Innsbruck Informiert

Jg.2020

/ Nr.12

- S.8

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Lebensraum Innsbruck

Hemmschwellen nehmen
und ermutigen

© CHRIST

IAN FORC

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„Der Wert unserer Gesellschaft bemisst sich für
mich unter anderem an der Unterstützung von
Familien. Gerade in der aktuellen Krise kommt der
Kinder- und Jugendhilfe hier eine wesentliche Rolle
zu. Unbürokratisch, empathisch und zielorientiert wird
gemeinsam mit Betroffenen nach Lösungen gesucht.“

den 1990er-Jahren ganz klar ein Erfolgskonzept ist. Die Angebote sind seit damals individuell und maßgeschneidert“,
betont die Leiterin des Amtes Kinder und
Jugendhilfe, Mag.a Gabriele Herlitschka,
MSc und führt weiter aus: „Ziel unserer
Arbeit ist es zu vermitteln und die Betroffenen zur selbstständigen Bewältigung kleinerer und größerer Krisen zu
befähigen.“

Lange Tradition, moderner Ansatz

Mit Empathie gelingt vieles

Bereits vor mehr als 100 Jahren wurde das Innsbrucker Jugendamt gegründet. Mit einer gesetzlichen Änderung im
Jahr 1989 wurde der Grundstein für die
heutige städtische Kinder- und Jugendhilfe mit ihrem breiten Spektrum an
ambulanten und stationären Unterstützungsmaßnahmen für junge Menschen
und ihre Eltern gelegt. Über allem steht
in der Arbeit der Schutz und die Sicherung des Kindeswohls: es geht darum,
Minderjährige vor körperlicher oder psychischer Gewalt, Vernachlässigung, Verwahrlosung oder sexuellem Missbrauch
zu schützen. „Heute kann rückblickend
gesagt werden, dass die Initiative aus

Wichtig in der Arbeit der unterschiedlichen Referate ist der ehrliche Zugang
ohne Scheuklappen. Es geht um das Zuhören, Sich-Vernetzen, das Zusammentragen vieler Puzzleteile und vor allem
darum, Probleme multidisziplinär zu
diskutieren und zu lösen. Das Annehmen von Hilfe und Unterstützung ist bei
der Organisation des Familienalltages
oft mit Tabus verbunden. Herlitschka
stellt dem entgegen: „Es ist keine Schande im Familienleben und in der Erziehung an Grenzen zu stoßen und Hilfe
anzunehmen. Von Seiten der Kinderund Jugendhilfe wird ein unterstützender Ansatz verfolgt und wir haben kein

INNSBRUCK INFORMIERT

Familien im Alltag zu unterstützen ist das Ziel der 51 MitarbeiterInnen in der Kinder- und Jugendhilfe in Innsbruck.
Allein 2019 wurden 865 Kinder und Jugendliche betreut.

Vizebürgermeister Ing. Mag. Johannes Anzengruber, BSc

ie Erziehung und Begleitung von
Kindern und Jugendlichen kann
eine große Herausforderung sein.
Oft geht es darum einen guten Weg zu
finden, wie alle Mitglieder einer Familie
ihren Platz finden und ihre Bedürfnisse
erfüllt werden können. Wenn Familien es
nicht alleine schaffen diesen gordischen
Knoten zu lösen, steht Ihnen die Kinderund Jugendhilfe zur Seite.

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© SHUTTERSTOCK.COM

Familien können aus unterschiedlichen Gründen
an ihre Grenzen stoßen. Die Kinder- und Jugendhilfe
vermittelt und unterstützt fachlich in vielfältiger
Weise. Hilfe zur Selbsthilfe ist immer das Credo.

Interesse daran, Kinder aus funktionierenden Familien herauszunehmen. Wir
bieten Familien an, sie anzuleiten aus
eigenen Kräften einen Weg zu finden
und sich in ihrem Zusammenleben besser zu organisieren.“

Viele Ebenen der Unterstützung
Erste Anlaufstellen sind die so genannten „Sozialen Dienste“. Damit sind niederschwellige Beratungseinrichtungen
gemeint, die gratis in Anspruch genommen werden können und unter anderem
von der Kinder- und Jugendhilfe vermittelt werden. Sollte dies nicht ausreichen,
gibt es die Möglichkeit der ambulanten
Familienbetreuung. Das bedeutet, dass
fachkundig geschultes Personal gezielt
dabei unterstützt, eine Entlastung zu
schaffen. Davon profitierten im letzten
Jahr 865 Kinder, Jugendliche und ihre Familien. Ist das zu wenig oder nicht erfolgreich, ist der nächste Schritt die so
genannte „Volle Erziehung“. Diese wird
entweder in einer rund um die Uhr betreuten Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe (z. B. SOS-Kinderdorf) oder bei
Pflegeeltern verbracht. Ab dem 15. Le-

bensjahr können Jugendliche im Rahmen von betreutem Wohnen auf ihrem
Weg in ein selbstständiges Leben unterstützt werden.
Wenn eine dauerhafte volle Erziehung
als beste Lösung erachtet wird, richtet
sich diese nach dem Alter des Kindes. Im
Jahr 2019 wurden 72 Kinder in Pflegefamilien untergebracht, in 219 Fällen gab
es für unter 18-Jährige einen Platz in einer Einrichtung. Im Rahmen der „Unterstützung für junge Erwachsene“ wurden
97 ambulant und 69 stationär betreut.
Auch hier wird entsprechend versucht,
den Kontakt zu den leiblichen Eltern
nicht abreißen zu lassen. Erst die letzte Stufe ist der Obsorgeentzug durch das
Pflegschaftsgericht und bei so genannter „Gefahr im Verzug“, wenn einem Kind
in seinem Umfeld Lebensgefahr droht,
darf es von der Kinder- und Jugendhilfe
aus seiner Familie genommen und in einer Wohngruppe in Sicherheit gebracht
werden. Solche Maßnahmen unterliegen
immer einer nachprüfenden Kontrolle
durch das Pflegschaftsgericht.
Einen weiteren wertvollen Service bietet die Kinder– und Jugendhilfe mit der
Rechtsvertretung. Hier werden im Sinne
der KlientInnen die Klärung der Abstam-

mung von ledig Geborenen sowie der
Unterhaltsanspruch und möglicher Unterhaltsvorschuss verfolgt. Im Jahr 2019
wurden 1.554 Fälle bearbeitet.

An einem Strang
„Innsbruck ist eine Stadt, in der das Umfeld der eigenen Wohnumgebung immer noch hautnah erlebt wird. Nachbarn
schauen trotz der Anonymität, die oft in
Großstädten herrscht, gut aufeinander“,
weiß der für Soziales zuständige Vizebürgermeister Ing. Mag. Johannes Anzengruber, Bsc. „Auch Kinderbildungseinrichtungen wie Horte und Kindergärten sowie
Ärztinnen und Ärzte und die Polizei sind
aufmerksame Beobachter des Kindeswohls. Dies wird vor allem in Bezug auf
Gefährdungsmeldungen sichtbar. Im Jahr
2018 gingen wir 877 solcher Meldungen
nach“, ergänzt Herlitschka. Zudem sind
Sprengel-SozialarbeiterInnen und Abklärungsteams mit Jugendsozialeinrichtungen, wie dem Z6 oder StreetworkerInnen,
gut vernetzt. Letztere docken besonders
niederschwellig bei Jugendlichen in verschiedenen Problemlagen an. Auch hier
stehen die fachkundige Abklärung und
das Vieraugenprinzip bei jeder Entscheidung im Vordergrund.

Aktuelle Problemfelder
In der jüngeren Vergangenheit ist aufgrund der coronabedingten Einschränkungen eine deutliche Zunahme von psychischen Belastungen und Problemen zu
beobachten. Hier gilt der Appell von Herlitschka nicht zu lange zu warten und sich
frühzeitig Hilfe zu organisieren. Durch die
Pandemie ist das Leben in vielen Familien zudem angespannt: Homeschooling,
Homeoffice und die ständig wechselnden Vorgaben und Einschränkungen im
öffentlichen Leben können die Organisation und das Zusammenleben in vielen
Familien erschweren. Vizebürgermeister
Anzengruber betont deshalb: „Die aktuelle Situation ist für niemanden leicht. Jene
Familien, die hier vor besonderen Herausforderungen stehen, sind eingeladen, sich
an die Kinder- und Jugendhilfe zu wenden.“ KR

Kinder – und Jugendhilfe
Mag.ª Gabriele Herlitschka, MSc
Ing.-Etzel-Straße 5
Tel.: +43 512 5360 9228
E-Mail: post.kinderhilfe@
innsbruck.gv.at

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