Innsbruck Informiert

Jg.2021

/ Nr.7

- S.4

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Lebensraum Innsbruck

Urbane
Fluss(t)räume
Viele europäische Städte haben im Rahmen großer
Stadtplanungsprozesse Flussräume neu für sich
entdeckt. Auch die Stadt Innsbruck weiß um die
Lebensqualität ihres namensgebenden Flusses
und will näher ran an den Inn.

Nur eine von vielen Visionen: Das Londoner Architekturbüro
McMullan Studio setzte die geplante Fuß- und Radweg­
brücke zwischen Markthalle und Mariahilf beim Europan15Wettbewerb eindrucksvoll in Szene. Der Entwurf dient als
Ideenlieferant für die zukünftige Entwicklung.

LLEY

B

ereits in frühester Zeit fand das Leben am Wasser statt. Die Wasserwege dienten, so auch der Inn, als
wichtige Handelsrouten. Entlang der Flüsse ließen sich Händler nieder, Menschen
kamen zusammen und Städte entstanden. Das Leben am Wasser bedeutete Lebensqualität. Wiederholte Überschwemmungen infolge von Hochwasser machten jedoch den Eingriff des Menschen in
natürliche Flusslandschaften nötig. Flüsse
wurden begradigt, reguliert und entfernten sich durch Verbauungen zunehmend
vom Siedlungsraum.
Auch der Inn bei Innsbruck erlebte im Laufe der Jahrhunderte viele Veränderungen.
In einem Punkt ist am Inn aber alles beim
Alten geblieben: Der Fluss ist nach wie vor
ein wichtiger Erholungsraum und Anziehungspunkt für Einheimische wie Tourist­
Innen.

Neuer Stadtteil am Fluss
„Urbane Flussräume sind ein wichtiger
Faktor für städtische Lebensqualität“,
weiß Bürgermeister Georg Willi. „Deshalb
wollen wir Gebiete entlang des Inns anziehender gestalten. Besonders inten6

INNSBRUCK INFORMIERT

siv arbeiten wir an einem Nutzungskonzept des Areals zwischen Unibrücke und
Marktplatz, kurz Marktviertel genannt.“ So
hat die Stadt Innsbruck 2019 unter dem
Motto „Innsbruck an den Inn“ in Kooperation mit der Innsbrucker Immobiliengesellschaft (IIG) am internationalen Ideen-Wettbewerb „Europan15“ teilgenommen. Damit wurde die Grundlage für die
städtebauliche Entwicklung des Areals
geschaffen. „Dieses Gebiet wird die Rolle der öffentlichen Räume der Innenstadt
maßgeblich prägen, vor allem den Erlebnisraum am Flussufer des Inns“, hebt das
Stadtoberhaupt hervor.
„Ich bezeichne das Gebiet Innrain West
gerne als Filetstück der Stadt oder auch
als Zone, die im Dornröschenschlaf liegt“,
erklärt Dr. Wolfgang Andexlinger, Leiter des
Amts für Stadtplanung, Stadtentwicklung
und Integration. „Das kann man so und so
sehen, denn abgesehen vom Marktplatz
besitzt dieses Areal nicht mehr als Hinterhof-Charme.“ Das belegt auch eine Studie der studentischen Projektgruppe „INNdentität“, die ebenfalls Überlegungen zum
Areal angestellt hat. Dementsprechend
wurde die Aufenthaltsqualität von den Be-

fragten als „fast durchgehend eher negativ
bewertet“. „Aber“, konstatiert der Stadtplaner, „das Gebiet rund um die Markthalle
bietet unglaublich viel Zukunftspotenzial.“
Seitens der Stadtplanung werde nun gemeinsam mit der IIG eine sehr sorgfältige
Entwicklung dieses Gebiets entsprechend
der Nutzungsanforderungen erarbeitet.
Auf Grundlage der Ergebnisse des Europan15-Wettbewerbs soll neben der Umgestaltung der öffentlichen Räume auch
Raum für bauliche Neuentwicklungen
bleiben. Der gesamte Flussuferbereich
zwischen dem Inn und dem Innrain-Straßenzug soll eine beträchtliche Neugestaltung erfahren. „Es geht aber nicht nur um
bauliche Veränderungen“, fügt Andexlinger hinzu. „Viel wichtiger ist meiner Meinung nach die programmatische Entwicklung.“ Das heißt, welchen Ansprüchen der
neue Stadtteil genügen und welche Funktionen er erfüllen soll.

Markthalle als Anker
Ziel des Planungsprozesses „Produktive
Stadt – Innsbruck an den Inn“ ist es Andexlinger zufolge, einen qualitätsvollen Stadtraum für die BewohnerInnen und Benut-

© F. OSS

© HAPPY VA

„Urbane Flussräume sind ein
wichtiger Faktor für städtische
Lebensqualität. Deshalb arbeiten
wir intensiv daran, das Areal
zwischen Unibrücke und Marktplatz
lebenswerter zu gestalten.“
Bürgermeister Georg Willi

zerInnen der Stadt zu schaffen. „Aus der
Konzeption, in der wir uns jetzt befinden,
soll eine Art Flächenmanagement sichtbar werden“, erklärt der Stadtplaner. „Parallel beginnen jetzt die städtebaulichen
Rahmenplanungen – daraus werden wiederum die Wettbewerbe für Architektur
und Freiraumplanung abgeleitet. 2025
bis 2026 könnten im besten Fall die ersten Baustarts erfolgen“, gibt Andexlinger die
zeitliche Rahmenplanung vor.
Konkret sind in den baulichen Planungen
die Markthalle als Anker des Quartiers und
eine Brücke für FußgängerInnen und RadfahrerInnen vorgesehen. Natürlich müsse
das Areal, um die Lebensqualität zu verbessern, auch eine Verkehrsberuhigung erfah-

ren. Eine Abtreppung wie an der Passer in
Meran oder eine Murinsel wie in Graz sei in
Innsbruck aber wohl nur mit erheblichen
Kosten und, wenn überhaupt, nur schwer
umsetzbar. „Am Inn befinden sich sehr
viele technische Einrichtungen im Untergrund, die ein Abflachen des Ufers verhindern. Ein Einschnüren des Inns, etwa mit
Plattformen, ist auf Grund des rasanten Pegelanstiegs bei Hochwasser nicht möglich“,
betont Andexlinger. Andererseits wolle er
aber auch nichts ausschließen. „Fest steht,
dass Innsbruck gute Lösungen braucht und
vielleicht ist ja die neue Fuß- und Radwegbrücke zwischen Markthalle und Mariahilf
ein Thema, mit dem man sich dem Inn
mehr nähern kann.“ MD

Der Inn bei Innsbruck erlebte im
Laufe der Jahrhunderte viele Veränderungen. Der Transportweg verlagerte sich vom Fluss auf die Straße.
Bereits ab Mitte des 17. Jahrhunderts
wurde das Marktleben zunehmend
aus dem damaligen Stadtkern auf den
Innrain verlagert. Gegen Mitte des
19. Jahrhunderts wurde dort das städtische Schlachthaus errichtet, welches
im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Der
Obst- und Gemüsemarkt fand zunächst
in der alten, ab 1960 auch in der neuen
Markthalle statt. Hochwasserschutzbauten und Mauern wiesen den Gebirgsfluss
in seine Schranken. Das Herzog-Otto-Ufer
und der Innrain entwickelten sich zur stark
frequentierten Verkehrsachse und stellen bis
heute eine Trennlinie zur Altstadt dar.
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