Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1961

/ Nr.2

- S.6

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Seite 6

Nummer 2

Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck

2. E i n Studienplan, aus dein das Programm, welches der
Kandidat i n Frankreich zu realisieren gedenkt, ersichtlich ist.
3. Bcstätignngen von Professoren oder Persönlichkeiten
Österreichs, unter deren Leitung die Studien durchgeführt
wurden bzw. Empfehlungsschreiben.
4. Eine Photographic.
5. Eine Bestätigung, aus der hervorgeht, daß der Bewerber
über ausreichende Kenntnisse der französischen Sprache
verfügt, um den Unterricht, der in Frankreich erteilt wird,
folgen zn können.
Dieses Zeugnis wird gültig ausgestellt:
a) für die Kandidaten aus Wien: Vom Direktor oder
einem Professor des I n s t i t u t Francais de Vienne;
K) für Innsbrucker Kandidaten: Vom Direktor oder einem
Professor des I n s t i t u t Francais d"Innsbruck;
c) für Kandidaten von Graz: Vom Lektor der französischen
Sprache an der Universität i n Graz.

Von Ausnahmefällen aligesehen, weiden nur dir Bewer
lier von Kandidaten zwischen 18 unt> 30 Jahren deriicksichtig!
werden.
I m , P r i n z i p wird jeder Stipendiat einen Monatsbctrag
von frs. 40.000 erhalten. Weiters werden Erleichterungen
bei der Wohnnngsbeschaffnng nnd bei verbilligten Mahlzeiten gewährt werden. Einen Teil der Kosten für die Riick^
reise nach Österreich tragen die französischen Behörden.
Wie bei deu vorhergegangenen Stipendienansschreibnngen
werden die Ansuchen durch eine gemischte Kommission geprüft werden, deren Vorsitzender der französische Botschafter
oder dessen Stellvertreter ist. Die Ansucheu müssen bis
spätestens 10. März 1961 im Wege über das zuständige
Rektorat im Bnndcsministerium für Unterricht eingelangt
sein. Fehlmeldnngen mögen anch erstattet werden.
Wien, am 27. Jänner 1961
Der Bundesminister:
Drimmel

Neuerscheinung
Amtliche Stimmungsberichte 1850/51 und 1859/60
Unter diesem unscheinbaren Titel befaßt sich der Herausgeber der „Veröffentlichungen aus dem Stadtarchiv I n n s bruck" Doz. D r . K a r l Schadelbauer in Heft 23 mit der w i r t schaftlichen, sozialen und politischen Lage und mit der
öffentlichen Meinungsbildung in ganz T i r o l , vornehmlich
in dem leider hente von der Geschichtsschreibung ziemlich vernachlässigten Welschtirol um die M i t t e des vorigen Jahrhunderts.
Der jähe Wandel der äußeren Staatsreform des österreichischen Völkerstaates nach den Grundsätzen der föderalistischen Reichsidee war unmittelbar von innerpolitischen Ereignissen bestimmt. Die vorausgegangene Revolution 1848/
49 brachte nicht nur für die ungarische Reichshälfte eine
spürbare Politische Gleichberechtigung gegenüber dem Wiener Hof, sondern auch iu den westlichen Ländern des Kaiserreiches Osterreich griffen umfassende agrarpolitische und verwaltungstechnische Neuerungen, wie die allgemeine Grnndentlastnng, Platz. Das „konservative" Kronland T i r o l mnßte
innerhalb kürzester Frist die Umstellung auf das vorübergehend eingeführte föderalistische System, dem allerdings
schon 1852 wieder das absolutistische Regime des I n n e n ministerinms Alexander Freiherr von Bach folgte, bewältigen. So erhielt es zum Beispiel am 30. Dezember 1849
eine neue Landesverfassung und einen autonomen Landtag und am 1. Jänner 1850 erfolgte die grundlegende Umorganisation der Politischen Landesbehörden. An Stelle des
Guberninms nnd der Kreisämtcr, die seit dem Jahre 1754
im Lande bestanden, traten die k. k.-Statthalterei, die Vezirkshanvtmannschaften von 1849—1853 nnd die Bezirksämter (1854—1868) ins Leben. Anch ans dem Gebiet der
Justizverwaltung und der Rechtsprechung setzte sich das
Prinzip der Öffentlichkeit nnd Mündlichkeit des Gerichtsgangcs nn>d das Geschworenengericht dnrch, alles Volkswünsche des Vormärz, die nnn in Erfüllung gingen. Die
Erfolge der revolutionären Bewegung waren die Mehrung der staatsbürgerlichen Rechte und die soziale Besserstellung.
Trotz dieses bleibenden Gewinnes tauchten neue akute
Probleme ans, deren Lösung infolge hinzutretender Unglücksfälle und Naturkatastrophen Schwierigkeiten bereiteten. D r . Schadclbaucr druckt hier absichtlich ohne jeglichen
Negleitlommentar die amtliche Stellungnahme der Polizei
dircktorcn von Innsbruck und Trient, Wancczck und Khanz,
an die Statthalter Graf Cajetan von Bissingen und Erz-

herzog Earl Ludwig wörtlich ab, weil sie die drückende F i nanznot des Landes schonungslos aufdecken, die ganz harmlose Tätigkeit der zugelassenen Politischen Parteien erhellen
und die alte irredentistische Gcschichtslüge von den zahllosen unerlösten I t a l i e n e r n klar widerlegen. Die objektiv
nnd leidenschaftslos gehaltenen interessanten Monatsberichte
bringen nnverhüllt die politischen Gesinnnugöänßerungcn
der einfachen und gebildeten italienischen Bevölkerungsschichten. Sie weisen aber ebenso ans die gnten Ansätze in der
Zusammenarbeit beider Volksgruppen ini Kulturleben hin
und sind das beste Zengnis für das milde Vorgehen Österreichs in der komplizierten Nationalitätenfrage. Dem Verfasser gelang es, was bisher von der Tiroler Geschichtsforschung vollständig übersehen worden war, nachzuweisen,
daß die stimmführenden Blätter der damaligen Nordtiroler
Presse ängstlich jegliche nltranationalistischcn Artikel der
italienischen Zeitungen verschwieg und in ihrer einseitigen,
ja oft zu zurückhaltenden Berichterstattung die von Oberitalien her geschürte radikale irredentistische Bewegung
grundsätzlich falsch einschätzten. Dagegen gaben das südlich von S a l u r n weitverbreitete Innsbruckcr Tagblatt und
das zweifelhafte literarisch-satirische Blatt „Die Harfe
und Zither" durch manche abträgliche Polemiken gegen den
Staat nnd gegen die Religion der zahlenmäßig kleinen
Trientiner Umsturzpartei einen künstlichen Auftrieb. Letztlich offeubarcn sie dem Leser, daß die teilweise unznlänglichen, überdies persönlich gefärbten und mitunter von
überschwänglichen Parteidoktrinen durchsehten Pressenotizen
die Volksstimmung in Innsbruck selbst trübten. Wer die
im Anhang beigefügten zwei ausführlichen Stimmungsberichte ans Nrir.cn derselben Zeit nnd die aufschlußreiche
Bevölkerungsstatistik, die Aufgliederung der Stcuerleistung
und die Aufschlüsselung der Aufwendungen für Slraßeubauten im ungeteilten T i r o l vom Brenner bis Ala
im „Boten für T i r o l nnd Vorarlberg" vom 21. und 23. Dezember 1850, ans denen die friedlichen Beziehungen zwi->
schcn den Deutschsüdtirolern uud Welschtirolern noch deut»
licher hervorgehen, aufmerksam verfolgt, wird unweigerlich
das in Vorbereitung befindliche Bnch D r . Schadelbaners,
das die Situation Welschtirols vor der Einigung I t a l i e n s in
historischer Sicht behandelt, freudig begrüßen.
M i t dieser Publikation leistete die stattliche Veröffent«
lichungsrcihe des Stadtarchives Innsbruck, die nnnmehr
in ihr zweites Dezcnninm tritt, eine» schöucn Beitrag zur
Vertiefung der Tiroler Landeskunde.
D r . Fritz Steinegger