Amtsblatt (der Stadt Innsbruck)

Jg.1936

/ Nr.2

- S.11

Suchen und Blättern in knapp 900 Ausgaben und 25.000 Seiten.





vorhergehende ||| nächste Seite im Heft

Zur letzten Suche
Diese Ausgabe – 1936_Amtsblatt_02
Ausgaben dieses Jahres – 1936
Jahresauswahl aller Ausgaben

Dieses Bild anzeigen/herunterladen
Gesamter Text dieser Seite:
.11

Amtsblatt N l . 2.

Erläuterungen Zu öen Htromtarifen öes
Das E W I hat im Jänner d. I . seine Stromtarife neu aufgelegt; sie stimmen in ihren wesentlichen Bestimmungen mit den Tarifbestimmungen aus dem Jahre 1930 überein, berücksichtigen die seither erfolgten
Änderungen und tragen in einigen Nebenbestimmungen den Interessen der Abnehmerschaft in erhöhtem
Maße Rechnung; sie sind im übrigen kurz und klar gefaßt.
Die Abnehmer können über Wunsch vom E W I die für sie geltenden Tarifbestimmungen kostenlos
beziehen.
Den Tarifbestimmungen sind Erläuterungen beigegeben, welche auf die Besonderheiten beim Verkaufe
elektrischen Stromes hinweisen und welche nachfolgend wiedergegeben werden.
Vereithaltungspflicht des Elektrizitätswerkes:
Durch den mit einem Abnehmer geschlossenen Stromlieferungsvertrag ist das Werk gehalten, die
jederzeitige Verwendung aller angemeldeten Glühlampen, Geräte und Motoren zu ermöglichen, den gesamten allfällig benötigten Strom also dauernd in vollem Maße bereitzuhalten. Da elektrischer Strom
aber nicht lagerfähig ist wie Gas, Wasser und andere Waren, muß er laufend in dem jeweils vom Abnehmer angesprochenen Ausmaße erzeugt und ihm über ausreichend bemessene übertragungseinrichtungen
zugeführt werden. Wird dieser Forderung nicht voll entsprochen, so leidet die Güte der Stromversorgung, für
den Abnehmer durch zu niedrige oder schwankende Spannung erkennbar.
Der zeitliche Verlauf der Belastung des Elektrizitätswerkes:
Die tägliche Belastung eines Elektrizitätswerkes durch die Gesamtheit der Abnehmer verläuft etwa
folgend: Morgens, nach Aufnahme der Arbeit in den Betrieben, steigt die Belastung auf einen bestimmten
Wert, welcher mit Ausnahme einer Senkung in den Mittagsstunden bis in den Nachmittag anhält; mit
Eintreten der Dämmerung steigt die Belastung zufolge des Lichtverbrauches stark an, geht dann in den
späteren Abendstunden wieder zurück, um schließlich während der Nacht auf ein fehr geringes Maß zu
sinken. Dadurch, daß in den Wintermonaten der Lichtbedarf bereits zu einer Tagesstunde einsetzt, zu
welcher die motorischen Betriebe noch arbeiten, entstehen die gefürchteten hohen „Belastungsspitzen"; sie
sind für die Bemessung der Stromerzeugungs- und Verteilanlagen und damit auch für die Höhe des erforderlichen Bauaufwandes maßgebend; außerhalb dieser Spitzenzeiten aber sind die Anlagen des Werkes
schlecht, zum Teil sogar sehr schlecht ausgenützt.
Die höchste Belastung des Werkes tritt also im Winter auf, zu welcher Jahreszeit unsere Flüsse „Niederwasser" führen und die Erzeugungsfähigkeit der Kraftwerke verringert ist. Die Werke sind daher gezwungen, dieses Mißverhältnis durch ZuKauf von „Edelstrom" aus Wärmekraftwerken oder Speicherwerken auszugleichen. Deshalb stellen sich die Kosten des Stromes im Winter höher als im Sommer,
tagsüber und besonders abends höher als zur Nachtzeit.
Die Gestehungskosten des Elektrizitätswerkes:
Die Gestehungskosten eines Elektrizitätswerkes gliedern sich in feste und bewegliche; als feste werden
jene bezeichnet, welche auf alle Fälle, gleichgültig ob viel oder wenig Strom abgegeben wird, auflaufen,
als bewegliche jene, welche von der Menge des abgegebenen Stromes abhängen. Unter die festen Kosten
fallen Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals, die Erneuerungsrücklagen und ein Teil der Kosten
der Vetriebsführung, unter die beweglichen die Auslagen für Betriebsmittel, z. V. für Brennstoffe bei
Wärmekraftwerken. Bei Wasserkraftwerken sind wegen des hohen Bauaufwandes die festen Kosten groß,
die beweglichen klein.
Aus diesen Gründen sind im Gegensatz zu den meisten anderen Verbrauchsgütern die Kosten der erzeugten
Stromeinheit hauptsächlich von dem „Ausmaß der Ausnützung" abhängig. Ähnliche Verhältnisse finden wir im
Wirtschaftsleben nur ausnahmsweise, z. B. beim Fuhrwerks- und Autobetrieb, wo ebenfalls die auf die
geleistete Arbeit bezogenen Betriebskosten (z. V. Fahrt-Kilometer) entscheidend von der Dauer der Ausnützung dieser Betriebsmittel abhängen.
Grundlegender Aufbau der Stromtarife:
Die Gestehungskosten des Werkes müssen nun auf die Abnehmer aufgeteilt werden; am gerechtesten
geschieht dies durch solche Tarife, welche die Zweiteilung der Gestehungskosten und die Wertung nach der
zeitlichen Abnahme widerspiegeln. Der elektrische Strom ist also nicht wie andere Waren nach einem einheitlichen Maß (Stückzahl, Kilogramm, Meter, Liter) zu bewerten; der Strompreis hat vielmehr in zwei
Teile zu zerfallen, in den Grundpreis, der die anteiligen festen Kosten enthält, und in den Arbeitspreis,
der den beweglichen Kosten entspricht.
Der Grundpreis wäre sonach zweckmäßia von der Höchstlast in Kilowatt (K^)*. die der Abnehmer in
Anspruch nimmt, zu berechnen; da die hiefür erforderlichen Meßgeräte teuer sind, werden sie nur bei
größeren Abnehmern angewendet, während für kleinere Abnehmer der Grundpreis nach dem Anschlußwert oder nach einer anderen damit im ZusammenhangestehendenBezugsgrötze bemessen wird. Für Haushaltabnehmer hat sich „die Zahl der Wohnräume" als geeignete und daher vielfach angewandte Vezugsgröße erwiesen. Daß in den Grundpreis auch die vom Abnehmer verursachten Verwaltunaskosten, wie
Zählerbeistellung und -ablesung, Stromverrechnung und Geldeinhebung — zusammen je Kleinabnehmer
jährlich etwa 25 8 —, einzubeziehen sind, erscheint selbstverständlich.

Dauernde
Vereithaltung

Stark schwan»
bende Belastung
..Spitzen"

IukaufvonWinter-Edelstrom

Feste Kosten
überwiegen

Ausnutzung der
Anlagen
^

Iweigliedtarife

Grundpreis