ckel versehen waren. Fragen nach Tragekomfort oder Verschleiß waren nebensächlich, denn welche königliche
Trägerin ging schon viel zu Fuß?

Die „nebensächlichen“ Dinge
Auch Accessoires, wie feine Lederhandschuhe – vorzugsweise aus Spanien oder
Innsbruck – mit Stickereien versehene
Taschentücher, oder mit exotischen Federn besetzte Fächer, unterstrichen die
Zugehörigkeit zur Upper Class. Den würdevollen Auftritt rundete auch ein flaches Hütchen ab: das Barett. Um die
strahlende Erscheinung zu multiplizieren, plünderte man die Schmuckschatulle, trug edelsteinbesetzte Hüftgürtel,
Knöpfe und Broschen.
Nach 1660 setzte Frankreichs Sonnenkönig neue Modeimpulse. Es wurde theatralisch, verspielt, mit Schleifen, Rüschen
und – nach der „Spanischen Schwärze“
– endlich bunt. Frankreich dominier-

te Europas Mode weiterhin im 18. Jahrhundert. Als Ikone etablierte sich die aus
Österreich stammende Königin Marie
Antoinette. Immer breiter, immer höher,
immer extravaganter aber auch unköniglich schlicht, wurde nachgeahmt. Trotz
berechtigter Kritik am übertriebenen Luxus war Marie Antoinettes Leidenschaft
ein Wirtschaftsmotor und ungewollt
richtungsweisend für die Haute-Couture
der klassischen Modehäuser Chanel, Dior,
Valentino und die kreativen Köpfe der
heutigen Modeszene.

Mode schauen. Fürstliche Garderobe vom 16. bis 18. Jahrhundert
Sonderausstellung Schloss Ambras,
bis 3. Oktober 2021,
täglich 10.00–17.00 Uhr,
November geschlossen

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