Innsbruck Informiert

Jg.2018

/ Nr.12

- S.59

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keit zu legen“, zusammengefasst sie an
„Reinlichkeit, Ordnung und Folgsamkeit“
zu gewöhnen und sie auf ein ehrsames
Leben vorzubereiten. Der ersten Anstalt
in St. Nikolaus folgten noch 1834 eine in
Dreiheiligen und eine weitere im innerstädtischen Angerzell.
Die Wart- oder Bewahranstalten folgten
keinem pädagogischen Konzept, sie sollten die Kinder nur sauber, satt und ruhig
halten. Die dort tätigen Frauen trugen die
Berufsbezeichnung Wärterin. Der Aufenthalt beruhige oft die „ungestüme Gemüthsart vieler Kinder“, resümierte die
Vereinsleitung nach einem Jahr, ihre „Kleider sind reinlicher, ihre Äußerungen nicht
mehr so anstößig“.
Der Frauenverein, geleitet von Innsbrucker
adeligen Frauen und unter Schirmherrschaft der Monarchie, unterhielt zugleich
„Industrieschulen“ in St. Nikolaus und
Dreiheiligen, die ausgeschulte mittellose Mädchen der „unteren Volksklassen“ in
Hausarbeit und Handarbeiten unterrichteten, um sie auf ein Leben als Dienstbotinnen und Ehefrauen vorzubereiten.

Unterschiedliche Ansätze
1870 eröffnete in Kufstein, gegen den
erbitterten Widerstand des Klerus und
der Lehrerschaft, der erste Kindergarten nach dem Vorbild des deutschen Reformpädagogen Friedrich Fröbel. Dieser
propagierte das kindliche Spiel, entwickelte eigene Spiel- sowie Lernmaterialien und wollte Kindergärten als Bildungseinrichtung etablieren. Die katholische
Kirche sah darin „ein unchristliches und
glaubensloses Institut“, verzichtete es
doch auf das bloße Auswendiglernen religiöser Vorschriften und Gebete. 1872
folgte Innsbruck mit einem nach dem
Kufsteiner Vorbild organisierten privaten

Kindergarten, und ein Jahr später richtete die Stadt Innsbruck selbst einen solchen in St. Nikolaus ein. Neben den Einrichtungen des Frauenvereins und der
Stadt unterhielten katholische Vereine
und einzelne Pfarrämter eigene Kinderbetreuungen.

Einblick in den Alltag
Für Säuglinge und Babys gründete der
Frauenverein 1898 mithilfe öffentlicher
Zuschüsse und privater Spenden einen
weiteren Verein. Dieser errichtete die erste „Säuglingsbewahr-Anstalt“ Innsbrucks
in Mariahilf. Die Krippe nahm nur Kinder
„von armen, braven und arbeitsamen Eltern“ auf, worüber diese eine Bestätigung
des Armenreferenten vorzulegen hatten.
Als Anstalt „der barmherzigen Liebe für
die Kleinsten und Hilfslosesten“ versorgte die Krippe mit einer Hausmutter und
Wärterinnen Kinder im Alter von 14 Tagen bis zu drei Jahren, „damit die Mutter
der Arbeit und dem Verdienst nachgehen
kann“. Die Krippe war den damaligen
Arbeitszeiten folgend ganztags für 13
Stunden offen und bot drei Mahlzeiten
täglich. Der Arbeitstag der Wärterinnen
begann um sechs Uhr morgens. Sie wuschen oder badeten die Kinder, zogen
ihnen Anstaltskleidung an und gaben
ihnen Frühstück. Die Kleineren legten
sie in Betten, die Größeren unterhielten
sie mit Spielen. Auf Mittagessen und Ruhezeit folgten wieder Spiele, nach dem
Abendessen verließen die letzten Kinder
das Haus. Im Herbst 1903 gelang es dem
Frauenverein, mithilfe einer großzügigen
Spende die „Villa Peche" in der Leopoldstraße 43 anzumieten und im November
1904 die zweite Innsbrucker Kinderkrippe zu eröffnen. Die Eltern der in der Krippe verpflegten Kinder gehörten zur wenig

begüterten Innsbrucker Bevölkerung und
waren tendenziell von Armut bedroht.
Die Väter arbeiteten zumeist als Handwerker, Gesellen, Fabrikarbeiter, Taglöhner, Hausknechte oder bei der Eisenbahn.
Die Mütter vor allem als Näherinnen, Wäscherinnen oder Bedienerinnen.
Ab der Wende zum 20. Jahrhundert und
vor allem mit Ende des Zweiten Weltkrieges verschwanden nach und nach die
reinen Wartanstalten, es etablierten sich
Kindergärten als selbstverständliche öffentliche Aufgabe.

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Infos: 0810 100 144

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