Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1960

/ Nr.8

- S.4

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Amtsblatt der Landeshauptstadt Innsbruck

viele Sommerfcrien und Weihnachtsfeste verlebte und
das dein reifen Maune zur eigentlichen Heimat und
beruflichen Ä^irknngsstätte melden sollte.
Der erste bewußte Eindruck Innsbrucks war allerdings ein schreckhafter. Denn der dreijährige Vub, den
die Mutter auf einer Innsbrucker Fahrt mitgenommen hatte, fürchtete sich vor den häßlichen, grobgeschnäbelten, bronzenen Greifvögeln, die fähnchen- und
schildtragend rings um den Nudolfsbrunnen am heutigen Vozner Platz sitzen. Wenige Jahre später aber
entzückte den Sechsjährigen das bunte Leben der
I. Tiroler Landesausstellung 1tt!>3 und ihr festlicher
Abschluß, der Besuch Kaiser Franz Josefs, der zur
Enthüllung des Andreas-Hofer-Denkmals auf dem
Vergisel und des neuen Landeshauptschießstandes gekommen war.
Blieben von diesen glanzvollen Tagen begreiflicherweise nur einige besondere Eindrücke, unter anderem der Anblick des Kaisers, die erste Fahrt mit
der Trambahn, das Stutzentnallen auf dem Schießstand, im kindlichen Gemüt haften, so verstärkte und
vertiefte sich das B i l d Innsbrucks in den folgenden
Sommern. Von der Leopoldstraße aus, wo meine
Verwandten dort, wo heute das Hotel „Goldener
Greif" steht, eine Lebensmittelhandlung betrieben,
staunte ich über die prächtige Triumphpforte, durch
deren Haupttor die Lokalbahn nach Hall, damals noch
ni ächtige Dampfwolken ausstoßend, fuhr, lange bevor
ich ihre geschichtliche Bedeutung verstand. Die im
klassischen S t i l erbaute Triumphpforte zeigt eine festliche und eine trauernde Fassade, ist sie doch zur Erinnerung an die Hochzeit des Kaisersohnes Erzherzog
Leopold mit der I n f a n t i n M a r i a Ludouica und des
gleichzeitigen plötzlichen Todes feines Vaters Kaiser
Franz !.. Gemahls M a r i a Theresias, in der I n n s brucker Hofburg 1765, errichtet worden.
Diese und andere geschichtliche Geschehnisse und
ihre Denkmäler wurden dem Studenten und jungen
Buchhändler erst in späteren Jahren bekannt und
bemußt, als er mit begeisterungsfähigem Herzen die
Schönheiten und Sehenswürdigkeiten der Landeshauptstadt in sich aufnahm. Schon ein Gang durch
die Maria-Theresien-Straße öffnete den Blick auf ein
einzigartiges Landschaftsbild. Vorbei am stattlichen
Landhaus, dem Sitz der Tiroler Landesregierung,
1724—1730 von Georg Anton Vnmpp im Barockstil
erbaut, breitet sich die einstige „Neustadt" aus. Über
ihrem Mittelpunkt, der schlanken Annasäule mit der
krönenden Marienstatue, einem künstlerischen Denkzeichen der Befreiung Tirols aus Feindesnot 1703,
ragt die gigantische Felsenmaner der Nordkette in
den Himmel, mit ihrem Wahrzeichen, dem sagenumwobenen steinernen Naturbildnis der Frau Hitt.
W o h l keine andere Stadt der Erde verbindet wie
Innsbruck unmittelbar städtebauliche Architektur mit
der Majestät des Hochgebirges, dessen Gipfel und
Grate mitten ins Stadtzentrum leuchten, wo man
zur Frühlingszeit das Donnern der Lawinen hören
kann.
Kaum löst sich der Blick von dieser gewaltig»
Schau, so fesselt ihn ans dem Schmuckkästchen der
Innsbrucker Altstadt goldiger Schimmer. Er stradi!
vom „Goldenen Dacht" aus, das Kaiser Maximilian !,
in seiner heutigen Gestalt anno 1500 errichten ließ.

ein prunkvoller gotischer Erker, mit vergoldeten Kupferplallen gedeckt. Bon diesem mit Reliefs und Fresken geschmückten Erker aus mag Maximilian, .,dei
letzte Ritter", mit seinem Hofstaat den Turniere»
und Wetttämpfen auf dem Stadtplatz, der heutigen
Herzog-Friedrich-Slraße, zngesehen haben. Nber den
mittelalterlichen Bürgerhäusern. Kansläden und Gaststätten hebt sich aus dem alten Nathans der gotische
Stadtturm mit seiner runden Kuppelhaube wie ein
behäbiger Wächter über die Innstadt, die ihren Namen „Pnnsprugg" von der nahen Brücke über den
I n n f l u ß trägt.
I m Vereich der Altstadt erhob sich auch die landesfürstliche Hofburg, die in ihrer gotischen Urform noch
Albrecht Dürer gezeichnet hat und die ihre heutige
Gestalt unter Kaiserin M a r i a Theresia 17M>-1777
erhielt. Die Ostfront der Hofburg breitet sich auf
einem der schönsten freien Plätze der Stadt aus, die
Baumkronen des Hofgartcns leiten über zur aufstrebenden Bergkette, das Alpenland grüßt in seinem
Schoß ein Kleinod deutscher Kuust, das die Hof- und
Franziskanerkirche umschließt. Hier im Herzen seines
geliebten Tiroler Landes wollte Kaiser Maximilian
die ewige Nuhe finden, hier plante und erbaute er sich
ein herrliches Grabmal, umgeben von 28 überlebensgroßen Erzstntuen, im Volksmund die ..Schwarzen
Mander" genannt, ein großartiges Totengeleite seiner Ahnen und fürstlichen Verwandten, geformt von
ersten deutschen Künstlern. Der Kenotaph, der Sarkophag, anf dem die Bronzegestalt des Kaisers kniet, ist
mit 24 kunstreich geschnitzten Marmorreliefs aus der
Meisterhand des belgischen Bildhauers Alexander
Eolin geschmückt. Doch das unvergleichliche Grabmal
ist — leer, der Kaiser ruht in der St.-Georgs-Kirche zu
Wiener Neustadt.
Zur Seite des Maxgrabmals rnht ein anderer Großer der Landesgeschichte, Andreas Hofer. Sandwirt
aus Passeier, der heldenmütige Oberkommandant im
Tiroler Befreiungskampf 18W, droben in der anschließenden „Silbernen Kapelle" schläft Philippine
Welser, des Landesfürsten Erzherzog Ferdinands N,
schönheitsberühmte bürgerliche Gemahlin.
B i r g t die Hofkirche Denkmäler hoher Ncnaissancckunst, so zeigt das nachbarliche Volksknnstmuseum
aller Welt die Erzeugnisse bäuerlicher Volkskunst,
wie sie das ungeteilte T i r o l seit Jahrhunderten hervorgebracht hat. Der in unserem Landvolt schlummernde Kunstsinn schmückt seit alters her Hansgeräte
und Möbel, verleiht den schönen malerischen Volkstrachten ihren Neiz und gibt den uralten holzgetäfelten Bauernstuben, von denen das Mnseum eine
Auswahl ans allen Landesteilen enthält, ihre Behaglichkeit, ihre Daheim-Atmosphäre, die jeder spürt,
der sie besucht.
I n nächster Nähe umschließt als Mittelpunkt der
Museumstraße das Tiroler Landes,nusenm Ferdinan
deum seinen reichen Bestand ans kulturellen, künstle
rischen und geschichtlichen Erzeugnissen beziehungsweise Dokumenten, die den llmfang und die Vielfalt
litalischen Lebens und schöpferischen Wirtens lw>>
der Vorzeil bis in die Gegenwart bezeugen,
Nm diesen Kern der wichtigsten Bauten lind .Nnl
lnrslätk"n der Landeshauptstadt entwickelte sich allinäblich das moderne großstädtische Innsbruck, Mein